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Foto: Friso Gentsch/dpa
Foto: Friso Gentsch/dpa

"Natürlich ist eine FFP2-Maske deutlich sicherer als ein Mund-Nasen-Schutz, der oft auch nur sehr locker getragen wird", sagt der Virologe Alexander Kekulé.

Corona-Pandemie
13.01.2021

Reaktionen auf die FFP2-Maskenpflicht: "Die Lage kann sich sogar verschlechtern"

In Bayern muss beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr bald eine FFP2-Maske getragen werden. Das sagen Experten zur neuen Corona-Maßnahme in Bayern.

Ab kommenden Montag müssen die Menschen in Bayern eine FFP2-Maske tragen, wenn sie einkaufen gehen oder den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Die bislang ergriffenen Maßnahmen zeigten noch nicht den erhofften Rückgang der Infektionszahl, rechtfertigte Markus Söder die neue Regelung. Außerdem verwies der Ministerpräsident auf neue Virusmutationen. „Jedenfalls glauben wir, dass wir die Sicherheit gerade im ÖPNV und auch im allgemeinen Geschäftsumfeld verbessern, wenn wir da mit FFP2-Masken agieren.“ Unter Experten ist die neue Regelung aber umstritten.

FFP2-Maske muss richtig angelegt werden, um wirklich gegen das Virus zu schützen

Kritik kommt von Johannes Knobloch, Leiter des Bereichs Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Im schlimmsten Fall kann sich die Lage sogar verschlechtern, weil sich die Leute geschützter fühlen und weniger vorsichtig sind."

Auch den Schutz stellt Knobloch in Frage. Denn: Eine FFP2-Maske müsse richtig angelegt werden, um wirklich gegen das Virus zu schützen. "Wenn sie nicht absolut dicht aufgesetzt wird, wirkt sie nicht besser als eine einfache Einwegmaske", so Knobloch. Wenn nur irgendwo am Gesicht eine Lücke ist, würde alle Luft entweichen. "Und mit ihr das Virus." Ein Problem ist das vor allem für Bartträger. Sie müssten sich rasieren, um zu garantieren, dass die Maske richtig am Gesicht sitzt. "Bei einer FFP2-Pflicht dürften Bartträger in Läden und öffentlichen Verkehrsmitteln also eigentlich nicht zugelassen werden."

 

Auch der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung, Christof Asbach, ist skeptisch. Und geht mit seiner Warnung sogar noch einen Schritt weiter als Knobloch. FFP2-Masken böten selbst dann keinen hundertprozentigen Schutz, wenn sie perfekt getragen würden, sagte er. Die Masken müssten den Anforderungen zufolge 94 Prozent der Partikel filtern - damit gingen immer noch 6 Prozent durch. "Man muss sich auch generell von der Vorstellung freimachen, dass es eine einzige Maßnahme gibt, die das Risiko einer Infektion auf null senkt." Wichtig sei ein Mix.

Außerdem müsste eine FFP2-Maske häufig ausgetauscht werden. Denn: Die Fasern der FFP2-Masken seien elektrisch geladen. So könne der Filtereffekt vergrößert werden, ohne den Atemwiderstand zu erhöhen. Mit der Zeit nutze sich die Ladung aber ab. Es gebe keine pauschale Angabe, wie lange das dauere. "Mit acht Stunden ist man auf der sicheren Seite", so Asbach. Manche Masken hielten sicher auch länger."

Wegen der komplizierten Benutzung fordert der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit Angebote seitens der Regierung. Zudem müsse der Zugang kostenlos sein, zum anderen brauche es Anleitungen zu richtigen Benutzung. "Ohne solche Angebote sehe ich das kritisch." Grundsätzlich begrüße er die Maßnahme aber.

Alexander Kekulé begrüßt die FFP2-Maskenpflicht

Lob kommt von Virologe Alexander Kekulé. Er hält die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen Nahverkehr und Einzelhandel grundsätzlich für sinnvoll. "Natürlich ist eine FFP2-Maske deutlich sicherer als ein Mund-Nasen-Schutz, der oft auch nur sehr locker getragen wird", sagte der Professor der Universität Halle-Wittenberg.

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Gerade in öffentlichen Verkehrsmitteln drängten sich viele Menschen auf engem Raum, sagte Kekulé. Mit einer FFP2-Maske sinke das Risiko einer Infektion deutlich. "Aber auch in so manchem kleinen Bäckerladen ist es sicher sinnvoll, gerade weil dort teilweise nicht richtig gelüftet werden kann." Risikopatienten sollten in geschlossenen Räumen mit mehreren Personen sowieso immer eine FFP2-Maske tragen. 

Zustimmung kommt auch vom bayerischen Handel. "Es ist ein logischer Schritt, denn die Fallzahlen gehen bisher nicht zurück", sagte der Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern, Bernd Ohlmann, am Dienstag. Die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske sei ein Schlüssel, dies zu ändern und "ein Türöffner, den Einzelhandel wieder zu öffnen". Dadurch werde Einkaufen sicherer. "Das ist genau das, was wir brauchen." Allerdings sieht Ohlmann die relativ kurze Zeit zwischen Ankündigung und Umsetzung kritisch. "Wir hätten uns mehr Vorlauf gewünscht", sagte er.

"FFP2-Masken sind wichtig für den Infektionsschutz, aber nicht für jedermann bezahlbar"

Kritisiert wird die FFP2-Maskenpflicht aber aus sozialpolitischer Sicht. Wenn man die Maske jeden Tag austauscht, kann das teuer werden. Für viele Menschen, die ohnehin schon unter den Folgen der Pandemie leiden, kann das zur enormen Belastung werden. "Wer eine FFP2-Maskenpflicht verordnet, muss in die Preisbildung auf dem betreffenden Markt eingreifen", schreibt der Pfleger und SPD-Politiker Alexander Jorde auf Twitter.

"FFP2-Masken sind wichtig für den Infektionsschutz, aber nicht für jedermann bezahlbar", schreibt auch der SPD-Generalsekretär in Bayern, Uli Grötsch. "Wir brauchen dringend eine Lösung für schwächere Einkommensgruppen, mit Gutscheinen und finanziert über die Krankenkassen." Kritik kommt auch von den Grünen. Die Vorsitzende der Landtagsfraktion Katharina Schulze kritisierte, die Regierung habe die Maßnahme nicht mit den Betroffenen abgesprochen. (AZ/dpa)

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