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Kommentar: Die Hoffnung auf die Grünen war groß - zu groß?

Kommentar

Die Hoffnung auf die Grünen war groß - zu groß?

Stefan Lange
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    Grünen-Chef Robert Habeck.
    Grünen-Chef Robert Habeck. Foto: Annette Riedl, dpa

    Ein richtig großes Geburtstagsgeschenk ist es nicht, das die Grünen in Sachsen und Brandenburg ihrem Bundesvorsitzenden Robert Habeck gemacht haben. Die ehemalige Öko-Partei legte zwar am Wahlsonntag in beiden Bundesländern zu, blieb aber hinter den Erwartungen zurück, die zuvor von den Umfragen genährt worden waren. Zu Habecks 50. Geburtstag am Montag musste die ganz große Torte also im Kühlschrank bleiben.

    Zum Feiern haben die Grünen auch gar keine Zeit. Schließlich basteln sie an ihrem großen Durchbruch, in Grünen-Kreisen wird schon die Frage nach einem eigenen Kanzlerkandidaten oder einer eigenen Kanzlerkandidatin gestellt. Da sind Ergebnisse wie die knapp elf Prozent in Brandenburg sowie die knapp neun Prozent in Sachsen wenig förderlich. Beides sind respektable Resultate, keine Frage. Aber zur Einordung: Bei der Landtagswahl in Bayern schafften die Grünen 17,5 Prozent. In Hessen konnten sie ihr Ergebnis auf knapp 20 Prozent nahezu verdoppeln. Dagegen machen sich Zahlen im Osten vergleichsweise mager aus. Man muss aber auch den Osten gewinnen, um im Bund erfolgreich zu sein.

    Wie gut werden die Grünen in Thüringen abschneiden?

    Geburtstagskind Habeck sprach am Montag in seiner Wahlanalyse von „Leihstimmen“, mit deren Hilfe CDU und SPD gewählt worden seien. Auswirkungen auf die Große Koalition sah Habeck nicht. „Das wird auf Unentschieden hinauslaufen und gar nichts passiert, die Große Koalition wurstelt sich weiter durch“, sagte er, und das ist ein ganz schwaches, vielfach gehörtes Statement von einer Partei, die Großes vorhat und die Wahlen in Sachsen und Brandenburg nutzen könnte, um den Bundesparteien von SPD und Union Dampf zu machen.

    Die Grünen machen derzeit aber weder in Berlin Druck noch nutzen sie die Chance, sich bei den Wählerinnen und Wähler in Thüringen stärker ins Bewusstsein zu bringen, wo am 27. Oktober gewählt wird. Auch da sieht es für die Grünen den Umfragen zufolge gar nicht schlecht, aber eben auch nicht überbordend gut aus.

    Dieser mangelnde Enthusiasmus bei den Grünen ist ebenso bedauerlich wie bedenklich. Denn sie sind es, denen im demokratischen Spektrum der Bundestagsparteien die in Zukunft tragende Rolle zukommt. Sie sind mindestens die Königsmacher, womöglich sogar die Thronfolger.

    Linke und FDP taugen nicht für stabile Bündnisse

    Die Linke fällt für größere Aufgaben in der Bundespolitik offenbar aus. Sie kann zumindest derzeit nicht einmal im Osten punkten und muss jetzt fieberhaft nach einer Begründung suchen, warum man sie in der Fläche wählen soll. Für die FDP gilt Ähnliches. Die Liberalen haben es in Sachsen und Brandenburg nicht über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft. Das strahlt fatal auf die Bundespolitik ab, in der sich die FDP so ganz weit entfernt von dieser Hürde gerade auch nicht bewegt. Beide Parteien taugen also im Moment nicht für stabile Regierungsbündnisse.

    Es bleibt die grüne Bundespartei. Die will oder kann aus Angst vor der eigenen Courage ihr offensichtliches Potenzial derzeit aber nicht ausschöpfen. Vor allem macht sie es wie Union und SPD und liefert keine Antwort auf die Herausforderung AfD.

    Die Alternative für Deutschland wiederum wird dadurch, bei gleichzeitig sehr schwachen Sozial- und sehr schwächelnden Christdemokraten, immer stärker. Sie verspottet jetzt schon unverhohlen die „fragilen Regierungsbündnisse“ in Sachsen und Brandenburg und reklamiert für sich, „Volkspartei“ zu sein. Das wird all diejenigen in den sogenannten etablierten Parteien beflügeln, die Koalitionen mit der AfD nicht abgeneigt sind. Deren Zahl ist im Moment noch überschaubar. Sie wird aber größer werden, wenn CDU und SPD in Zukunft nur noch unter größten Schwierigkeiten Koalitionen bilden können, die dann womöglich nicht einmal lange halten. Wenn die Grünen nicht kämpfen und stärker werden, wird die AfD in dieses Vakuum vorstoßen.

    Lesen Sie dazu auch: Das sind die fünf Lehren aus den Wahlen im Osten

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