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Gesundheitspolitik: Wie ein Minister-Trio die Pflege retten will

Gesundheitspolitik

Wie ein Minister-Trio die Pflege retten will

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    Hubertus Heil, Franziska Giffey  und Jens Spahn kommen zur Vorstellung  des Programms "Konzertierte Aktion Pflege" gegen Personalnot in der Pflege.
    Hubertus Heil, Franziska Giffey und Jens Spahn kommen zur Vorstellung des Programms "Konzertierte Aktion Pflege" gegen Personalnot in der Pflege. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Die drei Minister sind deutlich zu früh zur Pressekonferenz gekommen, den Fotografen bleibt außergewöhnlich viel Zeit dafür, Bilder zu machen. Offenbar will keiner aus dem Trio riskieren, durch einen missmutigen Blick ein passendes Bild zum bitterernsten Zustand der Großen Koalition zu liefern. So strahlt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) minutenlang. Ganz so, als hätte ihre Partei nicht eben die Europawahl, die Mehrheit in Bremen und die Vorsitzende verloren. Auch ihr Genosse, Arbeitsminister Hubertus Heil, grinst ausdauernd, wie wenn in seiner gebeutelten SPD alles in schönster Ordnung wäre. Und so herzlich, wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit den beiden Kabinettskollegen schäkert, käme niemand auf die Idee, dass die Große Koalition vielleicht ganz kurz vor dem Platzen steht.

    Giffey, Heil und Spahn wollen am Dienstagnachmittag vor allem demonstrieren, dass die Regierung handlungsfähig ist. Ihr gemeinsam erarbeitetes Maßnahmenpaket zur Reform des Pflegesektors soll das beweisen. Jens Spahn sagt: „Der Anspruch dieser Großen Koalition ist es, Dinge im Alltag der Menschen positiv zu verändern.“ Hauptproblem in der Pflege ist seit vielen Jahren die Personalnot. Und die will das Minister-Trio durch eine höhere Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen und eine attraktivere Ausbildung lindern.

    Flächendeckend höhere Löhne für Pflegekräfte geplant

    Nach rund einjährigen Beratungen, an denen auch Arbeitgeber aus dem Pflegebereich, Gewerkschaften, Krankenkassen, Wohlfahrtsverbände und Vertreter von Betroffenen beteiligt waren, plant die Bundesregierung flächendeckend höhere Löhne für Pflegekräfte.

    Noch vor der Sommerpause wolle die Bundesregierung die Grundlagen schaffen, damit Hilfs- und Fachkräfte in Ost und West künftig besser bezahlt werden können, so Arbeitsminister Hubertus Heil. Arbeitgeber der Pflegebranche und die Gewerkschaft Verdi sollten zunächst versuchen, sich auf einen Tarifvertrag zu einigen, den der Bund dann für die ganze Branche für allgemein verbindlich erklären werde. Gelinge dies nicht, soll eine Kommission wie bisher Mindestlöhne festlegen, künftig aber auch für Pflege-Fachkräfte und einheitlich in Ost und West.

    Reformiert werden soll auch die Pflegeausbildung. Familienministerin Franziska Giffey: „Wir sorgen für mehr Nachwuchs in der Pflege – ohne Schulgeld und mit fairer Ausbildungsvergütung.“ Es müsse klar werden, dass Pflege ein Zukunftsberuf ist. Es sei höchste Zeit, den Zustand zu beenden, dass Pflegeschüler teilweise noch immer Schulgebühren bezahlen müssen, künftig müsse es für alle vielmehr eine attraktive Ausbildungsvergütung geben. Laut Franziska Giffey gibt es in Deutschland etwa 3,5 Millionen Pflegebedürftige, das bedeute, dass jeder Bürger zu dem Thema „irgendeinen Bezug“ habe.

    Rund 40.000 Stellen in der Pflege sind unbesetzt

    Rund 1,6 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in der Alten- und Krankenpflege, doch Personal fehlt. Rund 40.000 Stellen sind unbesetzt. Das sorgt häufig für Überlastung und Frust beim Pflegepersonal. Deshalb will Gesundheitsminister Spahn auch die Personalschlüssel im Pflegebereich verbessern. Dadurch sollen die Pflegekräfte entlastet werden und mehr Zeit für die Betreuung der Pflegebedürftigen haben.

    Hubertus Heil versichert, dass die Verbesserungen im Pflegebereich nicht zulasten der Angehörigen gehen werden. Bei den Eigenanteilen für die Versorgung Pflegebedürftiger soll in Zukunft nur noch begrenzt auf das Geld naher Verwandter zurückgegriffen werden. Menschen mit einem Jahreseinkommen von unter 100.000 Euro sollen keinen Beitrag zum Eigenanteil der Pflege etwa der Eltern bezahlen müssen. Wie genau die Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegesituation bezahlt werden sollen, ist noch offen. „Da liegt noch ein großes Stück Arbeit vor uns, allein dafür lohnt es sich, in der GroKo weiterzumachen“, sagt Jens Spahn.

    Kritik von der Deutschen Stiftung Patientenschutz

    Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert das Maßnahmenpaket der Bundesregierung als „reine Ankündigungspolitik“. Stiftungsvorsitzender Eugen Brysch gegenüber unserer Redaktion: „Die Ergebnisse der Konzertierten Aktion Pflege sind nicht viel mehr als heiße Luft.“ Es sei nicht neu, dass der Pflegejob attraktiver und besser bezahlt werden müsse. „Aber es gibt keine klare Antwort der Minister dazu, woher zusätzliches Geld kommen soll und wie die steigenden Eigenanteile der Pflegebedürftigen begrenzt werden können“, so Brysch.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Woher soll das Geld für die Pflegereform kommen?

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