Wenn ein Papst stirbt, blickt die Weltöffentlichkeit auf einen Mann, der vielen unbekannt sein dürfte: den Camerlengo. Im Falle des Todes von Franziskus ist das Kevin Joseph Farrell, ein im irischen Dublin geborener 77-jähriger Kardinal. Farrell ist seit 2019 Kardinalkämmerer, eben Camerlengo – oder korrekt: „Kardinal-Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche“. Damit fallen ihm bedeutende Aufgaben zu, zunächst einmal diese: Er muss den Tod des Papstes offiziell feststellen. Einst kam dazu ein Silberhämmerchen zum Einsatz, mit dem der Camerlengo auf die Stirn des Kirchenoberhaupts klopfte und fragte, ob es denn schlafe.
Das Hämmerchen ist Geschichte, die Bedeutung des Camerlengo unverändert: Er versiegelt päpstliches Arbeitszimmer wie Privatgemächer und übernimmt schließlich die Amtsgeschäfte während der Sedisvakanz, der papstlosen Zeit. Er pflegt und verwaltet dann auch „die Güter und zeitlichen Rechte des Apostolischen Stuhles“. Zudem bereitet er die Beisetzung vor und organisiert die Papst-Wahl – das Konklave. Währenddessen wird Farrell darauf achten, dass nichts nach außen dringt. Er wird die Geheimhaltung besonders in der Sixtinischen Kapelle, dem Ort der Wahl, garantieren.

Camerlengo im Vatikan: Diese Bedeutung hat der Kardinalkämmerer
In den vergangenen Jahren betraute Franziskus Farrell mit immer weiteren wichtigen Aufgaben. 2016 hatte er ihn aus den USA, wo er Bischof von Dallas war, nach Rom geholt – als Präfekten des damals neuen Dikasteriums, eine vatikanische Behörde, für Laien, Familie und Leben. Seitdem machte der Geistliche Karriere an der Römischen Kurie, dem mächtigen Verwaltungsapparat. Erst im November vertraute Franziskus ihm den vatikanischen Pensionsfonds an, der dringend reformiert gehöre. Dies erfordere schwierige Entscheidungen und eine „besondere Sensibilität“ und „Opferbereitschaft“, so der Papst.
Farrell war, könnte man sagen, der Mann von Franziskus für die heiklen, mitunter skandalbehafteten (Finanz-)Fälle, von denen es im Vatikan genug gab. Und so wuchs dem Geistlichen, über den Radio Vatikan einmal schrieb, er verbinde eine konservative Haltung mit Weltläufigkeit, eine beachtliche Machtfülle zu – von der Finanzkontrolle bis zur Rechtsprechung, denn Präsident des obersten Gerichts des Vatikanstaates ist Farrell seit 2024 ebenfalls.

Von Skandalen blieb er selbst nicht unberührt: Dass er zum Beispiel von den Vergehen des wegen Missbrauchs aus dem Klerikerstand entlassenen früheren Washingtoner Erzbischofs Theodore McCarrick gewusst habe, wies er stets zurück. Farrell hatte – als Weihbischof – zusammen mit diesem in der erzbischöflichen Residenz gewohnt. Ebenfalls will er, als ehemaliges Mitglied der Legionäre Christi, nichts von den Taten des Ordensgründers Marcial Maciel gewusst haben. Der soll nach Angaben des Ordens mindestens 60 Minderjährige sexuell missbraucht haben. Wegen „Meinungsverschiedenheiten“ hatte Farrell, wie es hieß, 1984 den Orden wieder verlassen.
Kann der Camerlengo nach Franziskus Tod Papst werden?
Kevin Farrells Vorgänger als Camerlengo, der 2018 gestorbene Jean-Louis Kardinal Tauran, wurde weltbekannt, als er – noch in seiner Funktion als Kardinalprotodiakon – am 13. März 2013 auf dem Balkon des Petersdoms verkündete: „Habemus Papam“. Danach betrat der Argentinier Jorge Mario Bergoglio die Weltbühne, als Papst Franziskus.
Im Falle von Farrell, dessen etwas älterer Bruder Brian ebenfalls Bischof an der Römischen Kurie wurde, spekulierte ein US-Medium bereits, er könnte sich unter den Favoriten für die Nachfolge von Franziskus befinden. Sein Name wurde in den vergangenen Jahren allerdings im Grunde kaum genannt, ging es um die „Papabili“, die Kardinäle, die für das Papstamt als geeignet betrachtet werden. Zumindest in katholisch-konservativen Kreisen gilt er als zu enger Franziskus-Vertrauter. Zudem dürfte er aufgrund der einstigen Nähe zu McCarrick und Marcial Maciel wenig Chancen auf die Franziskus-Nachfolge haben.
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