Irgendwann schließt sich jeder Kreis. Ein Jahr nach dem Tod des „Remstal-Rebellen“ Helmut Palmer im Dezember 2004 gründeten einige Weggefährten des widerborstigen Weltverbesserers den „Verein zur Pflege des Andenkens an Helmut Palmer“. Zu ihnen gehörte unter anderem Rezzo Schlauch, der Palmer auch schon als Anwalt vertreten hatte. Und zu vertreten gab es genug: Mal beleidigte Palmer senior Beamte, mal wurde er gar handgreiflich, mal warf er der Justiz vor, sie sei mit ehemaligen Nationalsozialisten durchsetzt.
Boris Palmer soll einen Ex-Profi rassistisch beleidigt haben
Nun hat Schlauch ein neues Mandat aus dem Hause Palmer übernommen – er steht Sohn Boris in einem Parteiausschlussverfahren zur Seite, das die Grünen gegen den Tübinger Oberbürgermeister angestrengt haben. Es ist eine durchaus pikante Konstellation: Einer der grünen Gründerväter in Baden-Württemberg bietet mit einem der bekanntesten Grünen Baden-Württembergs dem grünen Landesverband Baden-Württemberg Paroli. Die erste Amtshandlung Schlauchs war dabei vermutlich schon eine der schwersten: Er musste Palmer beibringen, dass er sich zum Verfahren nicht mehr zu Wort meldet, so lange dieses noch läuft. Palmer soll sich über den früheren Fußballprofi Dennis Aogo rassistisch geäußert haben, er selbst spricht von Satire.
Wie Palmer verbindet auch den 73-jährigen Schlauch ein ambivalentes Verhältnis mit seiner Partei. Der Sohn eines evangelischen Pfarrers und einer Schriftstellerin war einer der ersten Grünen, die in den achtziger Jahren schon zweistellige Wahlergebnisse einfuhren, wäre 1996 beinahe Oberbürgermeister von Stuttgart geworden und hielt Gerhard Schröder schon für den besseren Kanzler als seine Partei noch von einer Koalition mit Oskar Lfontaine an der Spitze träumte. Schlauch, der barocke Genussmensch, polarisierte nicht so sehr wie Palmer – allerdings galt auch er im grünen Biotop als schwer kontrollierbar. Unter anderem empfahl Sportwagen-Fan Schlauch der Partei, doch ihr kritisches Verhältnis zum Auto zu überdenken.
Geheiratet hat Rezzo Schlauch in Las Vegas
Nach vier Jahren als Fraktionsvorsitzender im Bundestag und drei Jahren als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium zog sich Schlauch 2005 aus der Politik zurück und schloss sich einer großen Wirtschaftskanzlei an. Zwei Jahre zuvor hatte er in Las Vegas die albanische Schauspielerin Ema Ndoja geheiratet.
In die akuelle Politik mischt er sich erst seit kurzem wieder mit einem kleinen Blog ein. In seinem ersten Beitrag setzte er sich im April auch mit der Spitze der Südwest-Grünen auseinander, die Schwarz-Grün gerne verhindert und Ministerpräsident Winfried Kretschmann lieber in einer Ampelkoalition mit SPD und FDP gesehen hätten. „Die pubertierenden Halbwüchsigen rebellieren gegen den dominanten Übervater“, frotzelte Schlauch – nicht ahnend, dass er Boris Palmer schon bald gegen eben jene pubertierenden Halbwüchsigen verteidigen würde.
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