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Artenschutz: Die Kiefer - Charakterbaum in Not

Artenschutz

Die Kiefer - Charakterbaum in Not

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    Die „Lichten Kiefernwälder“ und ihre Heiden sind ein ökologisch besonders wertvoller Lebensraum. Hier leben mediterrane und kontinentale Arten. Eines der letzten großen Vorkommen ist im „Stadtwald Augsburg“.
    Die „Lichten Kiefernwälder“ und ihre Heiden sind ein ökologisch besonders wertvoller Lebensraum. Hier leben mediterrane und kontinentale Arten. Eines der letzten großen Vorkommen ist im „Stadtwald Augsburg“. Foto: Eberhard Pfeuffer

    2011 ist von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Wälder erklärt worden. Wir nehmen dies zum Anlass, interessante Forstthemen in einer Serie vorzustellen.

    „Es ist die Schatzkammer der Artenvielfalt“, Dr. Eberhard Pfeuffer, Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben, gerät ins Schwärmen, wenn er durch die „Lichten Kieferwälder“ im Naturschutzgebiet „Stadtwald Augsburg“ führt. Oder besser gesagt: durch das, was davon noch übrig ist.

    Die Schneeheide-Kiefernwälder zogen sich einst entlang des Lechs von den Alpen bis nach Thierhaupten (Landkreis Augsburg). Heute ist der Waldlebensraum im Lechtal auf 330 Hektar geschrumpft. Der letzte große Bestand ist im Naturschutzgebiet „Stadtwald Augsburg“. Pfeuffer: „Er hat landesweite Bedeutung.“ Deshalb kämpfen der Naturwissenschaftliche Verein und der Landschaftspflegeverband für seine Rettung.

    Ein Relikt aus der Eiszeit

    Der Kiefernwald auf den Schotterflächen zählt zu den ältesten Waldformen in Deutschland. Er ist ein Relikt aus der Eiszeit, sagt Pfeuffer. Die Waldkiefer ist der Charakterbaum der Lechebene. Sie wächst auf mageren Standorten, oft krüppelig, auch imposant und ist forstwirtschaftlich nicht von großem Interesse. Doch die lichten Kiefernwälder beherbergen viele seltene Pflanzen und Tiere. Ein interessanter Aspekt: In der vom Lech modellierten Heidelandschaft leben mediterrane und kontinentale Arten. „Hier trifft sich die Welt“, sagt Pfeuffer gerne. Die Schneeheide wächst, wie der Name sagt, im Schnee. Das duftende Steinrösel war früher auf der Kuhheide so häufig, dass es auf dem Augsburger Stadtmarkt verkauft wurde. Der stängellose Enzian verwandelte sie in ein blaues Blütenmeer. Heute sind noch einzelne Exemplare zu finden. Die Rotflüglige Schnarrschrecke ist ganz verschwunden.

    Wald und Heide sind untrennbar. Wo sie verfilzt, geht die Artenvielfalt verloren, die Kiefer kann sich nicht verjüngen. Das zeigt sich im Stadtwald immer wieder. Früher sorgten der Lech oder weidende Schafherden mit einigen Ziegen dafür, dass die lichten Strukturen erhalten blieben, Licht und Wärme auf den Boden kam.

    Mit Unterstützung des Forstes konnte die Kuhheide, die im „Vertragsnaturschutzprogramm Wald“ aufgenommen wurde, wieder Lebensraum zurückgewinnen. Sie wurde entbuscht und Freiflächen geschaffen, wo sich Kugelblume, Waldhyazinthe, Zauneidechse und Himmelblauer Bläuling wohlfühlen.

    Doch um den Zustand zu erhalten, muss die Heide regelmäßig gepflegt werden. „Es schreit nach der traditionellen Beweidung“, sagt Pfeuffer. Doch die ist wegen des Trinkwasserschutzes nicht erlaubt. Deshalb wird gemäht. Wo nichts geschieht, kommt sofort der Faulbaum, dann Esche, Birke und das Pfeifengras. „Die Heide erstickt.“

    Mit Sorge betrachtet Pfeuffer die neue Forststrategie in dem Naturschutzgebiet, einem der größten und bedeutendsten in Bayern. Seit Jahren und jetzt verstärkt werden dicht an dicht Buchen unter die alten Kiefern gepflanzt. Ein Baum, der seiner Überzeugung nach auf den ökologisch wertvollen Flächen nichts zu suchen hat. „In der 7000-jährigen Waldgeschichte gab es hier nie Buche.“ Pfeuffer weiß auch die Naturschutzgebietsverordnung „Stadtwald Augsburg“ auf seiner Seite. „Gebietsuntypische Arten“ dürfen hier nicht gepflanzt werden, steht da zu lesen. Es gefällt ihr im Übrigen auch nicht. Sie mickert nur vor sich hin. 60 Jahre alte Bäume sehen aus wie Büsche.

    Doch die verhängnisvolle Folge ist, dass die Waldlebensgemeinschaft zerstört, ökologisch wertvolle Arten wie Frauenschuh und Gelbringfalter verdrängt werden. Umweltreferent Rainer Schaal, der für den städtischen Forst zuständig ist, signalisierte gegenüber unserer Zeitung Gesprächsbereitschaft. Er regte einen gemeinsamen Ortstermin mit dem Naturschutz an.

    Die Forstwirtschaft als Partner

    Pfeuffer gibt die Hoffnung nicht auf, die letzten Relikte der „Lichten Kiefernwälder“ in die Zukunft zu retten – und zwar zusammen mit der Forstwirtschaft als Partner. Er wünscht sich einen Biotopverbund zwischen Kuh-, Schießplatz- und Königsbrunnerheide, als Trittstein für Tiere und Pflanzen.

    Beweidungsversuch

    Seit 2007 läuft im Naturschutzgebiet „Stadtwald Augsburg“ ein Beweidungsversuch mit großen Pflanzenfressern, gefördert von der Bundesstiftung Umwelt.

    Ziel ist es, den „Lichten Kiefernwald“ zukunftsfähig zu machen. Er ist überaltert und kann sich wegen der fortschreitenden Verbuschung nicht natürlich verjüngen.

    In einem Gatter leben drei Przewalski-Hengste, in einem zweiten Rothirsche.

    Das auf fünf Jahre angelegte Modellprojekt wird von Botanikern der Universität Regensburg wissenschaftlich begleitet. Im Gehege der Wildpferde zeigen sich bei der Vegetation erste Erfolge. Das Gebiet wird wieder offener. Die Wärme liebenden Heidepflanzen haben zugenommen. Im Rothirsch-Gehege kam es auch zu einer Auflichtung, die Arten haben sich aber noch nicht so entwickelt.

    Ende des Jahres läuft die Pilotphase aus, das Projekt soll aber weitergeführt werden. Der Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg möchte das Gehege der Wildpferde sogar erweitern. www.lpv-augsburg.de

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