
Seine Musik erklingt am Samstag beim Plärrer-Umzug


Der Friedberger Moses Odichar Ariotu ist Vorsitzender eines nigerianischen Vereins und hat eine Reggae-Band. Samstag ist er beim Plärrerumzug in Augsburg dabei.
Strahlend können die Menschen in Augsburg den 51-jährigen Nigerianer Moses Odichar Ariotu am Samstag beim Plärrerumzug erleben. Strahlend kam er auch vor einigen Tagen in unsere Redaktion.
Doch der engagierte Wahl-Friedberger gehört einer Volksgruppe an, die in ihrer afrikanischen Heimat unterdrückt wird, wie er sagt. Ariotu setzt sich mit dem Verein Igbo Cultural Union Augsburg für seine Landsleute ein.
Nigerianische Musik beim Plärrer-Umzug
Seit Jahren geht der Verein, dem Ariotu seit März vorsteht, beim Plärrerumzug mit. „Mit der traditionellen Musik aus unserer Heimat machen wir, glaube ich, vielen Leuten eine Freude“, sagt er. „Am meisten begeistern sie aber unsere Gewänder, auf denen zum Beispiel Löwenköpfe zu sehen sind.“ Als einzige afrikanische Gruppe bringe man ganz andere Klänge und eine eigene Mentalität mit. „Für uns ist das genauso ein Highlight.“ Auch beim Friedensfest war die Gruppe schon mit ihrer Musik vertreten.
Die Igbo gehören neben den Yoruba und den Hausa zu den drei großen Volksgruppen in Nigeria. Die 30 Millionen Menschen aus dem Osten des Landes sind größtenteils Christen, einige tausend Juden. Igbos verstehen sich als Volksgruppe mit dem Anrecht auf einen eigenen Staat, haben aber den Bürgerkrieg zwischen 1967 und 1970, der Millionen Leben kostete, verloren.
Seither seien sie in Nigeria Verfolgte. „Jeden Tag passiert etwas. Von korrupten Politikern fühlen wir uns auf allen Ebenen benachteiligt – Armee, Polizei und mehr“, sagt Ariotu. Mord und Vergewaltigung seien seit Jahrzehnten an der Tagesordnung.
Moses Odichar Ariotu lebt seit 1992 in Deutschland
Der 51-Jährige lebt seit 1992 in Deutschland. Eine Zeit lang hat er vorher als Soldat in Nigeria gedient. Inzwischen hat er eine Reggae-Band namens Black Moses & The Spirit. Die meisten ihrer Musiker stammen aus München. Als Sänger ist Ariotu für seine Ausstrahlung und die große Leichtigkeit bekannt. Unter anderem gewann seine Band 2005 den Deutschen Rock- und Pop-Preis. „Aktuell sind wir nicht so aktiv wie früher, aber ich suche nach einem Probenraum und möchte ab kommendem Jahr wieder mehr Musik machen“, so Ariotu. Zu sehr halten ihn derzeit seine anderen Aufgaben in Atem. Hauptberuflich ist er Maschinenbediener beim Metallverarbeitungsunternehmen Federal Mogul in Friedberg.

Hinzu kommt sein Engagement für die Igbo Cultural Union. Der Verein versteht sich als Anlaufstelle für Igbo aus der ganzen Region. „Einmal im Monat treffen wir uns in den Räumen des Bürgerbüros Stadtbergen. Wir helfen einander und planen Aktionen wie die beim Plärrer oder unsere traditionelle Feier mit deutschen Freunden am Ende des Jahres“, sagt Ariotu. „Uns ist es wichtig, dass wir ein aktiver Teil der Gesellschaft sind.“
Den Auftrag der Gruppe sieht der Vorsitzende Ariotu damit allein allerdings noch nicht erfüllt: „Wir sammeln Spenden für die Igbo in Nigeria. Davon versuchen wir zum Beispiel Kindern zu Schulbildung zu verhelfen oder Behinderte dort zu unterstützen.“ Selbst kleine Dinge wie Kugelschreiber lösen in seiner Heimat große Freude aus, berichtet er.
Ariotu sieht seine Rolle als Vorsitzender des hiesigen Igbo-Vereins auch als eine politische: „Die Welt soll uns hören. Meist stehen andere Länder im Fokus, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, aber in Nigeria herrscht massive Not. Ich war selbst an Ostern da und habe riesiges Chaos gesehen.“ Selbst Vertreter des eigenen Stammes seien Teil eines korrupten politischen Systems. „Vor kurzem war ein hoher Vertreter in Nürnberg. Er wurde selbst von Igbo mit Eiern beworfen“, erzählt Ariotu.
Für den Mann aus Nigeria gilt: „Freiheit ist alles"
Die einzige Lösung ist aus seiner Sicht nach wie vor ein eigener Staat der Igbo: „Gerade die muslimischen Hausa aus dem Norden des Landes wollen uns dazu bewegen, zum Islam zu konvertieren und akzeptieren uns nicht als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft. Wir sind unerwünscht.“ Er sieht Nigeria aber generell als schwieriges politisches Pflaster: „Das Land hat fast 200 Millionen Menschen, die 500 verschiedene Sprachen sprechen und eine ganz unterschiedliche religiöse und kulturelle Prägungen haben.“ Im Jahr 1967 hatten die Igbo den Staat Biafra ausgerufen und wurden nach dem Bürgerkrieg bis heute wieder in den Staat Nigeria eingegliedert.
Ariotu, ein lebensfroher Mensch, berichtet mit leuchtenden Augen von seinem Verein und der Gemeinschaft, die er mit ihm verbindet. Auch die Musik löst sofort eine unübersehbare Leidenschaft in ihm aus. Doch sobald er über die Vorgänge in seiner Heimat spricht, ist ihm die Traurigkeit anzusehen: „Freiheit ist alles. Unsere Freiheit steht leider nur auf einem Stück Papier.“
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