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Kommentar: Wer Apotheken vor Ort will, muss Sicherheit bieten

Kommentar

Wer Apotheken vor Ort will, muss Sicherheit bieten

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    Im Jahr schließt etwa ein Prozent der Apotheken in Deutschland.
    Im Jahr schließt etwa ein Prozent der Apotheken in Deutschland. Foto: Ole Spata, dpa (Symbolbild)

    Jeden Tag bedienen die Apotheken in Deutschland rund 3,6 Millionen Kunden – etwa vier Prozent der Bevölkerung. Wenn man diese Zahl liest, könnte man meinen, die deutschen Apotheker blicken hoffnungsvoll in die Zukunft. Tun sie aber nicht. Als sie jüngst nach ihrer Stimmung befragt wurden, kam heraus, dass sich fast drei Viertel der Selbstständigen Sorgen machen – vor zwei Jahren war es die Hälfte. Hinter dieser Angst steckt vor allem eine wirtschaftliche Unsicherheit. Galt eine Apotheke lange als eine Art Gelddruckmaschine, finden heute viele Apotheker, die in Rente gehen, keine Nachfolger. Seit 2015 ist die Anzahl der Apotheken jedes Jahr um ein Prozent gesunken.

    Apotheker wollen ein Versandhandelsverbot

    Dazu kommt ein weiterer Faktor, der den Apothekern zu schaffen macht: Die Frage, ob es in Deutschland erlaubt bleibt, verschreibungspflichtige Medikamente über den Versandhandel zu vertreiben. Seit der Europäische Gerichtshof vor zwei Jahren entschieden hat, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die Preisbindung halten müssen, die für inländische Apotheken gilt, drängen Pharmazeutenverbände auf ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in Deutschland. Sie fürchten um ihr Geschäft.

    Die Preisbindung schreibt vor, dass Arzneimittel überall im Land gleich viel kosten müssen. Das heißt: Apotheker kaufen ein Medikament zu einem festen Preis beim Großhändler, schlagen drei Prozent und noch mal 8,35 Euro oben drauf und verkaufen es. Rabatte dürfen sie nicht einräumen. Apotheken aus dem Ausland schon.

    Zwar haben die Auswertungen des deutschen Apothekenbundes ergeben, dass bislang nur 1,1 Prozent der verschreibungspflichtigen Medikamente über den Versandhandel verkauft werden. Aber das Angebot scheint attraktiv zu sein. Eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom hat etwa ergeben, dass 42 Prozent der Deutschen Medikamente hin und wieder online kaufen. Überraschenderweise bestellen vor allem ältere Menschen ihre Medizin im Netz. Und der Markt wächst. Kein Wunder, sind die Kunden das Einkaufen per Mausklick doch aus anderen Lebensbereichen schon längst gewohnt. Sie geben den Internet-Apotheken auch in fast allen Bereichen gute Noten. Die Uhr wird sich nicht zurückdrehen und der Internethandel verboten werden.

    Medikamente sind keine normalen Waren - sie brauchen eigene Regeln

    Aber Medikamente sind eben keine normalen Waren. Das merken auch die Patienten. Denn im Netz fehlt ihnen vor allem eins: die Beratung. Genau da liegt das Problem: Nierenmedikamente, Blutdrucksenker oder Thrombose-Spritzen sind keine Schuhe, die man bestellt, und wenn sie nicht passen, zurückschickt. Arzneimittel haben Wechselwirkungen untereinander, sie müssen richtig gespritzt, geschluckt oder inhaliert werden. Nimmt man zu viel oder zu wenig ein, wird es sogar gefährlich. Nicht umsonst verbringen Apotheken-Mitarbeiter viel Zeit mit Beraten – und zwar kostenlos.

    Das ist die Gemengelage, in die sich Gesundheitsminister Jens Spahn beim heute beginnenden Deutschen Apothekertag begibt. Schon vor vier Monaten hat er versprochen, spätestens dann Lösungen vorzuschlagen. Dass er sich auf ein Versandhandelsverbot einlässt, ist unwahrscheinlich. Zu groß sind die Bedenken aus dem Justiz- und Wirtschaftsministerium. Deshalb liegt die Schwierigkeit für Spahn darin, gute Alternativen anzubieten. Etwa, indem er Apothekern neue Einnahmequellen eröffnet – zum Beispiel über Vergütungsmodelle von Beratungsleistungen. Nur so ist langfristig sicher, dass die 3,6 Millionen täglichen Apothekenkunden dauerhaft vor Ort versorgt werden.

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