
Räuber sprengen Bankautomaten ohne Rücksicht auf Verluste

Plus Innerhalb weniger Monate werden in Sontheim, Stetten und Erkheim Geldautomaten gesprengt. Gefährdete Standorte werden nachts geschlossen – oder auch dauerhaft.

Am Donnerstag hat es die Sparkasse in Erkheim erwischt, wenige Wochen zuvor die Genossenschaftsbank in Stetten: Unbekannte haben dort die Geldautomaten gesprengt. Anton Jall, Vorstand der Genossenschaftsbank Unterallgäu, erklärt, wie es dort nun weitergeht – und an anderen Standorten der Bank.
Als die Täter den Geldautomat in Stetten sprengten, war die Wucht der Explosion so groß, dass die Eingangstür des Gebäudes 30 Meter weit geschleudert wurde. Eine Zwischenwand fehlt, die kaputten Fenster wurden mit Spanplatten verschlossen. „Das Erdgeschoss ist quasi dem Erdboden gleichgemacht“, sagt Anton Jall. Die Polizei beziffert allein den Sachschaden am Haus und dem Automaten auf mehr als 150.000 Euro.
Wenn das neue Bürgerhaus wie geplant Mitte des Jahres fertig wird, können die Stettener dort wieder Geld abheben
Saniert werden wird das Gebäude, in dem die Genossenschaftsbank nur Mieter war, aber nicht mehr. Denn bereits bei der Planung des neuen Stettener Bürgerhauses war vorgesehen, dort künftig auch den Geldautomaten der Genossenschaftsbank unterzubringen – nun aber mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen, wie Jall betont.
Wie er erklärt, handelte es sich um eine reine Selbstbedienungsfiliale, sodass von der momentanen Schließung keine Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen betroffen sind. Bis der neue Automat im Bürgerhaus voraussichtlich Mitte des Jahres zur Verfügung steht, können sich die Stettener Kundinnen und Kunden weiterhin am Geldautomat der Sparkasse vor Ort mit Bargeld versorgen. „Für diese Lösung sind wir der Sparkasse sehr dankbar“, sagt Jall. „Im umgekehrten Fall würden wir das genauso anbieten.“
Nachdem der Automat Anfang Dezember gesprengt worden war, hatte ihn die Polizei in aller Früh zum Tatort gebeten. „Wenn man das sieht, geht einem das schon nahe“, sagt Jall. „Das hat mich wirklich getroffen.“ Er ist nur froh, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind. Die Räume über der Bank sind nicht bewohnt.
In Stockheim können die Kunden der Genossenschaftsbank ihr Geld nun im Raiffeisen-Lagerhaus abheben
In den Filialen in Sontheim, Ettringen, Markt Wald, Stockheim und Kirchdorf sieht das jedoch anders aus. Dort grenzen die Automaten direkt an Wohnungen an. Um die Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen, werden die Automaten-Standorte nun nachts abgesperrt. Für die Bank ist das eine recht kostspielige Lösung, weil sie dafür anders als bisher Personal braucht.
Die Standorte in Stockheim und Kirchdorf wurden sicherheitshalber sogar außer Betrieb genommen. Denn sie liegen beinahe genauso günstig an der Autobahn wie Stetten oder Erkheim – was solche Standorte für Räuber besonders attraktiv macht: Sie sind schnell vor Ort und ebenso schnell wieder verschwunden.
In Stockheim können die Kundinnen und Kunden nun im Raiffeisen-Lagerhaus Geld abheben, allerdings nur zu den Öffnungszeiten und nicht mehr wie bisher rund um die Uhr.
Statt Gas in die Geldautomaten zu leiten, nutzen die Räuber zunehmend hochexplosiven festen Sprengstoff
In Kirchdorf könnte der Standort dauerhaft geschlossen bleiben. „Es wäre unverantwortlich, da wieder einen Automaten reinzustellen“, sagt Jall. „Weil die Täter gehen brachial und ohne Rücksicht auf Verluste vor. Das sind brutale Banden.“ Während die Täter früher Gas in die Automaten leiteten, um sie zu sprengen, benutzen sie nun zunehmend hochexplosiven festen Sprengstoff. Dieser verursacht deutlich größere Sachschäden und könnte so auch für Anwohner zur Gefahr werden.
Dieses Risikos war man sich bei der Genossenschaftsbank schon vor der Sprengung in Stetten bewusst. Nur wenige Tage zuvor hatten sich deshalb Vertreter der Bank mit der Kripo Memmingen und Neu-Ulm beraten, eine Gefährdungsanalyse für alle Standorte erstellt und überlegt, welche Schutzmaßnahmen sinnvoll sind.
Während die Zahl der Automatensprengungen steigt, ist die der klassischen Banküberfälle zurückgegangen
Wie das jüngste Beispiel zeigt, sind aber auch sie kein Allheilmittel: Der Automat in Erkheim war mit einer Farbpatrone ausgestattet, die das darin enthaltene Geld bei der Sprengung unbrauchbar gemacht hat. Die Standorte mit solcher Technik auszustatten ist zudem teuer. „Das ist immer eine Abwägung“, sagt Jall. Dabei geht es nicht nur um wirtschaftliche Überlegungen, sondern auch darum, ob das Mehr an Infrastruktur eine potenzielle Gefahr für die Anwohner rechtfertigt.
Zu den Tätern, die in Stetten nur eine geringe Beute machten, weil der Automat im Gegensatz zum Rest der Filiale nicht komplett zerstört wurde, gibt es laut Jall bislang keine Erkenntnisse. Man weiß nur, dass sie sehr schnell waren – um kurz vor drei Uhr kamen sie laut Videoüberwachung in die Bank, keine fünf Minuten später verließen sie sie wieder – und dass sie mit einem dunklen Auto Richtung Autobahn davongefahren sind. Einen schwachen Trost gibt es immerhin: Während die Zahl der Automatensprengungen steigt, hat die der klassischen Banküberfälle abgenommen.
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