Lauterbach will Investoren ausbremsen und bekommt Kritik von Opposition
Finanzinvestoren in der Medizin machen der Politik Sorgen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will sie stärker regulieren. Doch die wichtigste Medizin lässt er im Schrank, warnt die Union.
Gefährden Finanzinvestoren, die im großen Stil in die medizinische Versorgung einsteigen, die Gesundheit der Patienten in Deutschland? Und wie lässt sich die Entwicklung, die viele Experten als bedrohlich empfinden, wirkungsvoll aufhalten? Darüber ist in der Politik ein heftiger Streit entbrannt. Zwar hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kürzlich ein Gesetz angekündigt, das dem Profithunger der "Heuschrecken" in der Medizin Grenzen setzen soll. Der SPD-Politiker sprach von einem "fatalen Trend, dass Investoren medizinische Versorgungszentren mit unterschiedlichen Facharztpraxen aufkaufen, um sie anschließend mit maximalem Gewinn zu betreiben". Doch die Union wirft Lauterbach vor, dagegen nicht engagiert genug vorzugehen.
Der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: "Wieder einmal kündigt das Bundesgesundheitsministerium nur an, gesetzgeberische Maßnahmen zur weiteren Regulierung irgendwann auf den Weg bringen zu wollen." Besonders ärgert den Arzt und Bundestagsabgeordneten, dass das Ministerium sich gar nicht zuständig fühlt, auch im Bereich des Berufsrechts Gesetze zu schaffen, die Fremdinvestoren mit reinen Kapitalinteressen von Gründung und Betrieb der Versorgungszentren ausschließen würden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hervor, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Im vergangenen Sommer hatten die Gesundheitsminister der Länder ein entsprechendes Verbot gefordert. Doch in dem Schreiben aus Lauterbachs Haus heißt es nun, "es bestehen erhebliche Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für derartige Regelungen". Dies sei "nicht nachvollziehbar", so Pilsinger.
Hilft das Berufsrecht der Ärzte?
Im Berufsrecht liegt Pilsinger zufolge einer der wichtigsten Hebel gegen die Auswüchse. Denn gründen dürfen ein MVZ eigentlich nur Mediziner, Kommunen oder Krankenhäuser. Doch in der Praxis kaufen finanzstarke Konzerne eben eine ganze Klinik und übernehmen über diese anschließend mehrere Arztpraxen. Damit erhalten sie deren lukrative kassenärztliche Zulassung. Mit diesen "Lizenzen" wird dann ein großes Versorgungszentrum etabliert. Pilsinger verweist auf das Beispiel einer chirurgischen 15-Betten-Klinik im baden-württembergischen Waiblingen, die ein zahnärztliches MVZ am Starnberger See in Bayern gegründet habe. "Investorenbetriebene MVZ, die rein renditeorientierte Interessen haben, sind eine Gefahr für die Qualität der ärztlichen Behandlung und für die Wirtschaftlichkeit in unserem Gesundheitssystem", sagte er.
Kritiker warnen seit Jahren, dass es nur um Profitsteigerung geht
Seit Jahren warnen Kritiker, dass innerhalb rein kommerzieller Strukturen nicht mehr die Ärzte das Sagen hätten, sondern scharf rechnende Betriebswirte, denen es allein um die Profitsteigerung geht. Die Folgen für Patienten könnten dann sein, dass sie etwa zu teuren, aber unnützen Eingriffen gedrängt werden. Dadurch verschärfe sich die ohnehin angespannte Finanzlage der Krankenkassen. Gefährdet sei auch die flächendeckende Versorgung. Denn die Praxiszentren versprechen in dicht besiedelten Ballungszentren deutlich größere Erlöse als im ländlichen Raum. Vertreter der Medizin-Investoren weisen die Vorwürfe zurück.
Die Zahl der von Aktiengesellschaften oder Investmentfirmen kontrollierten MVZ ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Auch das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Unions-Anfrage hervor. Rund 1,4 bis zwei Prozent aller Arztstellen in der ambulanten Versorgung im Bundesgebiet sind demnach inzwischen bei MVZ angesiedelt, die von Investoren betrieben werden. Die Rede ist von "überdurchschnittlichen Zuwächsen". Doch die Datenlage ist unübersichtlich. Allein in den Jahren 2018 bis 2019 hat sich in Bayern die Zahl investorenbetriebener MVZ von 54 auf 93 Praxisstandorte erhöht - eine Steigerung von 72 Prozent. Und im zahnärztlichen Bereich stieg die Zahl der investorenbetriebenen MVZ seit 2015 von elf auf 107. "Dieser Zuwachs muss die Politik aufhorchen lassen", sagte Pilsinger.
Patientenschützer Brysch übt Kritik an Karl Lauterbach
Eugen Brysch von der in Dortmund sitzenden Deutschen Stiftung Patientenschutz hingegen sieht die Lage differenziert. Zwar kritisiert auch er den Bundesgesundheitsminister: „Karl Lauterbach will den Einstieg von Heuschrecken in Arztpraxen unterbinden. Doch schlecht gebrüllt, Löwe. Denn Patientinnen und Patienten ist es vollkommen egal, wer Investor eines medizinischen Angebots ist", so Brysch gegenüber unserer Redaktion. Für die Betroffenen seien nämlich ausschließlich die Öffnungszeiten, gute Erreichbarkeit und Qualität entscheidend. „Allein eine inhabergeführte Praxis ist dafür keine Garantie."
Zudem müsse sich der Gesundheitsminister klar darüber werden, dass sich immer mehr Ärztinnen und Ärzte ein Anstellungsverhältnis in Teilzeit und mit geregeltem Arbeitsalltag wünschen. "Ein Gesetzesvorhaben muss die Praxis und nicht die Ideologie in den Blick nehmen. Sonst entstehen zusätzliche Gefahren für die Versorgungsqualität von Patientinnen und Patienten“, resümierte Brysch.
Die Diskussion ist geschlossen.
Ob bei Ihnen auch mal ein umdenken "stattfindet"
da habe ich doch meine "berechtigten" Zweifel.
Übrigens ich schaue gerade Bayern 3 und freue mich darüber, dass die Prognosen für die CSU und Markus Söder "ausgezeichnet sind, mit dem müssen Sie sich halt leider "starrfindend" abfinden!
>>VONGUENTER KOEHLER
vor 7 Min.
Sie meinen wohl, dass bei der "starrfindenden" Landtagswahl starr an Markus Söder festgehalten wird?!
Wir werden ja sehen. Kommt Zeit - kommt Rat.<<
Ja, da haben Sie wohl recht,
kommt Zeit kommt "Rad" und wenn es nur ein Fahrrad ist, ha, ha....
Solange das nur Prognosen sind, bleibt ja noch genug Zeit, den jahrzehntealten CSU-Filz zu zerreißen!
Es gibt Menschen, die müssen nicht umdenken, die sind schon auf dem richtigen Weg. Nämlich weg vom CSU-Filz zu einer bürgerorientierten, sozialen und klimafreundlichen Politik.
...und es gibt die Menschen, die eh nicht mehr denken, da zuckt der Arm am Wahltag und das Kreuzchen wird gedankenlos bei der CSU gemacht...
Hier könnte man auch etwas über Bayern erfahren,
dass die CSU vor der heuer starrfindenden Landtagswahl, "bestimmt" keine Angst haben muss!
Einfach selber rein schauen/hören denn der Markus Söder macht nicht alles falsch, wie es @Wolfgang L. und andere "CSU-Hasser" glauben wollen. Ich habe mir die Übertragung gerade gegeben, empfehlenswert.
Es geht hier um die "Sonntags-Frage"
https://fb.watch/h_IPAzciLX/ auf facebook
>>https://fb.watch/h_IPAzciLX/
BR24live: BR24 BayernTrend – So würde Bayern wählen
BR24live: BR24 BayernTrend – So würde Bayern wählen
Die AfD legt allgemein zu und die Grünen verlieren deutlich auf ihrem Kerngebiet der Umwelt- und Klimapolitik. Wir analysieren die Ergebnisse.<<
Sie meinen wohl, dass bei der "starrfindenden" Landtagswahl starr an Markus Söder festgehalten wird?!
Wir werden ja sehen. Kommt Zeit - kommt Rat.
Es fehlt mal wieder an der Ausgewogenheit der Augsburger Zeitung. Man lässt einen Unionspolitiker schwadronieren, man zitieret Eugen Brysch mit einer sehr undifferenzierten Aussage, man hakt aber nicht nach, was Lauterbach eigentlich genau vorhat und man recherchiert nicht, wer dafür eigentlich zuständig ist. Das ist Stimmungsmache gegen Lauterbach, keine Information. Pilsinger und seine Partei hatten genügend Zeit, gegen die Investorenpraxis etwas zu unternehmen, denn das Problem ist nicht neu. Dass Lauterbach nun die Scherben aufsammelt und das heiße Eisen in die Hand nehmen will, ist richtig. Vielleicht sollte die Zeitung mal bei ihm nachhaken, was er vorhat, bevor sie auf ihm rumtrampeln lässt.
Zudem scheint es Herrn Pilsinger als niedergelassenem Arzt vor allem darum zu gehen, sich und seinen Kollegen unliebsame Konkurrenz vom Halse zu schaffen. Ich habe außerdem Zweifel, dass selbständige Ärzte per se mehr am Wohl des Patienten interessiert sind als angestellte Ärzte. Da braucht man nur an die IGeL denken, die manche Ärzte ihren Patienten geradezu aufdrängen.
Und warum wird die Aussage des Bundesgesundheitsministeriums, wonach der Bund gar nicht zuständig sei, einfach so als falsch abgetan? Es ging halt wieder mal darum, Lauterbach auf Seite 1 eine Watschn mitzugeben. Steter Tropfen höhlt den Stein und dann kann man wieder eine Civey-Umfrage beauftragen, die schlechte Umfrageergebnisse zeigt.
Mir stößt vor allem auf, dass die Zeitung hier wieder einmal "exklusiv" einen CSU-Experten zitiert, der auf Seite 1 Lauterbach vor's Schienbein treten darf, obwohl anscheinend gar nicht geklärt ist, wer zuständig ist.
Ich persönlich habe nichts gegen solche MVZ, sie sind manches mal sogar sinnvoll. Problematisch wird es halt immer erst wenn nur noch Profitmaximierung dahinter steckt. Es gibt doch mittlerweile genügend Berichte über solche Einrichtungen und Krankenhäuser in denen nur noch nach Gewinnen gestrebt wird, siehe z.B. unnötige Operationen an Knien oder Hüften. Klar das das kaufmännische auch eine Rolle spielt, aber wenn schon Chirurgen berichten das sie genötigt werden Operationen durchzuführen, auch wenn sie unnötig sind, da die Klinik noch unter dem vorgegebenen Umsatz liegt, siehe ein Beitrag vom letzten Jahr : https://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/politik/detailansicht-politik/artikel/unnoetige-ops-und-kosten.html#topPosition
Für alle, die das Problem dabei noch nicht sehen - Augen auf beim Gang zum Augenarzt: https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2022/Spekulanten-greifen-nach-Arztpraxen,arztpraxen112.html
Nachtrag zu meinem letzten Beitrag:
Aber Hauptsache man kann auf die CSU eindreschen, gelle @Wolfgang L.
>>Wenn das Bundesgesundheitsministerium nicht zuständig ist, sollte Herr Pilsinger halt mal Herrn Holletschek in Bayern Beine machen. <<
Ich selber habe absolut nichts dagegen, wenn ich in einem Ärztehaus mehrere Arztpraxen für die verschiedensten Krankheitsbereiche vorfinde, NEIN, ich begrüße das sogar sehr und da ist es mir völlig wurscht wer da dahintersteckt, eine Gesellschaft, oder ein privater Investor.
Dass mehrere Ärzte in einem Haus praktizieren, ist nicht das Problem. Das käme den Patienten selbstverständlich zugute. Wenn aber hinter diesen Praxen Investoren stehen, denen es vorwiegend um Gewinnmaximierung geht, ist dies kein Vorteil mehr für den Patienten, sondern nur noch für den Investor. Sicher finden Sie dazu etwas passendes auf t-online, denn bei Augenarztpraxen ist die Gefahr mittlerweile sehr groß, dass man zu einer OP gedrängt wird, die gar nicht nötig ist. Das kann bei anderen Fachärzten auch passieren, wenn man dem nicht entgegenwirkt.
Herr Franz, da stimme ich Ihnen zu. Jeder muß mit Gewinn arbeiten, ob selbständiger Privatarzt oder als Mitglied in einem Konsortium, das durch einen Investor finanziert wird.
Haben Sie @Wolfgang L.
den Artikel auch wirklich ganz bis zum Ende gelesen, oder wie fast immer nur die Überschrift?
>>Doch schlecht gebrüllt, Löwe. Denn Patientinnen und Patienten ist es vollkommen egal, wer Investor eines medizinischen Angebots ist", so Brysch gegenüber unserer Redaktion. Für die Betroffenen seien nämlich ausschließlich die Öffnungszeiten, gute Erreichbarkeit und Qualität entscheidend. „Allein eine inhabergeführte Praxis ist dafür keine Garantie."<<
Um das nämlich geht es den "normalen" Menschen und um nichts Anderes, was in diesem Absatz steht und das völlig zurecht.
Wenn das Bundesgesundheitsministerium nicht zuständig ist, sollte Herr Pilsinger halt mal Herrn Holletschek in Bayern Beine machen. Hier schießen die MVZ doch wie Pilze aus dem Boden, die den niedergelassenen Ärzten Konkurrenz machen. Oder geht es dem Arzt Pilsinger nur darum, die Konkurrenz zu verhindern?