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Kinderbetreuung: Mehr als 70.000 Kitaplätze fehlen: Helfen kürzere Betreuungszeiten?

Kinderbetreuung

Mehr als 70.000 Kitaplätze fehlen: Helfen kürzere Betreuungszeiten?

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    Ganz schön voll: Weil das Personal fehlt, fehlen in Bayern mehrere Zehntausend Kitaplätze.
    Ganz schön voll: Weil das Personal fehlt, fehlen in Bayern mehrere Zehntausend Kitaplätze. Foto: Marijan Murat, dpa (Symbolbild)

    Der kleine Jonas aus Augsburg und seine Familie hatten Glück. Als Nachrücker ergatterte der Bub in diesem Sommer noch einen Kindergartenplatz. Für seine kleine Schwester Sarah hat Mama Steffi H. (alle Namen geändert) jetzt einen anderen Plan. Die Kleine soll früher in die Kita, als sie es vom Alter her müsste – so wird sie als Geschwisterkind bevorzugt. Würde Steffi H. warten, bis Sarah drei Jahre alt ist, wäre Bruder Jonas schon in der Schule und der kleine Vorteil dahin. Aber Mama Steffi will sich nicht beklagen: „Ich kenne einige berufstätige Eltern, die gar keinen Kitaplatz bekommen haben.“ 

    In Augsburg fehlen knapp 2000 Kitaplätze

    Stand Oktober warteten allein in Augsburg knapp 2000 Kinder auf einen Platz in Kita oder Hort, in Kempten im Allgäu waren es rund 300. In ganz Bayern fehlen laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung mehr als 70.000 Betreuungsplätze (Stand 2022). „

    Etwa 30 Prozent der unter Dreijährigen in Bayern seien im vergangenen Jahr in einer Kindertagesstätte betreut worden. Insgesamt wünschten sich aber 42 Prozent der Eltern für ein Kind in dieser Altersgruppe eine Betreuung. Auch bei den älteren Kindern hätten Anspruch und Wirklichkeit ein paar Prozentpunkte auseinandergelegen. 98 Prozent der Eltern gaben demnach an, einen Kitaplatz zu wollen. Die Betreuungsquote habe 2022 aber nur bei 92 Prozent gelegen. Hinzu kommt: Selbst wenn die Kinder einen Platz bekommen, werden nach Einschätzungen der Stiftung 61 Prozent wegen Personalmangels nicht kindgerecht betreut. „Es ist davon auszugehen, dass die Kitas in Bayern aktuell ihren Bildungsauftrag für die Mehrheit der Kinder nicht erfüllen können“, sagt Bock-Famulla. 

    Die Kita-Katastrophe in Unterfranken

    Hauptursache der Misere ist der Personalmangel. In Unterfranken funkte in den vergangenen Monaten jeder dritte Kindergarten "SOS" und meldete „erhebliche Auswirkungen aufgrund von Personalmangel“. Bayernweite Zahlen gibt es nach Angaben des zuständigen Sozialministeriums in München nicht.

    Aufgrund des demografischen Wandels fehle das Personal an vielen Stellen, nicht nur bei den Kitas, sagt ein Sprecher des bayerischen Städtetags gegenüber unserer Redaktion. Doch im Kitabereich soll in den kommenden Jahren sogar kräftig ausgebaut werden. 180.000 zusätzliche Betreuungsplätze sieht der Koalitionsvertrag zwischen CSU und FW bis 2028 vor, davon allein 130.000 im Grundschulbereich. Denn dort soll ab 2026 der Rechtsanspruch auf einen Platz gelten, wie es ihn für Kindergärten und -krippen schon länger gibt. Bayerns Kommunen sehen diesen Anspruch traditionell kritisch, sagt Städtetags-Sprecher Achim Sing: „Damit werden Erwartungen geweckt, die sich nicht erfüllen lassen.“

    SPD fordert mehr Geld für die Kitas in Bayern

    Die bayerische SPD-Sozialexpertin Doris Rauscher forderte am Dienstag mehr Geld für die über 10.000 bayerischen Kitas. Deren Träger – oft die Städte und Gemeinden – sollten durch ein Sonderinvestitionsprogramm und durch eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse bei den Betriebskosten unterstützt werden. Das Sozialministerium wiederum verweist auf laufende Programme zur Personalgewinnung. Um die zusätzlichen 180.000 Plätze zu schaffen, müssen laut Ministerium bis 2029 bis zu 24.000 zusätzliche Kräfte her. Dabei sei man auf einem guten Weg, sagt eine Sprecherin: „Bleibt der Zuwachs an Fachkräften auf gleich hohem Niveau wie in den vergangenen Jahren, könnte der Bedarf schon 2026 gedeckt sein, spätestens jedoch 2027/2028.“

    Doch was tun, bis die Kitakrise vorbei ist? Die Bertelsmann-Studie rät den bayerischen Kitas zu kürzeren Betreuungszeiten. Eine Verkürzung auf sechs Stunden am Tag könnte dazu führen, dass schon 2025 alle Eltern bei Bedarf einen Platz bekämen. Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) hält davon nichts. „Das ist absolut realitätsfremd. Bayerns Familien benötigen eine verlässliche, möglichst flexible und ihren Bedürfnissen angepasste Kinderbetreuung. Der Vorschlag widerspricht unserer modernen Arbeitswelt, in der Frauen und Männer gleichberechtigt Familie und Karriere verbinden.“ 

    Fehlende Kitaplätze: Das sagt die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf

    Sie habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um mehr Kräfte für die Kitas zu gewinnen, so Scharf weiter. Schließlich soll die Betreuung für Kinder wie den kleinen Jonas aus Augsburg bestmöglich sein. Dessen Mutter hat übrigens vor wenigen Tagen einen Brief von der Kita erhalten. Inhalt: Wegen Personalmangels muss die kirchliche Einrichtung die Betreuungszeiten kürzen. 

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