Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Große Koalition: Was hat Seehofer mit seinem Superministerium vor?

Große Koalition

Was hat Seehofer mit seinem Superministerium vor?

    • |
    Abgang von der bayerischen Bühne: Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist auf dem Sprung nach Berlin.
    Abgang von der bayerischen Bühne: Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist auf dem Sprung nach Berlin. Foto: Sven Hoppe (dpa)

    Peter Ramsauer erinnert sich noch gut. Als er Verkehrsminister war, fiel das Bauen noch in sein Ressort. Dann wurde 2013 Alexander Dobrindt sein Nachfolger – und musste den Bau an Barbara Hendricks abgeben, die neue Umweltministerin. "Das ist in etwa so", sagt Ramsauer im Gespräch mit unserer Redaktion, "als würden Sie einen Brandstifter in der Feuerleitstelle unterbringen." Ein Widerspruch in sich sei diese Kombination von Zuständigkeiten im Umweltressort: "Ein Teil des Ministeriums will bauen, der andere schützt Käfer."

    So gesehen ist es in Ramsauers Augen nur vernünftig, dass Horst Seehofer sich als Innenminister auch noch um das Bauen kümmern will: "Damit würde einer der schlimmsten Fehler der letzten Legislaturperiode korrigiert." Wie genau das Ministerium erweitert sein soll, in dem der CSU-Chef auch noch die Zuständigkeit für das Thema Heimat ansiedelt, ist zwar noch nicht ganz klar – Seehofer aber hat von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass ihn der neue Zuschnitt reizt, auch wenn er zuletzt damit kokettierte, das mit ihm und Berlin sei ja alles noch nicht ganz sicher. "Das ist nochmal eine Mission, und die motiviert mich", sagte er, als der Koalitionsvertrag ausgehandelt war. Am Donnerstagabend dann die Bestätigung Seehofers, er werde "definitiv" als Bundesinnenminister nach Berlin wechseln. Vorher hatten sich Union und SPD auf den Zuschnitt des Ministeriums geeinigt.

    Umorganisationen sorgen immer für Unruhe im Apparat

    Dass Ministerien um-, aus- und wieder zurück gebaut werden, ist nicht ungewöhnlich. Als Helmut Schmidt 1972 Finanzminister wurde, erhielt er aus dem Wirtschaftsministerium die Geld- und Kreditabteilung. 1998 entriss der neue Finanzminister Oskar Lafontaine dem Wirtschaftsressort die Europa- und die Grundsatzabteilung, die unter anderem die Konjunkturprognosen der Regierung erarbeitet.

    Vier Jahre später legte Bundeskanzler Gerhard Schröder das Wirtschafts- mit dem Arbeitsministerium zusammen, vertraute es Wolfgang Clement an und schuf so die Voraussetzungen für die Reformen der Agenda 2010. Als Angela Merkel dann Kanzlerin wurde, war es der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber, der das Wirtschaftsministerium mit etlichen Abteilungen aus dem Finanz-, dem Forschungs- und dem Verbraucherministerium zu seinem ganz persönlichen Superministerium aufwerten wollte, um am Ende dann doch lieber in München zu bleiben.

    Solche Umbauten sind selten von Dauer

    Das Heimatministerium: von Bayern in den Bund

    Die Idee, ein Bundesheimatministerium zu errichten, ist nicht neu. Dafür sprachen sich auch die Vorsitzenden der Unionsfraktionen in Bund und Ländern Anfang 2017 bei ihrer Konferenz aus, damals noch als Anhängsel des Bundesagrarministeriums.

    Nun soll sich das von der CSU verwaltete Bundesinnenministerium auch um den Bereich Heimat kümmern. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung noch offen ist, dürfte der aller Voraussicht nach künftige Chef des Hauses, CSU-Chef Horst Seehofer, aber schon sehr konkrete Ideen aus seiner Heimat mit nach Berlin bringen.

    In Bayern gibt es seit 2014 ein Heimatministerium– als Anhängsel des Finanzministeriums. Wie im Freistaat dürfte auch im Bund die Entwicklung des Landes im Zentrum der Aufgaben stehen, die in Bayern in einer Heimatstrategie zusammengefasst sind. Dazu zählt nicht nur das Ziel von gleichwertigen Lebensverhältnissen.

    Da im Bund der Zukunftsbereich digitale Infrastruktur, also etwa der Ausbau des schnellen Internets, künftig wie bisher im Verkehrsministerium angesiedelt werden soll, gibt es aber schon jetzt einen markanten Unterschied zum bayerischen Heimatministerium. Dieses sieht hierin ebenfalls einen wichtigen Aufgabenschwerpunkt.

    Auf Bundesebene dürfte sich das Heimatministerium daher primär um die Revitalisierung strukturschwacher Räume kümmern und dazu immer wieder verschiedene weitere Ministerien mit in die Pflicht nehmen, etwa beim Internetausbau, bei Finanzhilfen, Strategien gegen den demografischen Wandel oder Behördenverlagerungen.

    Ein Heimatministerium gibt es seit 2017 auch in Nordrhein-Westfalen. Die schwarz-gelbe Regierung schuf es, um die Interessen des ländlichen Raums zu vertreten. (dpa)

    Von Dauer sind solche Umbauten selten. Die Grundsatzabteilung etwa gab Schröder dem Wirtschaftsministerium bald wieder zurück, Clements Riesenreich teilte Angela Merkel wieder in zwei Häuser auf – und dem Wirtschaftsministerium selbst ist von den vielen Umorganisationen nur die Zuständigkeit für die Energie geblieben, die Sigmar Gabriel sich 2013 gesichert hatte und die der designierte Minister Peter Altmaier behalten wird. Gemeinsam ist all diesen Operationen, dass neu zusammengebaute Ministerien Monate benötigen, bis sie wieder in der gewohnten Routine arbeiten, weil Umorganisationen immer Unruhe im Apparat schaffen.

    Dass Seehofer Minister für Inneres, Bauen und Heimat werden soll, folgt zumindest aus Sicht seiner Partei einer gewissen inneren Logik. Ist in Bayern nicht auch das Innenministerium für den Bau zuständig? Etwas komplizierter wird es mit der Heimat. Geht es da um den ländlichen Raum, um das lahme Internet und die Versorgung mit Ärzten? Oder versteht Seehofer das Heimatministerium als Bollwerk gegen Zuwanderung und Überfremdung, eine Art Ministerium für Leitkultur? Der CSU-Chef selbst bleibt bisher noch sehr im Allgemeinen, spricht nur vage vom drohenden Ausbluten der ländlichen Räume, und von gleichwertigen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland.

    Thomas de Maiziere hat Zweifel an den Plänen

    Horst Seehofer (CSU) will als Superminister in das neue Kabinett Merkel wechseln.
    Horst Seehofer (CSU) will als Superminister in das neue Kabinett Merkel wechseln. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Thomas de Maiziere, der das Innenministerium für ihn räumen muss, hat allerdings seine Zweifel, ob das alles so funktioniert, wie der Kollege Seehofer sich das vorstellt. Mit seinen 1500 Beamten sei das Innenministerium schon jetzt "extrem groß", warnt er. "Ich jedenfalls hätte mir diese Breite des Ressorts, wie die CSU sie anstrebt, nicht zugetraut." Dem Vernehmen nach will Seehofer mehr als 100 Beamte aus anderen Ministerien abziehen und einen zusätzlichen Staatssekretär an der Spitze des Hauses installieren.

    Parteifreund Ramsauer sieht darin kein Problem. "Alles eine Frage der Organisation. Mein Ministerium hatte damals 64 untergeordnete Behörden mit 27.000 Leuten. Das kann man schon managen." Außerdem bleibe Seehofer in Berlin ja auch einiges ersparte: "Ihm wirft dann keine Landtagsfraktion mehr Knüppel zwischen die Beine."

    Wir möchten wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden