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Österreich: HC Strache könnte die Wahl in Wien entscheiden

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HC Strache könnte die Wahl in Wien entscheiden

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    Als hätte es die Ibiza-Affäre nicht gegeben: Heinz-Christian Strache bei der Vorstellung seiner „Bürgerbewegung“ auf dem Kahlenberg hoch über den Dächern Wiens.
    Als hätte es die Ibiza-Affäre nicht gegeben: Heinz-Christian Strache bei der Vorstellung seiner „Bürgerbewegung“ auf dem Kahlenberg hoch über den Dächern Wiens. Foto: Helmut Fohringer, dpa

    Michael Ludwig ist der achte Wiener Bürgermeister seit 1945 und dürfte am kommenden Sonntag aller Voraussicht nach im Amt bestätigt werden. 75 Jahre regieren die Sozialdemokraten nun schon durchgehend in der Donaumetropole, jetzt kommen höchstwahrscheinlich fünf weitere Jahre hinzu – wenn Ludwig seine Macht auch teilen muss.

    Mit wem, das ist eine der spannendsten Fragen in diesem Wahlkampffinale und für die Tage danach. Zwei andere lauten: Welche parteiinternen Folgen hat das zu erwartende Wahldebakel bei der FPÖ? Und damit verknüpft: Schafft der Ex-Chef der FPÖ, Heinz-Christian Strache, seinerzeit Hauptdarsteller im berühmt-berüchtigten Ibiza-Video, tatsächlich seine Rückkehr auf das politische Parkett?

    Michael Ludwig ist klarer Favorit auf das Bürgermeisteramt in Wien

    Was die Roten anbelangt, gilt: Für Ludwigs Wiener SPÖ werden 40 und mehr Prozent prognostiziert. Glaubt man den Umfragen, ist ihm der klare Sieg nicht zu nehmen, das Bürgermeisteramt also weiterhin sicher. Der Nachfolger des legendären Langzeitbürgermeisters Michael Häupl und frühere Wohnbaustadtrat dürfte damit nach langen Flügelkämpfen in der Wiener SPÖ endgültig zum starken Mann in der Gesamtpartei aufsteigen und damit auch das weitere Schicksal der glücklosen SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner (mit-)bestimmen.

    Dass die frühere Gesundheitsministerin und heutige Oppositionschefin, die in Umfragen trotz Corona und dem Chaos aus der Bundesregierung nicht vom Fleck kommt und bald nach der Wien-Wahl ausgetauscht wird, ist möglich – derzeit aber nicht besonders wahrscheinlich. Denn beide mögliche Nachfolger, die Wiener Stadträte für Finanzen und Gesundheit, werden weiter in der Hauptstadt im Kampf gegen die Corona-Krise benötigt. Die hohen Infektionszahlen in Wien waren im Wahlkampf wenig verwunderlich das am stärksten strapazierte Thema. Flüchtlinge spielten dieses Mal kaum eine Rolle.

    Hans-Christian Strache kandidiert nach Ibiza-Skandal in Wien

    Halten die jüngsten Umfragen, was sie prognostizieren, kann sich Ludwig auch aussuchen, mit wem er künftig eine Koalition bildet: weiter mit den Grünen unter Birgit Hebein vom linken Parteiflügel oder erstmals mit der Volkspartei ÖVP, die auf Bundesebene mit Sebastian Kurz den Kanzler stellt. Ludwig legt sich noch nicht fest.

    Theoretisch ist auch eine absolute Mehrheit für Michael Ludwig möglich – zumindest wenn ihm sein früherer Erzrivale HC Strache unfreiwillig zur Hilfe kommt.

    Bei der zurückliegenden Wien-Wahl 2015 war die Freiheitliche Partei unter Heinz-Christian Strache noch geeint und segelte mit stramm rechten Parolen inmitten der Flüchtlingskrise auf Erfolgskurs. Die Blauen schafften vor fünf Jahren fast 31 Prozent und rückten den Roten (39 Prozent) gefährlich nahe. Strache hatte nicht nur einmal als sein Lebensziel die Eroberung des Wiener Rathauses ausgerufen. Doch dann erschien das Ibiza-Video. Es folgte Straches jäher Absturz, sein Ausschluss aus der FPÖ und nun der politische Comeback-Versuch mit seinem „Team HC“.

    Wien könnte von den Sozialdemokraten im Alleingang regiert werden

    Überspringt Strache die Fünf-Prozent-Hürde und schafft den Einzug in den Wiener Gemeinderat, sind für Ludwig nach Expertenmeinung 40, vielleicht 42 Prozent drin. Nimmt Strache die Hürde jedoch nicht, könnte auch eine rote Alleinregierung möglich werden. In den Umfragen schwankt Strache stets zwischen vier und sechs Prozent, es wird also knapp für ihn. Helfen müssten ihm seine jüngsten TV-Auftritte, denn er ist rhetorisch stark und weiß auch einen Teil der Corona-Skeptiker und -Leugner hinter sich.

    Die Aussicht auf eine Koalition der SPÖ mit der ÖVP erfreut in der österreichischen Hauptstadt kaum einen Roten, im Gegenteil. Die Kurz-ÖVP ist unter SPÖ-Anhängern nicht erst seit Corona verhasst. Und der Bundeskanzler hat ausgerechnet seinen Bundesfinanzminister Gernot Blümel als Spitzenkandidaten nach Wien entsandt, der erstens keine Gelegenheit auslässt, Wien schlechtzureden – was durchschaubar ist und selten gut ankommt – und bei dem es zweitens höchst unwahrscheinlich ist, dass er nach der Wahl die Bundespolitik verlässt und in die Niederungen der Kommunalpolitik hinabsteigt.

    Was dieses Mal völlig fehlt, ist die frühere stets zelebrierte „Schlacht um Wien“ zwischen der SPÖ und der FPÖ. Ludwig ist weit voraus, die FPÖ hingegen weit abgeschlagen. Im Ergebnis dürften die Freiheitlichen am Sonntag nicht viel mehr als zehn Prozent schaffen. Damit würde der dritte Platz an die Grünen gehen, denen nach knapp zwölf Prozent im Jahr 2015 nun 13 bis 15 Prozent zugetraut werden. Zerlegt es die Freiheitlichen tatsächlich dermaßen brutal, dann dürfte der Stuhl von Strache-Erbe und FPÖ-Bundeschef Norbert Hofer wackeln.

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