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Oktoberfest: So viel nehmen Wiesn-Wirte angeblich ein

Oktoberfest

So viel nehmen Wiesn-Wirte angeblich ein

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    Tausende Menschen passen in die Oktoberfest-Bierzelte. Die Stadt München stellte eine Rechnung auf, um zu ermitteln, wie viel die Wiesen-Wirte verdienen.
    Tausende Menschen passen in die Oktoberfest-Bierzelte. Die Stadt München stellte eine Rechnung auf, um zu ermitteln, wie viel die Wiesen-Wirte verdienen. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Toni Roiderer ist sauer. „Wir sind dabei, die Wiesn lächerlich zu machen“, schimpft der Sprecher der Münchner Oktoberfest-Wirte. Und legt noch einen drauf: „Das ist eine Schande, wie man mit uns umgeht.“ Das, worüber sich Roiderer so ärgert, sind Zahlen. Zahlen, die vor kurzem an die Öffentlichkeit gelangt sind. Es geht ums Geld. Darum, wie viel die Wirte auf dem größten Volksfest der Welt eigentlich einnehmen.

    In der Diskussion um ein Wiesn-Reformpaket hat die Stadt München einen Rechenplan aufgestellt. Demnach geht man im Rathaus von einem Nettoumsatz in Höhe von etwa 170 Millionen Euro aus. Wiesn-Chef Josef Schmid will eine Umsatzpacht von 5,1 Prozent einführen und auf diesem Weg 8,6 Millionen Euro einnehmen. Insgesamt kostet das Volksfest die Stadt etwa elf Millionen Euro. Das Wirtschaftsreferat kalkuliert mit Ausgaben von 42 Euro pro Gast.

    Geht man von etwa 4,8 Millionen Bierzeltgästen aus, kommt man auf einen Bruttoumsatz von etwa 201 Millionen Euro. Netto, abzüglich der Mehrwertsteuer, sind das dann Einnahmen in Höhe von rund 170 Millionen. Ein Sprecher von Münchens Zweitem Bürgermeister und Wiesn-Chef Josef Schmid bestätigte die Zahlen, die zunächst in mehreren Münchner Medien veröffentlicht wurden, gegenüber unserer Zeitung.

    Wiesn-Wirte-Sprecher ärgert sich über die Rechnung

    Roiderer kann angesichts dieser Rechnung nur den Kopf schütteln. „Die Zahlen sind weit drüber. Es sind eher 130 bis 140 Millionen Euro“, sagt der 72-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn die Annahme, dass immer jeder Platz besetzt sei und jeder Gast im Zelt 42 Euro ausgebe, gehe an der Realität vorbei. „Wenn das Wetter unter der Woche schlecht ist, dann kommen bis Mittag keine 1000 Leute. Da gibt es ein paar Zelte, die um die Mittagszeit schon voll sind, in anderen sitzen nur 300 Leute drin“, sagt Roiderer. Das Vorgehen der Stadt kann er nicht nachvollziehen: „Mich ärgert es, dass man einfach Zahlen auf den Tisch gepackt hat.“

    In der Rechnung der Stadt sind noch nicht die vielen Ausgaben berücksichtigt, die auf die Wirte während einer Wiesn zukommen. Allein für den Auf- und Abbau eines Zeltes sind das nach Angaben von Roiderer etwa zwei Millionen Euro. Für die Musik würden noch einmal rund 200.000 Euro fällig, die Bewachung schlage mit rund 400.000 Euro zu Buche. Und dann müssten noch Bedienungen, Köche und die Waren bezahlt werden – der mit Abstand größte Posten.

    Übrig bleibt aber offenbar meist genug. Ex-Hippodrom-Chef Sepp Krätz musste vor einigen Jahren während seines Steuerprozesses seine Bilanzen öffentlich machen. Ergebnis: Krätz blieben 2013 circa 1,5 Millionen Euro netto von der Wiesn übrig – mit einem solchen Gewinn, etwa zehn bis 15 Prozent des Nettoumsatzes, dürften wohl die meisten großen Wiesn-Wirte rechnen können. Auch die Ex-Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl spricht in einem Interview über die Finanzen der Wirte:„Ich kam bei den Großzelten vor 15 Jahren schon auf einen Gewinn von jeweils ungefähr einer Million Euro je nach Zeltgröße und Angebot.“

    Roiderer kommentiert die Diskussion um Wirte, die sich beim Oktoberfest eine goldene Nase verdienen, so: „Wenn ich das Glück und die Gabe habe und in der Bundesliga spiele, dann sollte ich auch mehr verdienen als in der Bayernliga.“

    Oktoberfest 2016: Die Wiesn-Zelte im Vergleich

    Wieder werden Millionen Besucher das Münchner Oktoberfest besuchen. In allen Zelten wird gefeiert, geflirtet und getrunken - doch es gibt große Unterschiede. Eine kleine Zeltkunde:

    Armbrustschützenzelt: Das Armbrustschützenzelt stand schon im Jahr 1895 auf dem Oktoberfest, die Boxen und Balkone sind nach heimischen Tieren benannt: Von A wie Adler bis W wie Wildsau. Hier wird die Schützen-Tradition hochgehalten. In einem Zeltanbau gibt es eine 30 Meter lange Schießbahn, auf der seit 1935 während der Wiesn die Deutschen Armbrust-Meisterschaften stattfinden.

    Augustiner: Im Zelt der ältesten Münchner Brauerei feiern vor allem Münchner sich selbst und die bayerische Gemütlichkeit. Nur hier wird das Bier noch aus traditionellen Holzfässern gezapft, den Hirschen. Doch auch im Augustiner tanzt man auf den Bierbänken, die rund 6000 Besuchern Platz bieten.

    Bräurosl: Das Pschorr-Traditionszelt Bräurosl ist nach der Tochter des früheren Brauereibesitzers Pschorr benannt. Auch dort geht es weitgehend urig und gemütlich zu. Am ersten Wiesn-Sonntag feiern hier tausende Homosexuelle den "GaySunday".

    Fischer Vroni: Bei der Fischer Vroni feiern gerne ältere Gäste, aber auch Touristen. In diesem vergleichsweise kleinen Zelt gibt es eine bayerische Spezialität, die sich kein Wiesn-Besucher entgehen lassen sollte: leckeren Steckerlfisch, Fisch am Stock.

    Himmel der Bayern: Ziemlich jugendlich ist das Publikum im Hacker-Festzelt "Himmel der Bayern". Mit seiner weiß-blauen Decke und kleinen Wölkchen gilt es als eines der schönsten Zelte auf der Wiesn.

    Hofbräu-Zelt: Es ist eins der größten und sicherlich das lauteste Zelt: Im Hofbräu-Festzelt treffen sich vor allem Touristen aus aller Welt, die das Bier schon im Hofbräuhaus kennen und lieben gelernt haben. Hier wird getrunken, getanzt und gesungen. Aus dem Zelt dröhnt schon am frühen Morgen, bevor die Musik anfängt, Grölen über den Festplatz.

    Käfer-Zelt: Nirgendwo geht es exklusiver zu als in Käfer's Wiesnschänke. Fußballstars vom FC Bayern, Verona Pooth und Ralph Siegel - die Promi-Dichte ist hoch. Im Käfer-Zelt gibt es neben Bier auch Wein und Champagner.

    Löwenbräu-Festhalle: Ein großer Löwe über dem Eingang brüllt "Löööööwenbrääääu" und zieht damit Einheimische und "Zuagroaste" gleichermaßen an. Mit mehr als 8000 Plätzen gehört die Festhalle zu den größeren Zelten. Hier heißt es: Gaudi für jeden, egal woher, egal wie alt.

    Marstall: Wo jahrzehntelang Promis im Hippodrom feierten, steht nun der Marstall. Vieles ähnelt im Marstall allerdings dem Vorgänger: Champagnerbar, Tischdecken und erlesene Speisekarte - vom Tartar vom Wagyu-Ochsen über Hendl und Backerl vom Milchkalb bis zum veganen Holzfäller-Tofu-Pflanzerl. Ob sich davon auch wieder Promis von Beckenbauer bis Heino anziehen lassen, muss sich erst noch zeigen.

    Ochsenbraterei: In der Ochsenbraterei geht es zünftig zu. Seinen Namen hat das Zelt von dem großen Ochsen am Spieß, der nicht nur Dekoration über dem Eingang, sondern auch die wichtigste Attraktion im Innern dieses Festzelts ist. Seit fast 130 Jahren werden hier jedes Jahr ganze Ochsen am Stück gebraten. Auf einer großen Tafel lesen die Gäste den Namen des Ochsen, der sich gerade am Spieß dreht.

    Schottenhamel: Im Schottenhamel wird das größte Volksfest der Welt traditionell eröffnet. In den Tagen nach dem Anstich strömen überwiegend junge, feierfreudige Menschen aus München und Umgebung in das Zelt.

    Schützenfestzelt: Auch im Schützenzelt werden urbayerische Gemütlichkeit und Feierfreude in Ehren gehalten. Zum Löwenbräu-Bier wird die Spezialität des Hauses serviert: in Malzbier gebratenes Spanferkel.

    Das Weinzelt: Im Weinzelt liegt der Fokus - wie der Name schon sagt - nicht auf dem Bier. Dort gibt es kein Helles in Maßkrügen, sondern nur Weißbier, Wein und Champagner. Gesungen und gefeiert wird hier trotzdem. "Fesche Madln haben ihren Spaß an den vielen Bars und fesche Burschen an den Madln", wirbt die Homepage.

    Winzerer Fähndl: Zur Jubiläums-Wiesn 2010 leistete sich die Paulaner-Brauerei einen kompletten Neubau. Als erstes Festzelt bekommt das Winzerer Fähndl eine zentrale Bierversorgung: Eine Ringleitung im Boden garantiert, dass der Bierfluss nicht ins Stocken gerät.

    Festzelt "Tradition": Zünftige Blasmusik und Alt-Münchner Schmankerl: Hier kommen traditionsbewusste Gäste auf ihre Kosten, denen Landhaus-Mode und Mini-Dirndl ein Gräuel sind. In dem Zelt auf der "Oiden Wiesn" sorgen Trachtler, Schuhplattler und Goaßlschnalzer für "griabige" (gemütlich-kernige) Stimmung.

    Bierpreisbremse beim Oktoberfest?

    Hintergrund der ganzen Rechnerei ist das von Wiesn-Chef Schmid geplante Reformpaket. Unter anderem sieht das eine Bierpreisbremse vor. Für drei Jahre soll der Preis für eine Maß bei 10,70 Euro eingefroren werden. Das soll verhindern, dass die Wirte die Umsatzpacht direkt an die Festzeltbesucher weitergeben, indem sie die Preise für das Bier erhöhen. Grund für die Umsatzpacht sind die enorm gestiegenen Kosten für Sicherheitsmaßnahmen wegen der Angst vor Terror-Anschlägen.

    Die Wiesn-Wirte wehren sich gegen die Bierpreisbremse. „Unser Bier ist billiger als in der Münchner Innenstadt“, sagt Roiderer, der seit 16 Jahren Wirtesprecher ist. Über die Umsatzpacht aber rege er sich nicht auf. „Wenn die Stadt sagt, sie braucht mehr Geld, dann ist das so.“

    Eigentlich hätte das Oktoberfest-Reformpaket von Wiesn-Chef Schmid am Dienstag auf der Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses stehen sollen – der Stadt war das allerdings zu kurzfristig. Eine endgültige Entscheidung soll nun am 9. Mai fallen.

    Lesen Sie auch: Der Streit um den Bierpreis auf der Wiesn eskaliert

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