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Impfpflicht: Hintertür öffnet sich weiter

Kommentar

Die Impfpflicht-Hintertür öffnet sich weiter

Stefan Lange
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    Ist die neue Regelung eine Impfpflicht durch die Hintertür?
    Ist die neue Regelung eine Impfpflicht durch die Hintertür? Foto: Dinendra Haria, SOPA Images via ZUMA Press Wire, dpa

    Im Herbst, so hatten die Regierenden im Sommer verlauten lassen, werde man so viele Geimpfte und Genesene haben, dass die Herdenimmunität erreicht und die Pandemie weitestgehend überwunden sei. Die Prognosen haben sich in Luft aufgelöst und jetzt steigt die Wut derer, die sich haben impfen lassen auf die, die es nicht taten. Die Ungeimpften, so der gängige Vorwurf, blockieren mit ihrer Sturheit den Weg in die Freiheit.

    Ungeimpfte sollen bald keinen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfälle mehr haben

    Für die Politik ist guter Rat teuer, sie reagiert allerdings teilweise ziemlich billig. Da eine Impfpflicht aus politischen wie juristischen Gründen nicht umsetzbar ist, wird jetzt sukzessive der Druck auf Ungeimpfte erhöht. Die gesellschaftliche Teilhabe wurde ihnen schon erschwert, jetzt geht es ans Portemonnaie: Ungeimpfte sollen bald grundsätzlich keinen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfälle mehr haben. 

    Gesundheitsminister Jens Spahn begründete das mit der Fairness gegenüber den Geimpften. „Warum sollen andere dafür zahlen, dass jemand für sich entscheidet, sich nicht impfen zu lassen?“, sagte der CDU-Politiker dem ZDF. Tja, vielleicht aus Solidarität? Schließlich zahlen auch Heerscharen von Arbeitenden für Menschen, die das nicht tun. In beiden Fällen gibt es Unwillige, Faule. Aber eben auch viele, die respektable Gründe für ihr Verhalten vorbringen können. Plus die Fälle, die aus gesundheitlichen Gründen für Impfung oder Arbeit nicht infrage kommen.  

    Ehrlich wäre ein Eingeständnis, dass die Impfkampagne am Ende ist

    Die neue Regelung ist auch deshalb falsch, weil sie ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Impfpflicht durch die Hintertür ist. Direkt bekommt man sie nicht durch und versucht es deshalb mit Tricks. Ehrlich wäre das Eingeständnis, dass die Impfkampagne am Ende ist und sich die Zahl der Geimpften kaum noch spürbar erhöhen wird. Herdenimmunität kann wahrscheinlich nur noch durch Ansteckung mit dem Virus erreicht werden. Dieser Weg ist weitaus schmerzhafter als ein kleiner Piks, weil er Tod und Leid bedeutet. Mit dieser unschönen Wahrheit aber werden wir leider leben müssen. Nach der Bundestagswahl wird die Politik das auch einräumen.

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