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Kommentar: Annalena Baerbock - Wars das schon mit dem grünen Kanzleramt?

Kommentar

Annalena Baerbock - Wars das schon mit dem grünen Kanzleramt?

Michael Pohl
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    Grünen-Chefin Annalena Baerbock: Verspielt sie eine einmalige Chance?
    Grünen-Chefin Annalena Baerbock: Verspielt sie eine einmalige Chance? Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Will Annalena Baerbock wirklich Kanzlerin werden? Wer die Grünen-Chefin in diesen Wochen erlebt, fragt sich, ob die 40-Jährige tatsächlich um das mächtigste Amt der Republik kämpfen will oder ob sie insgeheim nur gehofft hat, von einer Welle politischen Rückenwinds in das Kanzleramt getragen zu werden. Doch inzwischen ebbt die Welle aus Klimawandelsorgen und Verdruss über Deutschlands Schwächen in der Pandemie ab. Eigene unprofessionelle Fehler nähren den Gegenwind, der Baerbock im Wahlkampf entgegenschlägt.

    Schludrigkeiten um Lebenslauf nähren Zweifel an Baerbock

    Als Baerbock am vergangenen Sonntag ihre Enttäuschung über das Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt in die Kameras sprach, wirkte sie überrascht und flüchtete sich in die üblichen Politikerfloskeln. Gut vorbereitet war das nicht.

    Auch die Schludrigkeiten um Nebeneinkünfte und ihren Lebenslauf nähren den Eindruck, dass den Grünen das entscheidende Quäntchen nötiger Professionalität im Kampf um das Kanzleramt fehlt. Das mehr als nachlässige Verhalten schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit, sondern nährt auch Zweifel an der grünen Spitzenkandidatin selbst.

    Grünen-Wahlprogramm löst mehr Erklärungsbedarf als Begeisterung aus

    Gelingt es Baerbock, aus der Defensivrolle herauszukommen und den Umfragetrend wieder nach oben zu drehen? Ihre Nominierung hat die Zustimmungswerte der Grünen auf Rekordwerte nach oben schießen lassen. Die Frage ist nur, kommt da noch was – oder war es das schon? Dann schmelzen die Rücklagen langsam dahin.

    Am Wochenende wollen die Grünen auf ihrem Parteitag mit der Verabschiedung ihres Wahlprogramms und der offiziellen Nominierung Baerbocks in die entscheidende Phase des Kampfes um das Kanzleramt starten. Doch nicht nur der durch die Pandemie erzwungene digitale Rahmen erschwert den Aufbruch. Auch das grüne Wahlprogramm löst viel weniger Begeisterungsstürme aus als Erklärungsbedarf. Denn es verlangt dem Wahlvolk mehr ab, als es an attraktiven Versprechungen bietet.

    Grüne müssen Wähler der Mitte erst noch überzeugen

    Umso mehr kommt es auf die Kandidatin an. Wenn es eine Konstante bei allen Landtagswahlen der vergangenen Jahre gab, dann war es die, dass mehr als alles die Personen an der Spitze über Wahlsiege entscheiden. Der Erfolg der Grünen hängt mehr von Baerbock ab, als es ihr lieb sein kann.

    Die Chance, erste grüne Kanzlerin zu werden, hat sie durchaus. Das unverdächtige Allensbach-Institut sieht die Wechselstimmung nach der Ära Angela Merkel und angesichts der durch die Pandemie entlarvten deutschen Schwächen so hoch wie nie. Doch es reicht nicht, dass die junge grüne Kandidatin den Wechsel als Projektionsfläche verkörpert.

    Baerbock sollte um Grüne Ampel als Koalition werben

    Baerbock müsste für einen Erfolg breite Wählerschichten in der Mitte überzeugen und eine Begeisterungsstimmung für eine Modernisierung des Landes auslösen. Nur dann könnte auch eine „grüne Ampel“ als Koalition mit SPD und FDP für ihre Partei als Machtperspektive neben einem Bündnis mit der Union möglich werden.

    Wenn von Baerbock jedoch nicht mehr kommt als bislang, droht den Grünen ein hartes Wiedersehen am Verhandlungstisch für eine Jamaikakoalition. Nicht stark und auf Augenhöhe mit der Union. Sondern geschwächt auf Augenhöhe mit der FDP, weil die Grünen die hohen Erwartungen nicht erfüllt haben. Dann wären die gefühlten Triumphe des Duos Baerbock und Habeck verpufft vor einem steinigen Weg des Regierens. Die Grünen wären nur Dritter im Bunde schwarz-gelber Wahlverwandter.

    Doch auch als Juniorpartner einer schwarz-grünen Koalition müssten sich Baerbock und Habeck mit Sacharbeit darüber hinwegtrösten, dass sie die historische Chance einer grünen Kanzlerschaft wohl auf sehr lange Zeit verspielt haben.

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