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Philipp Rösler: Die FDP wird noch gebraucht

Philipp Rösler

Die FDP wird noch gebraucht

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    Die FDP wird noch gebraucht
    Die FDP wird noch gebraucht

    Zurückhaltender, sympathischer, nicht mehr so schneidig und rechthaberisch wie unter Guido Westerwelle, sondern eher wie der nette Nachbar, der gerade nebenan eingezogen ist und immer so freundlich grüßt. Viele Liberale, hat der künftige Parteichef einmal gesagt, hätten Angst davor, das Wort Solidarität in den Mund zu nehmen. Er selbst hat diese Angst nie gehabt – und das ist, so absurd das klingt, für die FDP Chance und Risiko zugleich.

    Bei Werten um die fünf Prozent hat sie eine Charmeoffensive einerseits bitter nötig und in Rösler auch den richtigen Mann dafür. Die Art und Weise aber, in der die neue Garde alte Positionen räumt, kostet die Partei auch ein Stück Unverwechselbarkeit. Die Volte ihres Generalsekretärs, der im Atomstreit irritierend grüne Töne anschlägt, ist dabei nur das auffälligste Beispiel. Auch ein gesetzlicher Mindestlohn gilt vielen in der FDP nicht mehr als ordnungspolitischer Sündenfall, sondern als Ausdruck eines neuen, gefühligeren Liberalismus: Wozu sich für etwas verkämpfen, das einem niemand dankt?

    In der Sache gibt es gute Gründe, sittenwidrige Löhne zu verhindern und schneller aus der Kernkraft auszusteigen. Mit dem Tempo jedoch, das die FDP dabei anschlägt, kommen viele Anhänger kaum noch mit. Opfert sie, am Ende, ihre ökonomische Kernkompetenz auf dem Altar der politischen Beliebigkeit? Ist ihr nicht einmal mehr Otto Graf Lambsdorffs ordoliberales Erbe heilig? Röslers junge Reformer wollen ihre Partei auch für die Menschen wählbar machen, die sich bisher genervt abgewendet haben, wenn nur der Name Westerwelle fiel. Die Gefahr, die eigene Stammkundschaft zu verprellen, ist bei diesem Strategiewechsel allerdings mit eingepreist. Auch deshalb, darf man annehmen, bleibt Rainer Brüderle Wirtschaftsminister.

    Die Grünen sind so stark geworden, weil sie sich ihre Unverwechselbarkeit im Kern bewahrt haben. Sie waren vom ersten Tag an die Partei der Atomkraftgegner. Die FDP dagegen orientiert sich im Moment zu sehr am Mainstream, tief verunsichert und ein wenig selbstvergessen wohl auch. Dabei wird sie, allen Unkenrufen zum Trotz, noch gebraucht: als Bastion gegen die Datensammler und staatlichen Bevormunder, als Vorkämpfer für mehr Wettbewerb in der Bildung und mehr Eigenverantwortung in der Sozialpolitik. Als Partei, gleichermaßen liberal und libertär, die dem Staat seine Grenzen aufzeigt und sich dem Bürger, im besten Sinne, verpflichtet fühlt.

    Philipp Rösler ist ein netter, bescheidener Mensch. Vielleicht sogar ein zu netter. Er wird sich schwer tun, der Stimme der Freiheit Gehör zu verschaffen.

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