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Asyl: "Grandhotel Cosmopolis": München lernt von Augsburg

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"Grandhotel Cosmopolis": München lernt von Augsburg

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    Das  „Grandhotel Cosmopolis“ in Augsburg wird als bundesweites Vorbild  beachtet. Nun bekommt es in München eine Schwester.
    Das „Grandhotel Cosmopolis“ in Augsburg wird als bundesweites Vorbild beachtet. Nun bekommt es in München eine Schwester. Foto: Silvio Wyszengrad

    Im Internet steht es schon. Bunte Landesfahnen flattern auf dem Dach eines mattgrünen Mietshauses und verleihen dem tristen 50er-Jahre-Bau ein internationales Flair. Noch ist es nur eine Fotomontage, doch schon bald soll es auch ganz real Gestalt annehmen: das „Bellevue di Monaco“.

    „Ein Ort auch für Münchnerinnen und Münchner, der Willkommen sagt zu allen, die sich nach der Flucht aus ihrem Heimatland eine Zukunft aufbauen wollen“, beschreiben die Gründer ihre Vision. Sie wollen Flüchtlinge in die Stadtgesellschaft einbeziehen – indem sie ihnen mitten im Zentrum eine neue Heimat geben. In drei städtischen Häusern im Glockenbachviertel, einem der beliebtesten und teuersten Stadtteile Münchens, soll ein Kultur-, Informations- und Begegnungszentrum entstehen.

    "Bellevue di Monaco": Wenig Bürokratie und viel Freiheit

    Initiiert hat das Projekt ein Bündnis aus Künstlern, Kunst- und Sozialschaffenden um den Bayerischen Flüchtlingsrat und die Satiregruppe Goldgrund. Die Münchner Künstler und Kulturschaffenden um den Kleinkunstveranstalter und Kulturmanager Till Hofmann machen seit zwei Jahren immer wieder mit ungewöhnlichen Aktionen auf Missstände aufmerksam und sind ein Sprachrohr für die Stadtgesellschaft geworden. Mit dem „Bellevue“-Projekt stellt die Gruppe nach Wohnungsleerstand und Gentrifizierung nun die Flüchtlingsthematik in den Mittelpunkt ihrer Aktionen.

    Das Häuserensemble, in dem das Projekt entstehen soll, liegt in bester Lage zwischen Sendlinger Tor und Schrannenhalle und gehört der Stadt. Die wollte 2013 eigentlich zwei der drei Häuser abreißen und an ihrer Stelle Neubauwohnungen entstehen lassen. Unsinnig, fand Goldgrund, und schritt kurzerhand selbst zur Tat: Mit prominenter Unterstützung etwa von Musikern der Sportfreunde Stiller, Kabarettist Dieter Hildebrandt und Ex-Fußballer Mehmet Scholl sanierte die Satiregruppe eine der abbruchreifen Wohnungen kostengünstig und öffentlichkeitswirksam selbst. Die Botschaft kam an. Statt die Häuser abzureißen, soll an dieser Stelle nun ein wahres Leuchtturm-Projekt entstehen. „Genau an diesem Ort, in einem der am stärksten gentrifizierten Viertel der Stadt, ein Flüchtlingszentrum zu errichten, das wäre ganz wunderbar“, sagt Matthias Weinzierl vom Flüchtlingsrat.

    „Das Bellevue-Konzept verbindet ein thematisches Zentrum für Flüchtlinge und ganz konkretes Wohnen“, erklärt er. 30 bis 40 Flüchtlinge sollen in zwei der drei Häuser wohnen, vor allem Jugendliche und Familien. Zudem sind Kulturräume und ein Informations-Café geplant, im dritten Haus soll eine Pension entstehen, in der Flüchtlinge mitarbeiten. „Möglichst wenig Bürokratie und viel Freiheit“, fasst Weinzierl die Idee zusammen.

    „Grandhotel Cosmopolis“: ein deutschlandweites Vorzeigeprojekt

    Mit dem Hotel-Titel „Bellevue“ nimmt die Münchner Gründergruppe deutliche Anleihe in der schwäbischen Nachbarschaft: Das „Grandhotel Cosmopolis“ in Augsburg gilt heute deutschlandweit als Vorzeigeprojekt gelungener Integration; seit eineinhalb Jahren leben dort Flüchtlinge, Kreative und zahlende Hotelgäste miteinander. Da lag es nahe, sich im Vorfeld auszutauschen. „Die Zusammenarbeit ist eng“, sagt Michael Hegele vom Grandhotel. Auch eine Vertretung der Münchner Stadtspitze hat das Augsburger Projekt besucht. Die Grandhoteliers geben ihre Erfahrungen gern an ihre Nacheiferer weiter. „Der Prozess des interkulturellen Lernens ist lang“, sagt Hegele. „Ich wünsche dem Projekt in München, dass die Stadt die Leute auch einfach mal machen lässt.“ Im Internet jubeln die Augsburger freudig: „Wir bekommen eine Schwester!“

    Inzwischen ist auch die Münchner Stadtspitze von der Idee angetan. „Wir haben Signale bekommen, dass der politische Wille da ist“, sagt Weinzierl. Mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und seinem Stellvertreter Josef Schmid (CSU) gab es 2014 zwei Spitzengespräche; auch die Grünen haben sich für das Projekt ausgesprochen. In seiner heutigen Vollversammlung soll der Stadtrat den Startschuss für das Projekt geben – indem er den Abrissbeschluss offiziell aufhebt. „Dann kann es losgehen und wir starten durch.“ Wenn die Stadt den Vorstellungen der Gründer folgt, sollen schon im Herbst die ersten Flüchtlinge einziehen können.

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