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Frankreich: "En Marche!" auf dem Weg zur Partei

Frankreich

"En Marche!" auf dem Weg zur Partei

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    Entschlossener Blick auf eine schwierige Zukunft: Emmanuel Macron.
    Entschlossener Blick auf eine schwierige Zukunft: Emmanuel Macron. Foto: Damien Meyer, afp

    428 Namen stehen bereits auf der Liste der Bewerber, die bei den französischen Parlamentswahlen im Juni für „La République en Marche!“ („Die Republik in Bewegung“) antreten – doch jener von Manuel Valls gehört nicht dazu. Zwar hatte der Ex-Premierminister unter François Hollande angekündigt, für die Partei des neu gewählten Präsidenten Emmanuel Macron kandidieren zu wollen. Doch während die Sozialisten Valls als „Opportunisten“ brandmarkten, ließ „En Marche!“ wissen, dass der 54-Jährige nicht alle Kriterien erfüllt: Denn er habe bereits drei Legislaturperioden hinter sich und damit zu viele für ein weiteres Mandat.

    Macron möchte Novizen eine Chance geben

    Um eine „Erniedrigung“ von Valls, der als Regierungschef durchaus Meinungsverschiedenheiten mit dem einstigen Wirtschaftsminister Macron hatte, gehe es keinesfalls, sagte der Generalsekretär der jungen Partei, Richard Ferrand, bei der Vorstellung der Kandidatenliste. Deshalb werde man in dem von Valls anvisierten Wahlkreis niemanden aufstellen, um eine Konkurrenzsituation zu vermeiden.

    Macron erhofft sich im Abgeordnetenhaus eine eigene Mehrheit, um seine Reformprojekte umsetzen zu können. Aktuellen Umfragen zufolge stehen die Chancen dafür gar nicht schlecht. Gelingt dies nicht, stünde eine Kohabitation an – also die Zusammenarbeit mit der Partei, die die meisten Sitze in der Nationalversammlung erzielt.

    Was Macron als Präsident plant

    Europa Macron strebt an, die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland zu reformieren. Die Eurozone mit 19 Ländern soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen. Diese Pläne sind zwar alles andere als neu, wurden aber bisher nicht in die Tat umgesetzt.

    Einwanderung Er will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.

    Sicherheit Macron will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu bündeln.

    Verteidigung Der Mitte-Links-Politiker steht zur Nato. Er will die Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent der Wirtschaftskraft steigern.

    Atomkraft Macron steht zum Ziel, den Atomanteil am Strommix bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zu senken, und zur Schließung von Fessenheim.

    Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, das Arbeitsrecht lockern, 120 000 Stellen im öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen.

    Von den ausgewählten Bewerbern sind 214 weiblich und 214 männlich. Zwar hat der junge Präsident versichert, auch mit bisherigen Mitgliedern der Republikaner und Sozialisten zusammenzuarbeiten, möchte aber in erster Linie Novizen eine Chance geben. 52 Prozent der Kandidaten haben sich Richard Ferrand zufolge noch nie in der Politik engagiert. „Es handelt sich um die definitive Rückkehr der Bürger ins Herz unserer Republik“, erklärte Ferrand. Die bereits erfahrenen Kandidaten stammten aus verschiedenen politischen Strömungen. Auch 24 bisherige sozialistische Abgeordnete seien darunter, aber keine Konservativen. Allerdings bleibe diesen weiter die Chance einer Bewerbung bis kommenden Mittwoch, um die noch ausstehenden Posten zu besetzen, damit „En Marche!“ in allen 577 französischen Wahlkreisen – abgesehen von Valls’ Bezirk – Kandidaten aufstellen kann. „Unsere Bewegung läuft auf zwei Beinen: eines ist der Zusammenschluss und eines die Erneuerung“, erklärte Ferrand.

    Kann "En Marche" Frankreich neue Impulse verleihen?

    In seine Regierung, die er nach der offiziellen Amtsübergabe an diesem Sonntag vorstellt, will Macron neben erfahrenen Politikern ebenfalls Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft berufen. Schließlich wurde er gewählt, weil er einen Neuanfang versprochen hatte. Dafür steht Valls nicht, der als allzu sehr verquickt mit dem alten, gerade abgewählten System gilt.

    Ferrand gab sich am Donnerstag Mühe, die Aufmerksamkeit weg von den bekannten Namen und hin zu den innovativen Punkten zu lenken: „Noch nie hat eine politische Bewegung, die gerade einmal 13 Monate alt ist, den Mut aufgebracht, sich zu mehr als der Hälfte auf Bürger ohne politische Vorgeschichte zu stützen.“ Zu den mehr als 15000 eingegangenen Bewerbungen seien seit Macrons Wahl am Sonntag 1600 weitere hinzugekommen. Das Durchschnittsalter der Kandidaten liege bei 46 – bei den aktuellen Abgeordneten beträgt es über 60 Jahre.

    Fünf Kriterien hat die Auswahlkommission für die Kandidatensuche aufgestellt: Erneuerung, Parität der Geschlechter, Rechtschaffenheit, politischer Pluralismus und Zusammenhalt. Offenbar will Macron nicht die bittere Erfahrung seines Vorgängers Hollande machen, der zwar über eine sozialistische Mehrheit in der Nationalversammlung verfügte, aber bei der Umsetzung von Gesetzen mitunter von eigenen Parteifreunden blockiert wurde.

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