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Das Klima hat sich gewandelt

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Das Klima hat sich gewandelt

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    Christian Imminger
    Christian Imminger Foto: immingerch

    Als Angela Merkel noch nicht Königin von Deutschland war, versuchte sie sich zu Beginn ihrer ersten Amtszeit auch mal als „Klimakanzlerin“. Kann sich noch jemand daran erinnern? Die Bilder von ihr im roten Parka, aus dem sorgenvoll aufs Packeis geschaut wird, gingen damals jedenfalls durch die Republik; und keine Frage: Klima beziehungsweise dessen Schutz, das klang bei einer diesbezüglich sensibilisierten Bevölkerung erst einmal prima. Bis dann die Banken zu kollabieren und die Spareinlagen dahinzuschmelzen drohten – und Merkel ihre Rolle jenseits zugiger Fototermine in irgendwelchen grönländischen Fjorden gefunden hatte. Der Rest, etwa das Geschachere um den CO2-Ausstoß deutscher Autoflotten, ist bekannt. Klima? War da was?

    Über 90 Prozent der Deutschen sind vom sogenannten Klimawandel, also der Annahme, dass Menschen das Klima beeinflussen, überzeugt. 98 Prozent der Wissenschaftler halten die These, dass unsere Treibhausgas-Emissionen zu einer globalen Erwärmung führen, für belegt. Daneben steigen die Temperaturen ebenso messbar wie die extremen Wetterereignisse, und die Aufzug-Witze sprachloser Angestellter, die angesichts eines verregneten Juli-Tages kalauern, wo er denn nun bleibe, dieser Klimawandel, sind sowieso zu 100 Prozent bodenlos.

    Und trotzdem: Irgendwie hat man das Gefühl, dass das Thema nicht mehr so wichtig genommen wird, präsent ist, oder vielleicht zu präsent, was in etwa auf dasselbe hinausläuft. Es scheint jedenfalls, als hätte man sich hierzulande mit dem ganzen „Klima-Gedöns“ abgefunden wie mit einem nasskalten Ferientag, den man dann halt zentralgeheizt beim Monopoly-Spiel zubringt.

    Das hat Gründe. Und ganz gewiss wurden zuallererst auch aufseiten der Wissenschaft Fehler gemacht: In der (vermutlich sogar richtigen) Annahme, dass eine bloße Feststellung der Erderwärmung, des menschengemachten Treibhauseffekts keinen hinterm Ofen hervorgelockt hätte, wurden in den Anfangsjahren des Weltklimarats ziemlich schnell ziemlich konkrete Zukunfts-Szenarien entworfen. Diese wurden dann, zweitens, ebenso schnell von den Medien aufgegriffen, die das Ganze ihrer Natur nach weiter zuspitzten und aus unter Vorbehalt stehenden Prognosen Fakten machten: Horror-Schlagzeilen und Fotomontagen deutscher Städte in Wüstenlandschaften schreckten die Bevölkerung auf, und alsbald sah auch die Politik in dem Thema ein solches – Grönlandfahrten inklusive.

    Drittens kam es dann, wie es kommen musste: Die Vorhersagen der Klimaforscher mussten teilweise mehrfach korrigiert werden, was bei der Komplexität der Modelle kaum verwundert und doch den immer gleichen Reflex auslöst: Die wissen ja auch nichts Genaues und überhaupt, so schlimm wird’s schon nicht werden, kurz: Die Öffentlichkeit begann sich schließlich abzuwenden – was wiederum Auswirkungen auf eine Politik hat, die vor allem auf die Tagesgewinne an den Emissionsbörsen der Umfrageinstitute schielt.

    Und so verwundert es zum Beispiel nicht, dass der Klimawandel keine große Rolle gespielt hat im Bundestagswahlkampf, und das, obwohl seine Folgen so oder so dramatisch sind: Gestern nun hat der Weltklimarat seinen seit 1990 nunmehr fünften Bericht vorgestellt, und es scheint, als hätte man aus den früheren Fehlern gelernt. Sachlich und transparent wurde in Stockholm das vorgetragen, was weltweiter wissenschaftlicher Konsens ist. Beunruhigend sind die Folgerungen noch in ihrer optimistischsten Variante allemal, am Beunruhigendsten aber die Frage: Wird es uns diesmal wirklich kümmern?

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