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Mozarts Oper: Die Zauberflöte am Sternenhimmel

Mozarts Oper

Die Zauberflöte am Sternenhimmel

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    Die Zauberflöte am Sternenhimmel
    Die Zauberflöte am Sternenhimmel Foto: A.T. Schaefer

    Bemerkenswerterweise besitzt Augsburg eine fast ebenso lange "Zauberflöten"-Tradition wie die Uraufführungsstadt Wien. 1793 schon, eineinhalb Jahre nach der Entstehung, kam das so volksnahe wie metaphysische Werk an den Lech, und der Endpunkt dieser Tradition blieb bislang nicht Peter Baumgardts pralle, über Jahre hinweg gespielte Inszenierung von 1992, sondern 2001 die Ausgrabung der Oper "Der Stein der Weisen oder Die Zauberinsel" - ein ganz ähnliches Stück, ebenfalls basierend auf einem Text von Schikaneder, seinerzeit in Musik gesetzt von einer Komponisten-Sozietät unter der Mithilfe von Mozart.

    Nun ist die "Zauberflöte", nach wie vor ein Hit der Opern-Charts, am Theater Augsburg unter der Intendanz von Juliane Votteler neu herausgekommen - womit schon vorab kein Märchenstück zu erwarten gewesen war, das die ganze Familie umarmt und umgarnt. Freilich: Schlachten und sezieren mochte man die heilige Kuh "Zauberflöte" mit ihrem hohen Marktwert durch hohe Milchleistung verständlicherweise auch nicht. So erlebt man nun eine Produktion, die musikalisch glänzt, in der auch die fantasievolle Ausstattung Staunen erregt, die aber bei der Personenführung auch allzu stark im Behäbigen und in der Opern-Konvention verharrt.

    Marcel Keller war Regisseur und Bühnenbildner in Personalunion. Er hat hervorragende Schauspiel-Produktionen in Augsburg abgeliefert ("Bunbury", "Godot"), aber seine Musiktheater-Erfahrungen sind offensichtlich nicht so groß, dass sie die ausgedehnte "Zauberflöte" - besonders deren schwierige "staatstragende" Szenen - mittels schauspielerischem Einsatz durchgängig vitalisieren könnten. Zu viel an diesem Abend passiert nach dem überkommenen Prinzip "Auftritt - Stehen und Singen - Abtritt"; zu viel an diesem Abend bleibt gemessen, bieder, steif. Man hätte sich mehr von solchen Szenen wie zu Beginn des zweiten Aufzugs gewünscht, da Sarastro abstimmen lässt, ob Tamino und Papageno die Chance der Aufnahme in den Kreis der "Eingeweihten" erhalten sollen. Das Votum der Priesterschaft ist kein Traumergebnis für Sarastro: Mancher Arm hebt sich zögerlich erst nach seinem scharfen Blick.

    Weiße Guckkastenbühne im Weltenraum

    Überhaupt wird dieser Männerbund als ein mindestens herrisches System gezeichnet. Sarastros Garde ist mit Gewehren bewaffnet; Tamino und Papageno werden (weiße) Abu-Ghraib-Säcke übergestülpt; zum Finale liegt der "Kriegsgegner" aus dem Reich der Nacht vernichtet am Boden - während Sarastro verheißungsvoll seine Macht an Tamino und Pamina überträgt. Marcel Keller interpretiert die "Zauberflöte" also gedanklich durchaus, doch die theatrale Umsetzung bedarf noch der Plastizität im Detail.

    Dafür beweist er Fantasie im Bühnenbild - und im Verbund mit seinem Kostümbildner Werner Fritz. Diese Augsburger "Zauberflöte" ist ein eleganter Ritt über die Zeiten und Kulturen: Tamino in moderner weißer Gala-Uniform trifft auf einen Chor aus dem 19. Jahrhundert und auf drei buddhistisch weise Knaben; Papageno, mehr ein zappeliger Geck aus einer Biedermeier-Vorstadt denn ein fatalistisch-humoriger Naturbursche, muss sich erst mit eifersüchtigen Gouvernanten-Damen herumschlagen, dann mit sagenhaften, mythologischen Würdenträgern. Aber die schönsten Bilder des Abends leuchten immer wieder dann auf, wenn die kleine weiße Guckkasten-Bühne dieser "Zauberflöte" wie im Weltenraum, wie zwischen Sternen zu schweben scheint - und sich zusätzlich noch Klappen auftun, die die Sänger scheinbar ins Bodenlose stürzen lassen würden, wenn sie nur einen falschen Schritt täten. Das dann ist raffiniertes Theater der Verwandlung, der Illusion und des Zaubers.

    Trocken und straff erklangen die drei ersten Es-Dur-Akkorde aus dem Graben. In ihnen gaben die Philharmoniker unter dem derzeit stark geforderten, gleichzeitig aufblühenden Kevin John Edusei das vor, was den Abend orchestral auszeichnete: Flüssigkeit, Transparenz, Gestochenheit. Die Klarheit und Mozart gingen einmal mehr Hand in Hand. Ein besonderes Lob den Holzbläsern, den Naturhörnern - und auch dem schön eingebundenen Chor (Einstudierung: Karl Andreas Mehling).

    Sympathiefigur Papagena

    Unter den Sängern tritt Sophia Brommer als intensiv leuchtende Pamina hervor (g-Moll-Arie: wunderbar innig!). Sowohl die drei Damen als auch die drei Knaben (Augsburger Domsingknaben) imponieren durch homogenen Dreigesang. Das hohe F der Königin der Nacht (Barbara Baier) sitzt glasklar; Virtuosität und musikalische Emphase (erste Arie) kommen zusammen. Bei Per Bach Nissen würde man sich eine etwas prononciertere Aussprache wünschen, gleichwohl erfreut sein mild-sonorer Sarastro-Bass. Jan Friedrich Eggers wiederum liefert einen weichen und jungenhaften Papageno, kann aber noch an Durchschlagskraft gewinnen. Hell und tragend die Tenöre von Roman Payer (Monostatos) und Seung-Hyun Kim (Tamino) - wobei Letzterer schon fast den Bereich des Lyrischen markant verlässt. Die Sympathiefigur der Papagena füllt quirlig Ai Ichihara aus. Viel Applaus für einen Abend mit einer Schwäche und zwei Stärken.

    Nächste Aufführungen 12., 15., 21., 24. März

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