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Gesundheitspolitik: Lauterbach will Investoren ausbremsen und bekommt Kritik von Opposition

Gesundheitspolitik

Lauterbach will Investoren ausbremsen und bekommt Kritik von Opposition

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    Der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger übt erhebliche Kritik an der Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
    Der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger übt erhebliche Kritik an der Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Foto: Gregor Bauernfeind, dpa

    Gefährden Finanzinvestoren, die im großen Stil in die medizinische Versorgung einsteigen, die Gesundheit der Patienten in Deutschland? Und wie lässt sich die Entwicklung, die viele Experten als bedrohlich empfinden, wirkungsvoll aufhalten? Darüber ist in der Politik ein heftiger Streit entbrannt. Zwar hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kürzlich ein Gesetz angekündigt, das dem Profithunger der "Heuschrecken" in der Medizin Grenzen setzen soll. Der SPD-Politiker sprach von einem "fatalen Trend, dass Investoren medizinische Versorgungszentren mit unterschiedlichen Facharztpraxen aufkaufen, um sie anschließend mit maximalem Gewinn zu betreiben". Doch die Union wirft Lauterbach vor, dagegen nicht engagiert genug vorzugehen. 

    Der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: "Wieder einmal kündigt das Bundesgesundheitsministerium nur an, gesetzgeberische Maßnahmen zur weiteren Regulierung irgendwann auf den Weg bringen zu wollen." Besonders ärgert den Arzt und Bundestagsabgeordneten, dass das Ministerium sich gar nicht zuständig fühlt, auch im Bereich des Berufsrechts Gesetze zu schaffen, die Fremdinvestoren mit reinen Kapitalinteressen von Gründung und Betrieb der Versorgungszentren ausschließen würden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hervor, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Im vergangenen Sommer hatten die Gesundheitsminister der Länder ein entsprechendes Verbot gefordert. Doch in dem Schreiben aus Lauterbachs Haus heißt es nun, "es bestehen erhebliche Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für derartige Regelungen". Dies sei "nicht nachvollziehbar", so Pilsinger.

    Hilft das Berufsrecht der Ärzte?

    Im Berufsrecht liegt Pilsinger zufolge einer der wichtigsten Hebel gegen die Auswüchse. Denn gründen dürfen ein MVZ eigentlich nur Mediziner, Kommunen oder Krankenhäuser. Doch in der Praxis kaufen finanzstarke Konzerne eben eine ganze Klinik und übernehmen über diese anschließend mehrere Arztpraxen. Damit erhalten sie deren lukrative kassenärztliche Zulassung. Mit diesen "Lizenzen" wird dann ein großes Versorgungszentrum etabliert. Pilsinger verweist auf das Beispiel einer chirurgischen 15-Betten-Klinik im baden-württembergischen Waiblingen, die ein zahnärztliches MVZ am Starnberger See in Bayern gegründet habe. "Investorenbetriebene MVZ, die rein renditeorientierte Interessen haben, sind eine Gefahr für die Qualität der ärztlichen Behandlung und für die Wirtschaftlichkeit in unserem Gesundheitssystem", sagte er. 

    Kritiker warnen seit Jahren, dass es nur um Profitsteigerung geht

    Seit Jahren warnen Kritiker, dass innerhalb rein kommerzieller Strukturen nicht mehr die Ärzte das Sagen hätten, sondern scharf rechnende Betriebswirte, denen es allein um die Profitsteigerung geht. Die Folgen für Patienten könnten dann sein, dass sie etwa zu teuren, aber unnützen Eingriffen gedrängt werden. Dadurch verschärfe sich die ohnehin angespannte Finanzlage der Krankenkassen. Gefährdet sei auch die flächendeckende Versorgung. Denn die Praxiszentren versprechen in dicht besiedelten Ballungszentren deutlich größere Erlöse als im ländlichen Raum. Vertreter der Medizin-Investoren weisen die Vorwürfe zurück. 

    Die Zahl der von Aktiengesellschaften oder Investmentfirmen kontrollierten MVZ ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Auch das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Unions-Anfrage hervor. Rund 1,4 bis zwei Prozent aller Arztstellen in der ambulanten Versorgung im Bundesgebiet sind demnach inzwischen bei MVZ angesiedelt, die von Investoren betrieben werden. Die Rede ist von "überdurchschnittlichen Zuwächsen". Doch die Datenlage ist unübersichtlich. Allein in den Jahren 2018 bis 2019 hat sich in Bayern die Zahl investorenbetriebener MVZ von 54 auf 93 Praxisstandorte erhöht - eine Steigerung von 72 Prozent. Und im zahnärztlichen Bereich stieg die Zahl der investorenbetriebenen MVZ seit 2015 von elf auf 107. "Dieser Zuwachs muss die Politik aufhorchen lassen", sagte Pilsinger. 

    Patientenschützer Brysch übt Kritik an Karl Lauterbach

    Eugen Brysch von der in Dortmund sitzenden Deutschen Stiftung Patientenschutz hingegen sieht die Lage differenziert. Zwar kritisiert auch er den Bundesgesundheitsminister: „Karl Lauterbach will den Einstieg von Heuschrecken in Arztpraxen unterbinden. Doch schlecht gebrüllt, Löwe. Denn Patientinnen und Patienten ist es vollkommen egal, wer Investor eines medizinischen Angebots ist", so Brysch gegenüber unserer Redaktion. Für die Betroffenen seien nämlich ausschließlich die Öffnungszeiten, gute Erreichbarkeit und Qualität entscheidend. „Allein eine inhabergeführte Praxis ist dafür keine Garantie."

    Zudem müsse sich der Gesundheitsminister klar darüber werden, dass sich immer mehr Ärztinnen und Ärzte ein Anstellungsverhältnis in Teilzeit und mit geregeltem Arbeitsalltag wünschen. "Ein Gesetzesvorhaben muss die Praxis und nicht die Ideologie in den Blick nehmen. Sonst entstehen zusätzliche Gefahren für die Versorgungsqualität von Patientinnen und Patienten“, resümierte Brysch. 

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