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Serie Künstlerkarrieren: Die Kunst des Selbsterkennens

Serie Künstlerkarrieren

Die Kunst des Selbsterkennens

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    Philipp Fürhofer in seinen Kulissen zur Münchner Ausstellung „Du bist Faust“, die ab 23. Februar in der Kunsthalle zu sehen sein wird.
    Philipp Fürhofer in seinen Kulissen zur Münchner Ausstellung „Du bist Faust“, die ab 23. Februar in der Kunsthalle zu sehen sein wird. Foto: Foto: Leonnie Mellinghoff/Kunsthalle München

    Als Betrachter ist man bei Philipp Fürhofer immer mit im Spiel – in seinem Spiel mit dem Offensichtlichen und dem Verborgenen, mit Illusion und Realität. Licht, Dunkelheit, Transparenz und Schatten sind wiederkehrende Themen in den Arbeiten des Augsburger Künstlers, der jetzt in Berlin lebt. Fürhofer ist ein gefragter Bühnenbildner, der für die Opern in Oslo, Luzern und Amsterdam, unter anderem für Stefan Herheim, gearbeitet hat. Für ihn selbst aber steht die bildende Kunst an erster Stelle. „Das ist das, womit ich die meiste Zeit verbringe“, betont er.

    In einem ehemaligen Fabrikgebäude des Berliner Stadtteils Moabit hat er sein Atelier. Dort entstehen Assemblagen und Leuchtkästen, in denen Fürhofer seine Malerei mit Fundstücken – „Krempel“, wie er es nennt – zu vielschichtigen Szenerien arrangiert und mit Leuchtstoffröhren und Glühbirnen illuminiert. Im Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit, den der Betrachter oft selbst durch einen Schalter hervorrufen kann, verändert sich zweidimensionale Bilder zum dreidimensionalen Raum, wird Hintergründiges sichtbar und verschwindet wieder. Durch spiegelnden Flächen und semitransparente Spiegel, gerät der Betrachter selbst zum Teil des Kunstwerkes.

    Vertreten in Berlin und Frankfurt,London, Amsterdam und Oslo

    So zu erleben derzeit in der Frankfurter Schirn, wo der 35-Jährige die Rotunde des Museumsbaus mit seiner Installation „Disconnected“ ausstattete. Die Betrachter sehen sich selbst in einem kreisrunden, semitransparenten Spiegel über ihren Köpfen. Im Zehn-Sekunden-Takt ändert sich die Lichtsituation und gibt den Blick frei auf die Höhe der Rotunde, deren drei Stockwerke sich in einem weiteren Spiegel unendlich reflektieren und die Illusion eines Hochhauses entstehen lassen. Reflektionen, die Reflexion über die eigene Position hervorrufen – das ist ein wesentliches Merkmal der Kunst, mit der Philipp Fürhofer in Berlin und

    Immer wieder kommt er zurück nach Augsburg, wo er während der Schulzeit seine Liebe für die Künste entdeckte. Der Unterricht im Gymnasium St. Stephan, die Nachmittage im Klostergarten, „als ich stundenlang die Rosen abpinselte“, auch die Klaviestunden waren prägend. Mit 15 sah er im

    Studium an der BerlinerUniversität der Künste

    Und noch etwas hat seine Arbeit als Künstler geprägt: Während des Studiums an der Berliner Universität der Künste erkrankte er lebensgefährlich und musste am Herzen operiert werden. Das Leben kann viel zu kurz sein, um Kompromisse zu machen, erkannte er. „Die Bedrohung hat mich in meinem Werdegang sicher gemacht“. Die fragile Realität, die, salopp ausgedrückt, auch mal ausgeknipst werden kann, greift Fürhofer in Leuchtkästen auf.

    Zur Zeit ist Fürhofer aber mit einer ganz anderen Arbeit beschäftigt: Er richtet eine Ausstellung ein, die nicht seine eigenen Arbeiten zeigt. In der Kunsthalle München entsteht eine „Faust“-Ausstellung, Herzstück eines „Faust“-Festivals in der Landeshauptstadt, das sich dem Stoff mehrere Monate lang in vielen Facetten nähert. Etwas ganz Neues sei dies für ihn – aber dann doch wieder nicht, weil er als Bühnenbildner Erfahrung darin habe, Stoffen eine Szenerie zu geben. „Ich will keine Aneinanderreihung von Kunst, sondern sie in einen Zusammenhang stellen“, sagt er. So inszeniert Fürhofer mehr als 150 Werke – Gemälde, Grafiken und Skulpturen, Fotografien, Vertonungen und Filme, die den „Faust“-Stoff thematisieren – und schafft verschiedene Räume und Settings, stellt Bezüge zwischen Goethes Realität in Weimar, dem berühmten literarischen Werk und dessen Rezeption in der Kulturgeschichte her.

    Jeder ist Faust, Du bist Faust

    Auch bei dieser Arbeit geht es Philipp Fürhofer um ein Wechselspiel von Illusion und Realität, auch hier gibt es geheimnisvolle Durchblicke in andere Räume – und Spiegel, die den Blick öffnen, weil sie die Umgebung mit den Kunstwerken und den Betrachter reflektieren. „So konkret die Räume sind, für den Besucher sind sie eine kreative Verknüpfung, die ihn hinterfragen lässt, was nun die Wirklichkeit ist und wie er dazu steht“, erläutert Fürhofer. Durch seine Inszenierung der Kunstwerke habe er einen eigenen narrativen Rahmen geschaffen. „Als Betrachter ist man sofort ins Geschehen hineingeworfen“, verspricht er. Nicht umsonst trage die Ausstellung den Titel „Du bist Faust“. Für Fürhofer war die über zwei Jahre währende Beschäftigung mit dieser Ausstellung auch anderweitig fruchtbar: Ende dieser Woche eröffnet er in der Berliner Galerie Judin eine Schau mit eigenen Werken. Sie trägt den Titel „Walpurgisnacht“.

    Im Sommer 2018 bei denFestspielen von Glyndebourne

    Im Sommer wartet auf Philipp Fürhofer wieder die Theaterarbeit; dann betreut er die Ausstattung einer „Carmen“-Inszenierung in Bern und die Ausstattung von „Pelleas et Mélisande“ in Glyndebourne. Und im Winter wird die von ihm in Amsterdam bebilderte „Pique Dame“-Inszenierung in den Londoner Covent Garden übernommen – auch da wird es einiges zu tun geben. „Verrückt viel gerade“, sagt Fürhofer und lächelt verhalten. Dafür sei er aber die vergangenen zwei Jahre vorwiegend im Atelier gewesen, eben um die Projekte vorzubereiten. „Ich verbringe sehr viel Zeit mit den Vorüberlegungen“. Viele Projekte lehne er deshalb ab, weil der Vorlauf nicht ausreichend sei. „Ich will schließlich seriös sein“, schiebt er nach. Auch künftig will er vielseitig in der Kunst unterwegs sein. „Noch gibt es immer etwas Neues für mich. Ich wiederhole mich noch nicht.“

    Ausstellung „Du bist Faust“ in der Kunsthalle München vom 23. Februar bis 29. Juli

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