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Gewaltausbruch in Homs: Kein Ende des Mordens in Syrien: Seit Mittwoch über 120 Todesopfer

Gewaltausbruch in Homs

Kein Ende des Mordens in Syrien: Seit Mittwoch über 120 Todesopfer

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    Die syrische Armee ist Menschenrechtsgruppen zufolge auch am fünften Tag in Folge mit massiver Gewalt gegen die Protesthochburg Homs vorgegangen.
    Die syrische Armee ist Menschenrechtsgruppen zufolge auch am fünften Tag in Folge mit massiver Gewalt gegen die Protesthochburg Homs vorgegangen. Foto: dpa

    Das Töten nimmt in Syrien kein Ende: Am Mittwoch wurden beim Beschuss der Stadt Homs nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabija 93 Menschen getötet, am Donnerstagmorgen waren es wieder 31 Todesopfer mehr.

    Wie kann das Blutvergießen gestoppt werden?

    Der Syrische Nationalrat wollte am Donnerstag im Golfemirat Katar beraten, wie das Blutvergießen gestoppt werden könnte. Der Übergangsrat setzt inzwischen stärker als bisher auf militärische Optionen. Unter anderem wird über die Bewaffnung von Deserteuren diskutiert. Außerdem soll in Katar nach Informationen aus Oppositionskreisen darüber abgestimmt werden, ob der Sorbonne-Professor Burhan Ghaliun weiterhin Vorsitzender des Rates sein soll.

    Unter arabischen Diplomaten wird derweil erwogen, den von mehreren Oppositionsgruppen gegründeten Nationalrat als legitime Vertretung des syrischen Volkes anzuerkennen. Über diese Frage werde am Sonntag bei einem Treffen der Arabischen Liga in Kairo diskutiert, hieß es.

    Der Generalsekretär der Liga, der Ägypter Nabil al-Arabi, hatte am Mittwoch bei den Vereinten Nationen angefragt, ob diese UN-Beobachter nach Syrien schicken könnten, die dort dann gemeinsam mit arabischen Beobachtern arbeiten könnten. Die im Dezember begonnene Beobachtermission der Liga hat bisher nicht ihr Ziel erreicht, die Angriffe des Militärs auf die Zivilbevölkerung zu beenden und die Freilassung aller politischen Gefangenen zu überwachen. Deshalb waren die Beobachter am Mittwoch von der Liga aufgefordert worden, Syrien zu verlassen. Nur ein kleiner Führungsstab wurde zurückgelassen. Für den Einsatz von UN-Beobachtern gibt es allerdings bisher kein Mandat aus Syrien.

    Bereits am Mittwoch gab es 93 Todesopfer

    Die syrische Armee ist Menschenrechtsgruppen zufolge auch am Donnerstag, dem sechsten Tag in Folge mit massiver Gewalt gegen die Protesthochburg Homs vorgegangen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bereits am Mittwoch beim Beschuss der Stadt mindestens 93 Menschen getötet. Die EU erarbeitet derzeit Notfallpläne, um bei einer Verschlimmerung der Lage in Syrien EU-Bürger außer Landes zu bringen.

    Homs wird mit schweren Waffen beschossen

    Homs werde mit schweren Waffen beschossen, erklärte die in London ansässige Beobachtungsstelle. Die Zahl der Todesopfer werde noch steigen, da viele Leichen unter den Trümmern zerstörter Häuser lägen. Unter den Opfern seien auch drei Familien, die in der Nacht von Milizen von Staatschef Baschar al-Assad ermordet worden seien.

    Ein Aktivist in der Stadt sagte der Nachrichtenagentur AFP am Telefon, seit dem Morgengrauen sei der Beschuss "sehr intensiv". Geschossen werde unter anderem mit Raketen und Mörsergranaten. Damit bereite die Armee offenbar eine Bodenoffensive vor. "Die humanitäre Situation ist grässlich und es mangelt an Essen." Ein anderer Aktivist sagte, Panzer seien von Damaskus aus auf den Weg nach Homs. "Wir fürchten ein neues Massaker."

    Syrien: Bewaffnete Terrorbanden unterwegs

    Das Staatsfernsehen berichtete, "bewaffnete Terrorbanden" hätten mit Granaten die Raffinerie von Homs beschossen. Zwei Treibstofftanks seien dabei in Brand gesetzt worden. Die syrischen Truppen gehen seit der Nacht zum Samstag mit massiver Gewalt gegen die Protestbewegung in Homs vor. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wurden alleine in jener Nacht mindestens 230 Menschen getötet. Seit Beginn der Niederschlagung der Proteste Mitte März starben Menschenrechtsgruppen zufolge mehr als 6000 Menschen.

    UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay zeigte sich in einer Erklärung "entsetzt" über die "wahllosen Angriffe auf zivile Gegenden" in Homs. Das Scheitern einer Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Gewalt in Syrien am Wochenende habe offenbar "die Bereitschaft der syrischen Regierung angeheizt, die eigene Bevölkerung zu massakrieren, um die Protestbewegung niederzuschlagen".

    Russland und China verhindern UN-Resolution

    Russland und China hatten am Wochenende mit ihrem Veto im UN-Sicherheitsrat eine Syrien-Resolution verhindert. Nach einem Besuch in Damaskus sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag, Assad habe ihm zugesichert, die Gewalt zu beenden. Der britische Regierungschef David Cameron sagte am Mittwoch, er habe nur "begrenztes Vertrauen" in die Ergebnisse dieses Treffen.

    Syrien: Das ist die Opposition

    Die beiden wichtigsten syrischen Oppositionsgruppen sind der syrische Nationalrat und das Nationale Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel. Lange Zeit waren sie in grundsätzlichen Fragen zerstritten.

    Jetzt bereiten sie sich gemeinsam auf eine Zeit nach dem Sturz des Regimes vor.

    Der Nationalrat wurde im September von Oppositionsgruppen in Istanbul gegründet.

    Er hat 230 Mitglieder; die meisten leben im Exil.

    Vorsitzender ist der Sorbonne-Professor Burhan Ghaliun. Dem Gremium gehören Repräsentanten verschiedener politischer Gruppierungen an.

    Darunter sind die in Syrien verbotene Muslimbruderschaft, die sogenannten Revolutionskomitees und Vertreter des liberalen Lagers. Auch Kurden sind vertreten.

    Ziel ist der Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.

    Das Koordinationskomitee wurde bereits im Mai in Syrien gegründet.

    Ihm gehören vor allem linksgerichtete Gruppen an.

    Dazu kommen kurdische Parteien.

    Lange Zeit plädierten Vertreter dieses Bündnisses für einen Dialog mit der Regierung.

    Einer ihrer führenden Repräsentanten ist Haytham Manna, der in Kairo die Vereinbarung auf ein Zusammengehen der beiden Oppositionsgruppen unterzeichnet hat.

    Lawrow selbst antwortete auf die Frage eines Journalisten, ob er Assad bei dem Treffen zum Rücktritt aufgefordert habe, ausweichend: Die Syrer allein müssten über das Schicksal ihres Präsidenten entscheiden. Zugleich kritisierte er die Entscheidung mehrerer Staaten, ihre Botschafter aus Damaskus abzuziehen, als "unlogisch". Auch Regierungschef Wladimir Putin sagte laut der Nachrichtenagentur Interfax, die Syrer müssten selbst entscheiden. "Natürlich müssen wir die Gewalt von allen Seiten verurteilen, wir dürfen uns aber nicht aufführen wie ein Elefant im Porzellanladen."

    Syrien: Internationale Konferenz geplant

    Nach Angaben eines EU-Diplomaten werden derzeit die EU-Vertretungen in Jordanien und im Libanon verstärkt, um sich im Ernstfall um "einige tausend" in Syrien lebende Europäer zu kümmern. Die Türkei plant nach Worten von Außenminister Ahmet Davutoglu in Kürze eine internationale Konferenz zum Konflikt in Syrien. (afp, AZ)

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