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Grafik: Wo die Streithansel in der Region leben

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Wo die Streithansel in der Region leben

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    Zoff mit dem Nachbarn? In Augsburg, teilt Advocard mit, werde vorrangig über Privates gestritten.
    Zoff mit dem Nachbarn? In Augsburg, teilt Advocard mit, werde vorrangig über Privates gestritten. Foto: Jens Schierenbeck, dpa (Symbolfoto)

    Die Deutschen sind dafür berüchtigt, dass sie schnell mal einen Rechtsstreit anzetteln. Es gibt für diese Menschen auch schöne Wörter wie Prozesshansl oder Streithansl. Besonders oft gestritten wird bei einer Scheidung (Wer bekommt die Jugendstil-Kommode?), Verkehrsunfälle (Wer hatte Vorfahrt?), den Arbeitsplatz (Warum verdiene ich so wenig?) und die Nebenkostenabrechnung für die Mietwohnung (Kann die Müllabfuhr echt so teuer sein?). Das kann man für ganz Deutschland feststellen. Doch in den einzelnen Bundesländern, Landkreisen und Städten gibt ganz unterschiedlich oft juristischen Zoff.

    Der Rechtsschutzversicherer Advocard gibt dazu eine Statistik heraus, die er „Streitatlas“ nennt. Und wie es sich für einen Atlas gehört, bietet dieser eine Landkarte der Reibereien. Ausgewertet wurden laut dem Unternehmen seit der ersten Erhebung 2013 rund 1,7 Millionen Streitfälle. Im Internet kann man nun recht hübsch nachschauen, wo die Wut wohnt. Und da gibt es interessante Auffälligkeiten.

    "Streitatlas": In Kempten wird am meisten gestritten

    Die „Streithansl“ Folgt man diesem „Streitatlas“, dann sitzen die Streithansl der Region in Kempten. Dort ist die höchste „Streitintensität“ gemessen worden: 28,3 Streitfälle pro 100 Einwohner. Das bedeutet, dass mehr als jeder Vierte in Kempten in einem Rechtsstreit liegt. Auf Platz zwei folgt Kaufbeuren mit 23,8 und Augsburg mit 23,6. Der bayerische Durchschnitt liegt bei 21,3, der bundesweite bei 25,1.

    Die „Friedlichen“ Besonders „friedliebend“ sind demnach die Menschen im Landkreis Unterallgäu, wo sich nur etwa jeder Sechste (16,5) mit jemandem juristisch angelegt hat. Auch in den Landkreisen Donau-Ries, Neuburg-Schrobenhausen, Dillingen und Oberallgäu liegt die „Streitintensität“ unter 20 Prozent. Das Jahr der Auswertung ist 2016.

    Streitursachen Fast allen Städten und Kreisen der Region ist gemeinsam, dass die Streitursache Nummer eins im Privaten liegt, also beispielsweise in einer Scheidung, einem Erbe oder Reisemängeln. Die zweithäufigsten Streitursachen sind Verkehr und Mobilität und damit Unstimmigkeiten über Unfälle, zu schnelles Fahren oder Mängel beim Autokauf. Einzige Ausnahme ist Kaufbeuren, wo es öfter Ärger rund ums Auto gibt als über das Privatleben.

    Das „streitsüchtigere“ Geschlecht Einige Fakten gelten für die Region ebenso wie für ganz Deutschland. Insgesamt sind Männer sehr viel häufiger bereit, einen Rechtsstreit anzufangen als Frauen. Mehr als zwei Drittel der Scharmützel werden von Männern ausgetragen. Ein zweites Merkmal: Menschen zwischen 46 und 55 zoffen sich nach der Advocard-Statistik am häufigsten.

    Die „Spitzenstreiter“ Der erste Blick auf die Deutschlandkarte zeigt eine Zweiteilung: Im Süden der Republik geht es harmonischer zu. Rot leuchtet es auf dieser Grafik vor allem im Ruhrgebiet und im Großraum Berlin. Dort gibt es am meisten Ärger. In der Hauptstadt liegt die „Streitintensität“ so hoch, dass beinahe jeder Dritte in eine rechtliche Auseinandersetzung involviert ist. In Leipzig, Oberhausen oder Mönchengladbach ist der Wert sogar noch höher. Nordrhein-Westfalen ist das Flächen-Bundesland mit der größten Disharmonie. In Bayern gibt es keine einzige Stadt und keinen Landkreis, der rot für eine Streitintensität jenseits der 30er-Marke gefärbt ist. Der Freistaat ist auch das Bundesland mit dem besten Durchschnitt.

    Wie die Zahlen für den "Streitatlas" zusammenkommen

    Wer nun die Bayern als recht rauflustiges Volk kennengelernt hat oder in Mittelschwaben bereits seinen dritten Rechtsstreit mit dem Nachbarn ausficht und daher an der Aussagekraft der Statistik zweifelt, dem sei Folgendes erklärt: Eine repräsentative, wissenschaftliche Studie ist der „Streitatlas“ nicht. Die Zahlen sind folgendermaßen zustande gekommen: Der Rechtsschutzversicherer führt nicht nur die Zahl der Fälle auf, die tatsächlich vor Gericht landen, sondern alle gemeldeten Streitigkeiten. Es fließen also auch juristische Erstberatungen ein, die nicht zwingend in einen Prozessmünden müssen. Doch der „Streitatlas“ ist überhaupt die einzige Erhebung, die sich mit derlei Zahlen beschäftigt. Von den Justizbehörden werden solche Statistiken nicht geführt. So bleiben auch die Gründe für die großen regionalen Unterschiede offen. Doch erstens wäre das von einer Statistik etwas viel verlangt und zweitens bietet das reichlich Stoff für unterhaltsame Diskussionen.

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