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Spahn-Vorschlag: Notaufnahmen sollen entlastet werden: So reagieren Kliniken in der Region

Spahn-Vorschlag

Notaufnahmen sollen entlastet werden: So reagieren Kliniken in der Region

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    Mit seinem Gesetzesentwurf will Gesundheitsminister Jens Spahn die Wartezeiten in Notaufnahmen verkürzen.
    Mit seinem Gesetzesentwurf will Gesundheitsminister Jens Spahn die Wartezeiten in Notaufnahmen verkürzen. Foto: Jens Büttner, dpa (Symbolbild)

    Ein Mann mit klaffender Wunde muss auf medizinische Hilfe warten, weil in der Notaufnahme auch Patienten mit Erkältung sitzen? In deutschen Krankenhäuser keine Seltenheit. Tatsächlich sind immer mehr Ambulanzen mit Menschen überfüllt, die eigentlich vom Hausarzt behandelt werden könnten.

    Gesundheitsminister Jens Spahn will eingreifen: Nachdem der CDU-Politiker bereits im Dezember die Grundzüge vorgestellt hatte, liegt jetzt der Gesetzentwurf vor, der die Notfallversorgung in Deutschland reformieren soll. Kliniken in der Region reagieren skeptisch.

    Durch Notaufnahmen-Reform sollen Patienten besser koordiniert werden

    Ziel von Spahns Reform ist es, Patienten genau dorthin zu schicken, wo ihnen am besten geholfen werden kann. Das heißt: Notfälle in die Notaufnahme, alle anderen zu niedergelassenen Ärzten. Um das besser zu koordinieren, plant der Gesundheitsminister unter anderem, die Notrufnummer 112 und die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienst 116117 zusammenzuschalten. In einem „Ersteinschätzungsverfahren“ ermitteln die Mitarbeiter der Notfallleitstelle dann, wo der Anrufer die Hilfe bekommt, die er benötigt.

    Außerdem soll es an allen Krankenhäusern bundesweit „Integrierte Notfallzentren“ oder INZ geben, die von den Kliniken und den Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam betrieben werden. Patienten sollen dort entweder sofort in die Notaufnahme geschickt oder ambulant weiterbehandelt werden.

    Für Martin Gösele beispielsweise ist der Ansatz, den der Gesundheitsminister in seiner Reform verfolgt, ein Schritt in die richtige Richtung. "Die deutschen Notfallversorgung hat einen klaren Optimierungsbedarf", sagt der Vorsitzende der Wertachkliniken in Bobingen und Schwabmünchen. "Was Spahn vorhat, ist daher nur logisch." Indem man zum Beispiel die Rufnummern zusammenlege, erklärt er, stelle man sicher, dass Menschen, die eigentlich kein Krankenhaus benötigen, keine Ressourcen beanspruchen. Eine gute Idee, in der Theorie. Und in der Praxis? Da hat Gösele Bedenken. "Ich stelle es mir schwierig vor, dass jemand am Telefon wirklich einschätzen kann, welche Hilfe der Anrufer benötigt."

    Kritisch sieht das auch Krzysztof Kazmierczak, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar. An beiden Standorten - in Aichach und Friedberg - arbeite man bereits mit der Kassenärztlichen Vereinigung, kurz KV, zusammen - ebenso wie die meisten Kliniken der Region. In sogenannten KV-Notfallpraxen behandeln niedergelassene Kassenärzte Kranke und Verletzte. Im Grunde genommen, erklärt Kazmierczak, hätten diese Einrichtungen denselben Wert wie die von Spahn geforderten INZ. Trotzdem, sagt der Geschäftsführer weiter, sei insbesondere Friedberg immer noch sehr stark mit Patienten ausgelastet. Woher kommt das?

    Hälfte der Patienten kommt von außerhalb in die Friedberger Notaufnahme

    Das liege vor allem daran, dass etwa 50 Prozent der Patienten von außerhalb in die Friedberger Notaufnahme kommen. Kazmierczak: "Auch in der Stadt und im Landkreis Augsburg sind die Wartezimmer extrem voll." Da Patienten auch danach behandelt werden, wie schwer sie krank oder verletzt sind, müssen Patienten auch in Friedberg oft bis zu drei Stunden warten.

    Dass Spahn mit seinem Konzept die Zusammenarbeit zwischen KV, Rettungsdiensten und Kliniken im Bereich der Ambulanz stärker koordinieren will, findet Kazmierczak generell sinnvoll. Allerdings ist das Vorhaben des Gesundheitsministers in seinen Augen nicht nur positiv zu bewerten. So glaubt der Geschäftsführer etwa, dass viel mehr Patienten in die INZ-Praxen geschickt würden, anstatt an die Notaufnahmen verwiesen zu werden. In den Integrierten Notfallstellen müssten die Menschen in der Folge also noch länger warten als sie es bisher bereits tun.

    Durch abflauende Patientenzahlen würde den Krankenhäusern gleichzeitig weniger Budget zur Verfügung stehen - Vergütung und schließlich auch Qualität würden sinken. Für die Notaufnahmen, die ohnehin ein Draufzahlgeschäft seien, hätte das weitreichende Konsequenzen: "Bisher liegt der Erlös pro Fall bei durchschnittlich 38 Euro", rechnet Kazmierczak vor. "Das ist eine Kostenunterdeckung von 100 Euro." Nur im Vergleich: Schweizer Krankenhäuser bekommen pro "Institutsleistung" 350 Franken. Würde das Budget hierfür noch weniger, wären viele Notaufnahmen gezwungen, die Türen ganz zu schließen. "Und wenn sie einmal geschlossen haben, ist es heute fast unmöglich, sie wieder aufzumachen." (AZ)

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