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Ein Spezialverfahren kam in dieser Woche im ausgebrannten Dillinger Rathaus zum Einsatz. Die vom Brand betroffenen historischen Gebäudeteile wurden mit Trockeneis gereinigt.

Foto: Jan Koenen, Stadtverwaltung

Ein Spezialverfahren kam in dieser Woche im ausgebrannten Dillinger Rathaus zum Einsatz. Die vom Brand betroffenen historischen Gebäudeteile wurden mit Trockeneis gereinigt.

Dillingen
11.11.2017

Trockeneis fürs ausgebrannte Rathaus

Von Berthold Veh

Mit einem Spezialverfahren werden historische Gebäudeteile möglichst schonend gereinigt. Auf Eis liegt auch die Vergabe der Planung für den Wiederaufbau.

Es ist gut drei Monate her, dass der Brand des Dillinger Rathauses die Menschen in der Kreisstadt schockiert hat. Seit dem verheerenden Feuer im Altbau aus dem 15. Jahrhundert ist eine Menge geschehen. Ein Notdach etwa wurde installiert. Es verhindert, dass Regen und bald auch Schnee ins Gebäude dringen können. In diesen Tagen kam ein Spezialverfahren zum Einsatz. Die Fassade wurde mit Trockeneis gestrahlt und auf diese Weise gereinigt. Dennoch gibt es Sorgen, dass der Wiederaufbau des Dillinger Rathauses demnächst für ein Jahr auf Eis liegen könnte. Der Gutachter hat den Schaden auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt. Die Architektenleistungen müssen wegen der Überschreitung des Schwellenwerts europaweit ausgeschrieben werden (wir berichteten). „Allein die Ausschreibung kann mehrere Monate in Anspruch nehmen, und erst danach würden die eigentlichen Planungen beginnen“, befürchtet Oberbürgermeister Frank Kunz. Der Rathauschef hatte in Bürgerversammlungen die Sorge geäußert, dass ein ganzes Jahr vergehen könnte, bis der erste Stein beim Wiederaufbau gesetzt werde.

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Diesen Stillstand will Kunz verhindern. Wie und wann es mit dem Wiederaufbau weitergeht, werde gegenwärtig von Sachverständigen geklärt. Die Anfrage bei den zuständigen Stellen habe ergeben, dass im Fall des Dillinger Rathausbrands keine Ausnahme beim Zwang zur europaweiten Ausschreibung gemacht werden kann. Dies stößt beim Oberbürgermeister auf Unverständnis: „Wir wollen unser Rathaus so schnell wie möglich wieder aufbauen, am liebsten mit unseren einheimischen Firmen. Stattdessen sind wir rechtlich gezwungen, monatelang auf dem gesamten Kontinent nach einem Planer zu suchen. Das versteht doch kein Mensch.“

Die Stadt habe Druck gemacht und lasse derzeit von der Versicherung in Abstimmung mit der städtischen Rechtsabteilung verschiedene Möglichkeiten prüfen, ob und wie die Umsetzung der Arbeiten unter Einhaltung der Gesetze beschleunigt werden kann, informiert Kunz. Ziel sei es, dass „das Gebäude bald wieder so dasteht, wie es die Dillinger kennen.“

Das Spezialverfahren, das in dieser Woche im ausgebrannten Teil des Rathauses zum Einsatz kam, ist hochinteressant: Dabei wurde mit einem Druckluftstrahl festes Kohlenstoffdioxid, sogenanntes Trockeneis, mit einer Temperatur von exakt minus 78,9 Grad eingesetzt. Mit dieser Methode können die vom Brand betroffenen historischen Gebäudeteile schonend gereinigt und vor dem Verfall geschützt werden. Dabei werden nach Angaben der Stadtverwaltung Trockeneispartikel mit mehreren tausend Litern Luft pro Minute beschleunigt. Sie treffen mit Schallgeschwindigkeit auf die zu reinigende Oberfläche. In dabei entstehende Kleinstrisse dringt das Kohlenstoffdioxid ein und geht ohne Verflüssigung direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über. Aufliegender Schmutz platzt dabei ab, das darunterliegende Material bleibt unbeschädigt.

Das Trockeneisverfahren hat laut der beauftragten Spezialfirma gegenüber anderen Strahlverfahren wie Sandstrahlen unter anderem den Vorteil, dass keine Rückstände zurückbleiben. (mit pm)

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