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Foto: Mascha Brichta/dpa
Foto: Mascha Brichta/dpa

Im Internet lauern Gefahren, vor allem für Kinder. Als Cyber Grooming wird die Vorbereitung eines sexuellen Missbrauchs über Online-Medien bezeichnet.

Landkreis Dillingen
27.10.2021

Gefahren im Netz: Wie schütze ich mein Kind im Internet?

Von Laura Mielke

Plus Auch online lauern für die Buben und Mädchen Gefahren. Deshalb fordern Experten im Kreis Dillingen einen sogenannten „Internetführerschein“.

Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Schon gar nicht aus der Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen. Doch wie auch in der realen Welt lauern im virtuellen Raum Gefahren. Zum Beispiel die des Cyber Grooming – so wird die Vorbereitung eines sexuellen Missbrauchs über Online-Medien bezeichnet. Wichtig: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, erklärt Sandra Gartner von der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle in Dillingen. Aber wie können Eltern ihre Kinder schützen?

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Typischerweise wird der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen über soziale Netzwerke oder auch Online-Spieleplattformen aufgenommen. „Die Täter haben eine geradezu perfide Strategie, sich zunächst das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen zu erschleichen, indem sie deren Vertrauensseligkeit ausnutzen und Verständnis für die vielleicht schwierige Situation des jeweiligen Opfers vortäuschen“, erklärt Beate Bronnhuber, Sozialpädagogin der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Dillingen. Irgendwann schlägt dieses Vertrauensverhältnis um, und die Kinder und Jugendlichen werden bewusst manipuliert und unter Druck gesetzt, intime Fotos und Videos zu schicken oder sich persönlich mit den Tätern zu treffen. Das sind Erfahrungen, die auch Beate Bronnhuber in ihrer täglichen Arbeit geschildert bekommt.

Sexuelle Gewalt: Dunkelziffer ist hoch

Laut einer Polizeistatistik sind die Fälle von Kinderpornografie in Deutschland von 2019 auf 2020 um 53 Prozent angestiegen – die hohe Zahl sei unter anderem auf die Aufarbeitung der Dunkelziffer zurückzuführen. Schätzungen zufolge seien etwa ein bis zwei Schüler oder Schülerinnen einer Klasse zumindest einmal von sexueller Gewalt betroffen. Mehrheitlich betrifft das Cyber Grooming Mädchen im Alter von elf bis 13 Jahren. Gartner von der Polizei Dillingen rät in solchen Fällen: „Auf jeden Fall die Beweise sichern.“ Das heißt, beispielsweise Screenshots vom Chatverlauf oder dem Post machen. Außerdem sollte der Vorfall den Betreibern der Internetseite gemeldet und die entsprechende Person gesperrt werden. Anschließend sollte der Vorfall samt Beweismaterial der Polizei gemeldet werden. Laut Polizeipressesprecherin Katharina von Rönn haben Internetstraftaten im Allgemeinen zugenommen, da immer mehr Lücken dafür gefunden werden.

„Ich würde mir wünschen, dass alle Erwachsenen ruhig und sachlich mit Kindern und Jugendlichen darüber sprechen könnten, dass es dieses Phänomen, aber ebenso Möglichkeiten gibt, sich zu wehren“, sagt die KJF-Erziehungsberaterin Bronnhuber und fordert außerdem, dass Kinder und Jugendliche ähnlich dem Fahrradführerschein auch einen Internetführerschein in der Schule machen sollten. „Es sollte unbedingt Lerninhalt sein, wie man sich in diesem virtuellen Raum sicher bewegen kann. Das Wissen darüber, was überhaupt erlaubt ist und was nicht, und wo Grenzen übertreten werden, ist nicht vorhanden“, so die Beobachtung der KJF-Erziehungsberaterin. Diese Ahnungslosigkeit und Unwissenheit stelle sie aber auch bei den Eltern fest. „Es ist wichtig, dass Erwachsene über Rechte, Grenzverletzungen und den drohenden Missbrauch aufklären“, so der Appell der Erziehungsberaterin Beate Bronnhuber. Oftmals, so von Rönn, seien die Kinder aber fitter als ihre Eltern.

Aber wie genau können Eltern ihre Kinder vor Cyber Grooming schützen?

Ein guter Draht zwischen Eltern und Kindern: Voraussetzung dafür, dass Kinder und Jugendliche sich ihren Eltern anvertrauen, ist eine vertrauensvolle Beziehung. Was die Internetnutzung der Kinder betrifft, gilt es für Eltern, mit ihnen im Gespräch über ihre Online-Erlebnisse zu bleiben und regelmäßig interessiert nachzufragen, welche Netzwerke und Online-Angebote sie nutzen.

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Kinder über Gefahren informieren: Möglichst sachlich und offen sollten Mütter und Väter mit ihren Kindern über mögliche Gefahren und den typischen Ablauf von Cyber Grooming sprechen. Aus einem solchen Gespräch kann man dann auch gemeinsame Regeln festlegen. Diese könnten etwa umfassen, dass die Kinder und Jugendlichen nicht auf Kontaktanfragen von völlig Fremden reagieren oder sich nicht alleine mit rein virtuellen Bekanntschaften treffen.

Sich selbst informieren: Damit Väter und Mütter ihren Söhnen und Töchtern wirklich hilfreich zur Seite stehen können, falls Cyber Grooming oder auch Cyber Mobbing passiert, brauchen Erwachsene Wissen. Darum ist es nötig, sich zu informieren, beispielsweise durch Elternabende an Schulen, bei Vorträgen oder auf entsprechenden Internetseiten.

Den Kindern auch ein Vorbild sein

Vorbild sein: Durch das eigene Vorbild erziehen Eltern ihren Nachwuchs außerdem ganz automatisch zum Selbstschutz. Wenn Erwachsene vorleben, dass man seine eigenen Rechte kennt und sich Informationen oder Hilfe holt, können auch Kinder und Jugendliche auf solche Strategien zurückgreifen. Beispielsweise beraten zum Thema sexuelle Gewalt auch anonym die Polizei oder das Jugendamt. Auch die KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstellen informieren über mögliche Hilfen. Jede Institution, in der Kinder und Jugendliche sich aufhalten – wie Schulen –, muss ein Schutzkonzept und einen Ansprechpartner benannt haben. Kinder und Jugendliche können sich auch selbst zum Beispiel an die Nummer gegen Kummer unter der Telefonnummer 116 111 oder das Hilfetelefon gegen sexuellen Missbrauch unter 0800 22 55 530 wenden.

Mut machen: Den Kindern vermitteln, dass es ein Zeichen von Mut und Stärke ist, jemanden bei einem Problem mit ins Boot zu holen.

Mehr Informationen gibt die Fachstelle gegen häusliche und sexuelle Gewalt an der KJF-Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung in Dillingen. Im Vordergrund der Arbeit stehen körperliche Gewalt und sexueller Missbrauch am Kind oder in seinem Beisein. Zudem bietet sie Vergewaltigungsopfern Hilfe an und unterstützt bei seelischer Gewalt, Vernachlässigung sowie Autoaggression, steht es in der Pressemitteilung. Freunde, Familie oder Verwandtschaft der Betroffenen sowie Fachkräfte in ihrem Umfeld können sich ebenfalls dort beraten lassen. Die Beraterinnen und Berater unterliegen der Schweigepflicht. Die KJF-Beratungsstelle bietet neben persönlichen Gesprächen auch Beratungen per Telefon oder E-Mail an.

Man kann sich auch anonym beraten lassen

Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Dillingen, St. Ulrichsplatz 3, Dillingen, Telefon 09071/770390, E-Mail eb.dillingen@kjf-kjh.de, www.kjf-kinder-jugendhilfe.de/erziehungsberatung; zusätzlich kann auch die anonyme Onlineberatung unter www.caritas.de/onlineberatung genutzt werden. (mit pm)

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