Was tun, wenn der Koffer weg ist?
Das Fluggepäck kommt nicht an, der Rucksack im Fernbus ist verschwunden, der Gepäckservice der Bahn übernimmt den Schaden nicht: Bei Ärger mit dem Gepäck haben Reisende in ganz Europa bestimmte Rechte.
Der Flug war angenehm, die Vorfreude auf den beginnenden Urlaub ist groß – fehlt nur noch der Koffer. Laut dem jährlich veröffentlichten „Baggage Report“ des auf Luftfahrtdaten spezialisierten IT-Unternehmens SITA kommen zwar 99 Prozent der Koffer rechtzeitig bei ihrem Besitzer an. Es bedeutet aber auch: Bei einem durchschnittlichen Flug mit 200 Passagieren stehen statistisch gesehen am Ende etwa zwei Personen ohne Koffer da. Die große Mehrheit der verloren gegangenen Koffer, nämlich 95 Prozent, taucht zwar innerhalb von 48 Stunden wieder auf, etwa wenn sie mit dem nächsten Flieger nachgeliefert werden. Dennoch ist der Ärger groß, wenn man plötzlich ohne Zahnbürste und frische Unterwäsche an seinem Reiseziel steht.
Solche Ärgernisse betreffen nicht nur Flugpassagiere. Auch bei einer Reise mit der Bahn oder dem Fernbus kann das Reisegepäck verloren gehen. Die Reisenden haben dann europaweit bestimmte Rechte, die sie gegenüber dem Beförderungsunternehmen geltend machen können. Diese Rechte unterscheiden sich jedoch je nach Transportmittel.
Flugreise: Kofferverlust binnen kurzer Frist melden
Flugreisen: Bei Flugreisen kommt mit Abstand am häufigsten Gepäck abhanden. Geht ein Koffer endgültig verloren oder erreicht seinen Besitzer verspätet oder beschädigt, hat dieser einen Anspruch auf Schadensersatz. Das ist international im Montrealer Übereinkommen geregelt, der Höchstbetrag ist auf umgerechnet rund 1500 Euro gedeckelt. „Die Haftung der Fluggesellschaften gilt pro betroffenem Passagier, nicht pro Gepäckstück“, erläutert Boris Narewski, auf Reiserecht spezialisierter Rechtsanwalt aus Berlin. Viele Airlines verlangen einen Nachweis über den Wert des Gepäckinhalts – daher sollte man den Inhalt des verloren gegangenen Koffers genau auflisten und bei wertvollen Gegenständen möglichst auch Kaufbelege parat haben. Wertgegenstände wie Bargeld, Dokumente und Schmuck sind allerdings von der Haftung der Fluggesellschaften ausgenommen und werden nicht ersetzt. Sie sollten daher im Handgepäck verstaut werden.
Mit der Schadensmeldung sollte man sich nicht allzu viel Zeit lassen: „Bei Gepäckverspätungen ist eine entsprechende Schadensmeldung binnen 21 Tagen, bei Gepäckbeschädigungen sogar binnen sieben Tagen einzureichen“, sagt Narewski. Wer eine Pauschalreise gebucht hat und ohne Gepäck am Urlaubsort sitzt, kann den Reisepreis mindern. Dazu muss der Gepäckverlust vor Ort dem Reiseleiter schriftlich mitgeteilt werden. Als Richtwert gelten 25 Prozent des Tagesreisepreises für jeden Tag ohne Gepäck.
Wer ohne Waschzeug und passende Kleidung am Zielort steht, darf sich in der Regel auf Kosten der jeweiligen Fluglinie mit dem Nötigsten ausstatten. Angemessene Ausgaben werden von den meisten Airlines erstattet, allerdings wird die Grenze, was noch angemessen ist, unterschiedlich gezogen. Je nach Fluggesellschaft liegt sie zwischen 25 und 200 Euro. Manche Airlines bieten auch eine Art Notfallkoffer mit Toilettenartikeln und Unterwäsche an.
Fernbus: Unternehmen haften nur in begrenztem Umfang für Kofferverlust
Fernbus: Analog zu den Fluggastrechten gibt es mittlerweile auch die EU-Busgastrechte. „Sie räumen Busreisenden aber weniger Rechte ein als Flugreisenden“, sagt Peter Juhani Koop vom Europäischen Verbraucherzentrum in Kehl. „Geht bei einer Busreise im Frachtraum transportiertes Gepäck verloren, haftet das Fernbusunternehmen nicht immer und wenn, dann nur in begrenztem Umfang.“ Eine Erstattung für Ersatzeinkäufe gibt es generell nicht.
Mitunter kann das Gepäck aber auch wiedergefunden werden, beispielsweise über einen Lost-and-Found-Service des Busunternehmens. „Kommt das Gepäck tatsächlich abhanden, sollte der Diebstahl beim Fahrer und der Polizei angezeigt werden, bevor Ansprüche beim Busunternehmen geltend gemacht werden“, rät Koop.
Bahn: Haftung für verlorene Koffer, wenn Gepäckservice genutzt wird
Bahn: Anders als bei Flug- und Busreisen geben Bahnreisende ihr Gepäck normalerweise nicht ab, sondern tragen es bei sich – die Koffer werden dann in einem Gepäckregal im Waggon, zwischen den Sitzen oder im Gepäckfach über den Sitzen verstaut. Hier sind die Reisenden in der Pflicht, ihr Gepäck selbst im Blick zu behalten. Geht etwas verloren, haftet das Bahnunternehmen in der Regel nicht. „Ein Verschulden des Unternehmens oder seiner Mitarbeiter ist – außer bei Unfällen – kaum nachzuweisen und eine Haftung daher meist schwer zu begründen“, erklärt Verbraucherschützer Koop.
„Wer jedoch den Gepäckservice einer europäischen Bahngesellschaft nutzt, um sein Gepäck vorab zu verschicken, könne bei Verspätung, Beschädigung oder Verlust Ansprüche gegen die Bahngesellschaft geltend machen“, erklärt Koop. Hier gibt es allerdings keine europaweit einheitliche Regelung, sondern es kommt auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bahngesellschaft oder des von ihr beauftragten Transportdienstleisters an. „Auch hier sind Fristen zu beachten, die von Land zu Land unterschiedlich sein können“, so Koop.
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