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Rezepte: So gesund, regional und vielfältig sind Linsen

Rezepte

So gesund, regional und vielfältig sind Linsen

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    Linsen-Liebhaber und Spitzenkoch Ali Güngörmüs veredelt die rote Linsensuppe gerne mit Minze und Wermut.
    Linsen-Liebhaber und Spitzenkoch Ali Güngörmüs veredelt die rote Linsensuppe gerne mit Minze und Wermut. Foto: Tanja Major

    Was haben Woldemar Mammel, Petra Kolip und Ali Güngörmüs miteinander gemein? Woldemar Mammel ist Öko-Pionier auf der Schwäbischen Alb. Petra Kolip forscht und lehrt als Professorin an der Uni Bielefeld. Und Ali Güngörmüs sammelt mit Gourmet-Restaurants in München und Berlin Küchen-Sterne. Und alle drei verbindet ihre Liebe zu Linsen.

    Auch bei Sportlern, Vegetariern und Veganern stehen Linsen hoch im Kurs

    Güngörmüs, der auf dem Land in der Türkei mit eigenem Gemüsegarten aufgewachsen ist, schwärmt von roter Linsensuppe: „Wenn die Nacht in der Türkei lang war, habe ich die Suppe gerne morgens als Katerfrühstück gegessen. In Istanbul bekommt man sie in vielen Lokalen schon morgens um neun.“ Seine Lieblingssuppe veredelt er mit Minze und Wermut. Das Rezept stammt aus dem Kochbuch „Meine türkische Küche“, in dem Güngörmüs die Vielfalt der Landesküche aufzeigt. Er ist nicht der einzige Spitzenkoch, der Linsen durch immer raffiniertere Kreationen zu einer Renaissance verholfen hat. Selbst mit edlem Fisch oder Krebsgetier werden die Hülsenfrüchtchen mitunter vermählt.

    Petra Kolip, die in ihrer Freizeit gern die Kochschürze anlegt, versammelt in ihrem Kochbuch „Lust auf Linsen“ (Cadmos-Verlag, 19,90 Euro) 50 Rezepte aus aller Welt, von rustikal bis raffiniert, und mit allerhand Linsensorten. Sie unterscheiden sich nicht nur nach Farbe und Aussehen, sondern auch im Geschmack.

    Viele wissen gar nicht, dass auch in Deutschland Linsen angebaut werden

    Es gibt mehlige, kernige, nussige. Und rote, gelbe, schwarze, braune, grüne und gesprenkelte. Wie schön, das Auge isst ja auch mit! Die schwarzen heißen Beluga- oder auch Kaviarlinsen, sind von fester Konsistenz und werden von Spitzenköchen wegen ihres besonders feinen Geschmacks geschätzt. Wie die Puy- sowie die Chateau-Linsen aus Frankreich, Castelluccio- oder umbrische Berglinsen aus Italien. Manche Linsen weicht man vor dem Kochen ein (auch damit sie nicht blähen), die roten und gelben sind bereits geschält, also kochbereit und schnell weich.

    Auch bei Sportlern, Vegetariern und Veganern stehen Linsen hoch im Kurs: „Linsen sind wahre Nährstoffwunder. Keine andere Pflanze enthält so viel Eiweiß wie diese Hülsenfrüchte. In Kombination mit Getreide oder Kartoffeln, Gemüse, Reis oder Teigwaren wird dessen Bioverfügbarkeit noch erhöht. Der hohe Anteil an Eisen und ihr Vitamin-B-Gehalt machen Linsen zu einer wichtigen Zutat eines vollwertigen Ernährungsplans“, erklärt Petra Kolip. Lecker und gesund – das bleibt nicht ohne Wirkung: Zwischen 2013 und 2018 haben sich die Importe auf rund 36.000 Tonnen nahezu verdoppelt. Der Löwenanteil kommt von Übersee aus Kanada und den USA, aus der Türkei und Frankreich.

    Viele wissen gar nicht, dass auch in Deutschland Linsen angebaut werden. Die Menge ist allerdings vergleichsweise gering. Auf etwa 150 Tonnen im Jahr beziffert Öko-Pionier Woldemar Mammel die Ernte auf der Schwäbischen Alb. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. An den Verbraucher bringen könnte man „noch viel viel mehr“, denn die Alb-Leisa, wie diese Linsen heißen, sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und gefragt. Alb-Leisa findet man in gut sortierten Bioläden. Die Verbraucher zahlen offenbar gern etwas mehr dafür, weil die Linsen von der Alb nicht weit herangekarrt werden und frei von Pflanzenschutz- und Unkrautvernichtungsmittel sind.

    Mehr als hundert Bio-Landwirte bauen drei Sorten Linsen an

    Eine erstaunliche Erfolgsgeschichte. Denn in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts waren die Alb-Linsen so gut wie verschwunden; der Anbau war unrentabel geworden. Wäre da nicht Woldemar Mammel aktiv geworden. Der Biologe und Landwirt setzte alles daran, der Pflanze, die seit der Jungsteinzeit auf der Schwäbischen Alb heimisch ist, zu neuer Blüte zu verhelfen.

    Bis nach St. Petersburg in Russland reiste er, um dort in der Wawilow-Saatgutbank, der weltweit ältesten, Samen aufzuspüren. Sorgsam vermehrte er, was er mitnehmen durfte, bis damit wieder Felder bestellt werden konnten. Die Öko-Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa, die heute sein Sohn Lutz leitet, entstand. Inzwischen bauen auf der Schwäbischen Alb mehr als hundert Bio-Landwirte drei Sorten Linsen an: eine dunkelgrün marmorierte „französische“ Linse sowie Späths Alblinse I „Die Große“ und Späths Alblinse II „Die Kleine“.

    Dass die Erfolgsgeschichte fortgeschrieben werden kann, dafür arbeitet das Team von Professorin Sabine Gruber vom Institut für Kulturpflanzenwissenschaften der Universität Hohenheim mit den Alb-Leisa-Bauern. Denn Linsen sind hierzulande, wegen der oftmals feuchten Sommer, nicht ganz einfach anzubauen.

    Ziel sind ertragsstarke und widerstandsfähige Sorten mit einer günstigen Eiweißzusammensetzung und guten Verdaulichkeit, um den Anbau weiter, also auch auf den Norden Deutschlands, auszudehnen. Auch neue Stützpflanzen werden ausprobiert, weil heimische Linsen Pflanzen-Partner zum Ranken brauchen. Bislang sind das hauptsächlich Gerste und neuerdings auch Leindotter. Das dreijährige Projekt wird vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert. „Das Tolle daran ist, dass wir den praktischen Nutzen unserer Arbeit direkt sehen und auch schmecken können“, erzählt Professorin Gruber.

    Ihr Favorit ist Linsensalat mit frischen und getrockneten Tomaten, während Woldemar Mammels Leibgericht immer noch Linsen mit Spätzle oder Dampfnudeln sind. Froh sagt Linsenbauer Woldemar Mammel: „Die finden Sie bei uns im Ländle in jeder Kantine, sei es bei Daimler, Liebherr oder Ratiopharm.“

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