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Nach tödlichem A8-Unfall: Warum funktioniert die Rettungsgasse so oft nicht?

Lese-Tipp

„Wir mussten zu Fuß vorauslaufen“: Warum die Rettungsgasse so oft nicht funktioniert

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    Feuerwehrleute beim Einsatz auf der A8. Der Fahrer des Sattelzugs starb.
    Feuerwehrleute beim Einsatz auf der A8. Der Fahrer des Sattelzugs starb. Foto: Friedrich/vifogra, dpa

    Das Prinzip ist eigentlich einfach: Platz machen, um Notarzt und Feuerwehr durchzulassen. So simpel das in der Theorie klingen mag, in der Praxis funktioniert die Rettungsgasse oft nicht. „Leider kommt es immer wieder dazu, dass die Rettungsgasse nicht ordentlich gebildet wird, ob aus Unwissenheit oder Absicht“, sagt ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums auf Nachfrage unserer Redaktion.

    Die Einschätzung aus München deckt sich mit einer Umfrage, die das Rote Kreuz vor einigen Jahren durchgeführt hat. Demnach funktioniert die Rettungsgasse in 80 Prozent der Fälle nicht richtig. Laut der DA Direktversicherung hat ein Viertel der deutschen Autofahrer schon mal erlebt, dass Einsatzkräfte in der Rettungsgasse stecken geblieben sind - wie etwa am frühen Dienstagmorgen auf der A8 bei Friedberg.

    Bei dem A8-Unfall bei Dasing kam ein Lastwagenfahrer ums Leben

    Bei dem schweren Unfall war ein Lastwagenfahrer ums Leben gekommen, nachdem ihm während der Fahrt ein Reifen geplatzt, das Fahrzeug umgekippt war und schließlich Feuer gefangen hatte. Markus Rietzler war als Zugführer der Feuerwehr Friedberg im Einsatz und musste erleben, wie schwer sich die im Stau stehenden Autos und Lastwagen damit taten, eine Rettungsgasse zu bilden. „So etwas habe ich seit Jahren nicht mehr erlebt, teilweise standen vier Lkws nebeneinander“, berichtet er. Um 3.50 Uhr sei der Alarm losgegangen, seine Mannschaft traf aber erst gegen 4.45 Uhr an der Unfallstelle ein: „Wir mussten zu Fuß vorauslaufen und eine Rettungsgasse organisieren – obwohl die Berufsfeuerwehr ja vorher schon durchgefahren ist.“ Bis zuletzt habe er nicht gewusst, ob er die Unfallstelle überhaupt noch erreichen würde. „Unser Glück war, dass der Parkplatz Kirchholz derzeit eigentlich gesperrt ist. Da haben wir Lkws reingelotst und uns Platz für die Rettungsgasse verschafft.“

    Im bayerischen Innenministerium weiß man um das Problem. „Oft hängt die Bereitschaft der Verkehrsteilnehmer, die Rettungsgasse zu bilden, von den Umständen ab und nimmt in manchen Situationen ab, wie zum Beispiel bei stockendem Verkehr“, sagt der Ministeriumssprecher. Oftmals bestehe das Problem auch darin, dass die Verkehrsteilnehmer nicht umsichtig genug fahren würden. „Jeder möchte möglichst schnell ans Ziel kommen, statt vorausschauend den Rettungskräften Platz zu schaffen. Diese Situation verschärft sich, wenn die Autofahrer unachtsam oder gestresst sind.“ Eine Rettungsgasse könne jedoch nur dann gebildet werden, „wenn alle Verkehrsteilnehmer rücksichtsvoll und vorausschauend am Verkehrsgeschehen teilnehmen, was oft durch die Unaufmerksamkeit einiger verhindert wird“.

    Keine Rettungsgasse auf A8 gebildet: Das kann teuer werden

    An mangelnder Aufklärung kann es indes nicht liegen, dass es immer wieder zu Fällen kommt, in denen Rettungskräfte nicht schnell genug zum Unfallort durchkommen. Seit Jahren gibt es Kampagnen der bayerischen Staatsregierung, auf diversen Social-Media-Plattformen finden sich Videos, in denen erklärt wird, wie eine Rettungsgasse gebildet wird, zahlreiche Radiosender weisen bei ihren Verkehrsdurchsagen im Zusammenhang mit Staus immer wieder auf die Rettungsgasse hin - die im Übrigen keine Empfehlung ist, sondern verpflichtend.

    Verstöße würden von der Polizei konsequent verfolgt, sagt der Sprecher des Innenministeriums. Laut Bußgeldkatalog drohen Strafen zwischen 200 und 320 Euro. In jedem Fall kommen zwei Punkte in Flensburg sowie ein einmonatiges Fahrverbot hinzu. Gebildet wird eine Rettungsgasse übrigens immer zwischen der linken und der rechts daneben liegenden Spur. Wer also auf der linken Fahrbahn unterwegs ist, weicht nach links aus, alle anderen fahren nach rechts.

    Hätte das Leben des Fahrers gerettet werden können?

    Hätte das Leben des Lastwagenfahrers gerettet werden können, wenn es eine Rettungsgasse gegeben hätte? Wahrscheinlich nicht. Selbst, wenn sie etwas schneller hätte eingreifen können, war sich die Augsburger Berufsfeuerwehr angesichts des Ausmaßes und der Schwere des Brandes laut dessen Sprecher Anselm Brieger sicher, dass das Ergebnis das gleiche gewesen wäre. Für den Lastwagenfahrer hätte es also wohl auch dann keine Rettung mehr gegeben.

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    6 Kommentare
    Rainer Kraus

    Man erwartet als Bürger und Steuerzahler, dass Politik, Justiz und Polizei die Probleme lösen, wenn Rettungskräfte angegriffen oder "Idioten" sich nicht an die Verkehrsregeln halten.

    Gerd Reim

    Viele Autofahren "müssen" ja unbedingt sehen warum sie stehen müssen, was vor ihnen passiert oder weil sie einfach ignoranten, selbstherrlich und dumm sind. Wenn man(n) es noch immer nicht Kapiert hat ... Rechts ist da wo der Daumen links ist. Links ist dort wo der Daumen Rechts ist. Und die anderen bleiben wo sie sind und schauen dass ein Rettungsfahrzeug durchkommt. Bei Beschädigungen am eigenen Fahrzeug haftet der Fahrer / Inhaber.

    Michael Müller

    Das Problem sind die LKW Fahrer. Es reichen zwei LKW nebeneinander, dann wars das mit der Rettungsgasse. Hatte ich live erlebt, stop and go im Stau und ein LKW Fahrer hatte die grandiose Idee, von der rechten auf die mittlere Spur zu wechseln, um einen anderen LKW zu überholen. Dann war Stillstand und keinerlei Durchkommen mehr.

    Franz Xanter

    Und immer wieder die Frage, warum und wieso meistens die Rettungsgasse nicht funktioniert. Für mich steht einwandfrei fest, dass das Nichtbilden der Rettungsgasse weder konsequent verfolgt wird, noch dass das entsprechende Ordnungsgeld hoch genug ist oder dass das Thema Führerscheinentzug bei Nichtbildung der Rettungsgasse nicht nachhaltig genug verfolgt wird. Wann lernen unsere Politiker endlich, wie und womit das Bilden der Rettungsgasse nachhaltig und effektiv umgesetzt werden kann? Läppische paar Euro für entsprechende Kameras in den Einsatzfahrzeugen und damit eine mögliche rigorose Straf-/Ordnungswidrigkeitenverfolgung sollte mehr als möglich und machbar sein. Und zum Abschluss: Mögliche Bedenken wegen angeblichen (deutschen) Datenschutzbedenken sollte man einfach links wegwischen!

    Martin Dünzl

    Diese selten dämlichen Pkw-Lenker, die die Rettungsgasse blockieren, gehören aus dem Verkehr gezogen bzw. geschoben - aber lieber regt(e) man sich auf, wenn Klimakleber den Verkehr stören als über die Idioten, die keine Rettungsgasse frei lassen.

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    Hans Meixner

    die Pkws können immer noch etwas rangieren, falls die Rettungsgasse blockiert ist. ein einzelner LKW-Fahrer dagegen, welcher meint, dass er trotz Verbot bei weniger als 60 km/h auf die mittlere Spur wechselt, um zu überholen blockiert alles. auch ist oft zu sehen, dass die LKW's auch nicht Teile der Standspur benutzen, wenn es eng wird bei Stillstand und blockierter Rettungsgasse, ist unverständlich. Vielleicht sollte a mal an den Grenzen vor den Haupt-/Ferienreisezeiten Flyer an ausländischen LKW-Fahrern mit Illustrationen der zu bildenden Rettungsgasse und dem Überholverbot verteilen und auch auf die Strafen hinweisen.

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