Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Euro-Gemeinschaft: Um Europa zu stützen: Deutschland muss Italien helfen

Euro-Gemeinschaft

Um Europa zu stützen: Deutschland muss Italien helfen

Stefan Stahl
    • |
    Wenn Italien wirtschaftlich abrutscht, hätte das auch für Deutschland immense Folgen.
    Wenn Italien wirtschaftlich abrutscht, hätte das auch für Deutschland immense Folgen. Foto: Marijan Murat, dpa

    Für manchen mag es unerträglich sein, angesichts der aktuellen Mega-Krise über die nächste nachzudenken. Doch das ist alternativlos, wie es Angela Merkel nennt. Das Adjektiv „alternativlos“ gebrauchte die Kanzlerin am 19. Mai 2010 im Bundestag. Damals sagte sie zu den Bemühungen, die wackelnde Eurogemeinschaft zu stabilisieren: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“ Diese sicher nicht von der Hand zu weisende Einschätzung ließe sich passend zur Sitzung der Eurogruppe so ergänzen: Scheitert Italien, scheitert der Euro und damit Europa.

    Daher muss Europa mit Deutschland und Frankreich auf den Vordersitzen alles daransetzen, dass die nächste Krise nach der Corona-Krise nicht ein Euro-Schuldendesaster wird, mit Italien als Ausgangspunkt. Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der selbst für den Internationalen Währungsfonds Modelle zur Krisenvorhersage entwickelt hat, warnt zwar vor solchen Prognosen.

    Mario Draghi spricht vor der Vereidigung als neuer Ministerpräsident Italiens mit Journalisten.
    Mario Draghi spricht vor der Vereidigung als neuer Ministerpräsident Italiens mit Journalisten. Foto: Alessandro Di Meo/Pool Ansa/ Lap/LaPresse via ZUMA Press/dpa

    Die Wahrscheinlichkeit, dass das nächste Finanzbeben von Italien ausgeht, ist aber durchaus gegeben. Das lehrt schon der Blick auf volkswirtschaftliche Kennziffern der hinter Deutschland und Frankreich drittgrößten Wirtschaftsmacht der Eurozone: So sitzt das Land auf einem gigantischen Schuldenberg von 2,7 Billionen Euro. Und der Monte Pumpo, wie man ihn flapsig nennen könnte, wächst in Corona-Zeiten weiter.

    Euro: Italien bräuchte nach der Corona-Krise eine wirtschaftliche Radikalkur

    Das Bruttoinlandsprodukt ist in Italien als einem besonders durch die Pandemie gebeutelten Land im vergangenen Jahr um 8,8 Prozent eingebrochen, während es in Deutschland 5,0 Prozent waren. Dabei liegt die Jugendarbeitslosigkeit in dem südeuropäischen Staat bei katastrophalen rund 30 Prozent und die Industrieproduktion um 19 Prozent unter dem Wert, als der Euro eingeführt wurde.

    Weil auch noch die italienischen Banken instabil sind, bleibt nur eine Diagnose: Der neue italienische Chefarzt Mario Draghi kommt nicht umhin, dem Land eine Radikalkur zu verordnen, um nach Corona die Wirtschaftskraft deutlich aufzupäppeln. Damit müsste er die ökonomischen Selbstheilungskräfte aktivieren, etwa indem der verkrustete Arbeitsmarkt aufgebrochen wird, die ineffiziente Verwaltung eine Frischzellenkur erfährt und zumindest ein Plan aufgelegt wird, wie der Monte Pumpo unter die Zwei-Billionen-Grenze gedrückt wird.

    Die Wirtschaft nach Corona: Griechenland ist nicht das Haupt-Europroblem

    All diese alternativlosen Schritte wären auch im heimischen Interesse. Denn Italien und Deutschland bilden eine ökonomische Schicksalsgemeinschaft, sind wir doch für das Land bei weitem der wichtigste Handelspartner und Italien rangiert für uns hier auf Platz fünf. Deutschland ist also zur Solidarität mit Italien verdammt.

    Denn viele Unternehmen beider Länder, etwa aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau, sind innig verbunden. Umso ernster wiegt es, dass Italien für 21 Prozent der Gesamtverschuldung der EU-Staaten steht, während das bei Griechenland nur 2,8 Prozent ausmacht. Das maßgebliche Euro-Problem liegt nicht in Athen, sondern in Rom. Dort trägt mit „Super-Mario“ ein Mann die Verantwortung, der keine finanziellen Hemmungen kennt, um ein System abzusichern. Als Chef der Europäischen Zentralbank hat er exzessiv Staatsanleihen kaufen lassen, damit unbelehrbare Haushaltssünder wie sein Heimatland weiter munter den Monte Pumpo nach oben schichten können.

    Draghi ist kein Reformer, sondern ein Stabilisierer – und das um jeden Preis. Er wird seinem Land wie zuvor der Eurozone Zeit erkaufen. Das ist besser als nichts, löst aber kaum das zentrale Problem des Staates. Es sollte einen stutzig machen, wenn ausgerechnet Ober-populist Silvio Berlusconi Draghi laut feiert: „Er hat den Euro gerettet, er wird auch Italien retten.“

    Das könnte Sie auch interessieren:

    Italien stoppt geplante Öffnung der Skigebiete

    Italiens neue Regierung: Plötzlich hatte es Mario Draghi eilig

    Warum Mario Draghis Mission in Italien so heikel ist

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden