
Die Hersteller haben zu spät auf E-Mobilität gesetzt. Nun hadert BMW-Chef Zipse mit dem Verbrenner-Aus. Und die Autos sind auch noch zu schwer und zu teuer.
Die deutsche Autoindustrie hat es nicht leicht. Wenigstens auf Kanzler Olaf Scholz ist Verlass. Mit Augenklappe lässt er es sich nicht nehmen, die Rolle zu erfüllen, die einem deutschen Regierungschef naturgemäß zufällt: Auch er erweist sich als Genosse der Auto-Bosse und macht auf der Leistungsshow IAA Mobility in München einen großen Bogen um die dort massiv auftretenden chinesischen Elektroauto-Anbieter.
IAA Mobility in München: Auf Distanz zu China
Räumliche Distanz zu den Herausforderern aus Fernost allein bringt nichts: Die Konzerne – allen voran die chinesische Nummer eins BYD – zeigen, dass sie die vergangenen Jahre besser für die Entwicklung strombetriebener Autos eingesetzt haben als manche europäischen Hersteller. Dass die Chinesen in ihrem Heimatland VW als Nummer eins überholt haben und der deutsche Auto-Vermieter Sixt rund 100.000 BYD-Elektroautos kaufen will, ist eine niederschmetternde Nachricht für die einst so stolze Autonation Deutschland. Immerhin zeigt die IAA: Heimische Hersteller holen elektrisch auf gegenüber Vorreitern wie Tesla und BYD und versuchen, den Mega-Fehler, zu spät auf E-Fahrzeuge gesetzt zu haben, auszubügeln.
Bei den Glättungsbemühungen unterlaufen den Autobauern neue Fehler: Der VW-Konzern etwa, der sich besonders vor der Attacke der Chinesen auf den deutschen Automarkt fürchten muss, hinkt, was die Digitalisierung betrifft, immer noch hinterher. Eine gute Software ist für ein E-Auto aber so wichtig wie Ladezeiten oder Reichweiten. Der Wagen ist mehr als ein Fortbewegungsmittel. Er wird zum digitalen Erlebnisraum.
Volkswagen steht vor schweren Zeiten
Darauf legen jüngere Kunden besonderen Wert, gerade in China. VW steht vor schweren Zeiten. Glaubt man Großaktionär Wolfgang Porsche, muss das Unternehmen kräftig sparen. Sein Appell, der Betriebsrat und Gewerkschaft aufschrecken soll, lautet: „Wir müssen die Kosten in den Griff bekommen.“ Bei Volkswagen „brennt wirklich der Dachstuhl“, wie Marken-Chef Thomas Schäfer gesagt haben soll. Konflikte zwischen der Arbeitgeberseite und dem mächtigen Betriebsrat zeichnen sich ab. Was peinlich für Volkswagen ist: Das Unternehmen bietet immer noch nicht das in Aussicht gestellte Volks-VW-Elektroauto in der Polo-Klasse für unter 25.000 Euro an.

Elektromobilität ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Thema. Statt schwerer und teurer Elektro-SUV-Panzer müssen deutsche Hersteller bezahlbare Fahrzeuge bauen, die sich auch eine Krankenschwester oder ein Altenpfleger leisten kann. Scholz hat auf der IAA diese Wunde der Autobauer zumindest gestreift. Dabei ruckelt es nicht allein bei VW. Auch im sonst so perfektionistischen BMW-Reich irritiert Konzern-Chef Oliver Zipse mit der Aussage, das Verbot, ab 2035 neue Verbrenner-Autos in Europa zu verkaufen, sei „brandgefährlich“, weil es nicht überall genügend Ladesäulen geben wird.
Es bietet sich die Möglichkeit, E-Autos für alle zu bauen
Da hilft alles Lamentieren nichts: Die Benziner- und Dieselwelt wird zum toten Pferd. Es gibt keine Chance mehr, die Klimaziele aufzuweichen, wie Renault-Chef Luca de Meo betont. Es bietet sich aber die Möglichkeit, E-Autos für alle zu bauen. Mercedes-Benz-Boss Ola Källenius will davon nichts wissen. Die Stuttgarter setzen auf Luxus und nicht mehr so sehr auf bezahlbare Einstiegsmodelle. Das ist ein großer Fehler, schließt die rein Rendite-getriebene Strategie viele und gerade junge Mercedes-Fans aus. Die deutsche Autoindustrie bietet zu viele offene Flanken. Chinesische und südkoreanische Hersteller sowie weiter auch Tesla nutzen die Schwachstellen rigoros aus.
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Der Zug der E-Mobilität fährt dem Großteil der deutschen Autoindustrie davon, und wir werden sehen, ob die Strategie "Aufs Luxussegment setzen und die Politik so manipulieren, dass diese Panzer in der EU trotzdem als ökologisch durchgehen" Erfolg haben wird. Wir werden sehen, dass nicht, denn selbst im Luxussegment sind die Chinesen und Amis gleich gut. Das wird eine harte Bereinigung durch den Markt geben die nächsten Jahre, aber das ist ja eben die reinigende Kraft, die unsere Marktwirtschaftsfans so lieben! Und wie bitte, das wird dann bedauert? Und wie bitte, da diskutieren immer noch Menschen über Verbrenner? Ich würde meinem Kind nie raten, das Berufsleben bei einem deutschen Autohersteller zu beginnen. Das hat keine Zukunft. Eine Generation von Managern hat (ausser vielleicht bei VW, und Opel erwacht gerade wieder) versagt.
Ich war einige Jahre bei BMW in München. Die Nachwirkungen reichen bis heute ... "Der Gewinn des Konzerns steigerte sich um 49,1 Prozent auf 18,582 Milliarden Euro. Entsprechend stellt BMW seinen Aktionären für 2023 eine Umsatzrendite von acht bis zehn Prozent in Aussicht. Der Konzern-Umsatz legte 2022 um 28,2 Prozent auf 142,61 Milliarden Euro zu."
Vielleicht lesen Sie auch mal was anderes, nur ein Beispiel: die aktuelle Focus Money gibt u.a. wieder wie Analysten die großen Autohersteller bewerten, nicht nur im DAX, sondern wie die nächsten 3-5 Jahre voraussichtlich aussehen. Die holen nämlich auf.
"Der Gewinn des Konzerns steigerte sich um 49,1 Prozent auf 18,582 Milliarden Euro. Entsprechend stellt BMW seinen Aktionären für 2023 eine Umsatzrendite von acht bis zehn Prozent in Aussicht."
Darum scheint der Sinn für kleine und günstige Autos für den durchschnittlich verdienenden Bürger nicht vorhanden zu sein. Wozu auch, an großen 2,5 t ist schließlich mehr verdient. Die Gier nach mehr könnte sich rächen. Es wäre wohl besser gewesen, BMW hätte dieses Geld in die Entwicklung bezahlbarer E-Autos gelegt.
Aber jetzt jammern und gleichzeitig den Staat um Prämien für E-Autos betteln scheint mittlerweile zum guten Stil zu gehören.
@Wolfgang B.: „Der Erfolg hat viele Väter; der Misserfolg aber ist immer ein Waisenkind.“
Und auch Mütter haben zum BMW-Erfolg mit beigetragen, so z. B. meine Patentochter.
Helmut Eimiller
nur Geduld @Richard M. -> kommt noch. Die Kundschaft von BMW ist halt nun mal nicht im Billigpreissegment zu Hause. Auch ein kleiner e-Wagen wird kein Schnäppchen werden.
Die Elektromobile sind nicht ansatzweisee so sauber, wie behauptet wird, solange der Strom zB aus importierer Südamerika Kohle hergestellt wird.
Die Fahrzeuge sind schwerer verursachen dadurch mehr Feinstsub beim Gummi Abrieb der Reifen. Die Herstellung und Entsorgung der Batterien ist Problem behaftet. Da steckt aufgrund der Herkunft der Rohstoffe leider auch nicht ausschließbar Kinderarbeit drinnen.
Die deutschen Autos sind teils altbacken. Die Software ist teils weder innovativ, noch ausreichend gut. Das ist wie mit der Navigation. Da sind teils mobile 200 Euro Geräte besser und aktueller als man beim deutschen Autobauer für das vielfache geboten bekommt.
Der Preis für manche dieser Kisten ist lächerlich. Lächerlich für das gebotene.
Warum will Sixt BYD kaufen? Mal nachdenken.
Da hilft es auch nicht, dass der ewig grinsend aber selektiv vergessliche Kanzler alle Hersteller auf der IAA besucht und die Chinese demonstrativ ignoriert.
Der Irrsinn nimmt kein Ende:
„Es bietet sich aber die Möglichkeit, E-Autos für alle zu bauen.“
Na bloß gut, dass ein Journalist das mal den Autoherstellern sagt.
Nur blöd, dass die technische Realität nicht mitspielt. Die Batterien sind nun mal für ein „Jedermann-Auto“ zu schwer und zu teuer.
Dabei hat jeder Panda oder Ka mit Verbrenner einen deutlich geringeren CO2-Abdruck als irgendein E-Auto an einer deutschen Steckdose. Aber was soll die Realität? Die EU hat befohlen, Habeck folgt und wir steigen alle aufs Lastenfahrrad um. Die Chinesen haben gerade die von Katie Melua besungenen „9 Million Bicycles in Bejing“ gerade abgeschafft. Wir nehmen die!
Noch immer gehören die 3 größten Automobilkonzerne aus Deutschland zu den profitabelsten ihrer Art. Wie anderes wären Gewinne im 2-stelligen Milliardenbereich 2022 zu erklären? Und wer noch teilweise auf den Verbrenner setzt hat recht - nicht in allen Ländern werden derart rigide Vorgaben vorhanden sein. Ein sowohl - als auch ist sicherlich keine falsche Strategie.
Nicht in allen Ländern werden derart rigide Vorschriften gemacht. Stimmt. Nordkorea, Somalia und Afghanistan dürften keine rigide Vorschriften haben. Da dürfte der Absatz gesichert sein.
In China dürfen mehrere Modelle deutscher Hersteller ab 2024 nicht mehr verkauft werden. Zu hohe Abgaswerte.das gleicht der Markt von Somalia sicherlich locker aus.
BYD hat übrigens Warren Buffet investiert. Und der hat durchaus einen guten Riecher, Erfahrung und Sachverstand.
Ich nehme mal stark an, daß der Chef von BMW die Situation gut einschätzen kann und deswegen auch bewusst zweigleisig fährt. Wer, wie im nornmalen Leben alles auf eine Karte setzt besitzt eine 100%ige Gewinn- oder Verlustwahrscheinlichkeit. Das kann für einen Weltkonzern kein Geschäftsmodell sein.
@ Wolfgang B.
"Das kann für einen Weltkonzern kein Geschäftsmodell sein."
Wenn die Chinesen so weitermachen wird es sehr wohl am Geschäftsmodell kratzen, wenn es nicht sogar jetzt schon kratzt. Nicht umsonst bettelt auch BWM beim Staat, obwohl die Boni selbst bei gewöhnlichen Mitarbeitern noch hohe Beträge aufzeigen. BMW hat den Zug der Zeit verschlafen und versucht nun mit überteuerten Fahrzeugen den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Wenn ich so in der Nachbarschauft schaue und höre kauften vor allem junge Leute mit überteuerten Krediten überteuerte Fahrzeuge.
Es passt nicht mehr in dieser Zeit schwere und schnelle Fahrzeuge zu fahren. Der Zug der Zeit ist dazu längst abgefahren. Irgendwann wird auch der Dümmste merken, dass bei Stau und Schneckentempo 250 PS und ein haufen Blech gehöriger Blödsinn darstellt.
Die großen Fehler der deutschen Autoindustrie: Sie kassiert wohl von den Deutschen Steuerzahlern in der Entwicklung, ist aber weder steuerlich loyal noch deutsch.
Die Deutschen / Europäischen Autokonzernchefs sitzen auf dem gleich hohen Ross wie von vor 30-40 Jahren.
Während Audi / VW / Ford / Opel für eine Beifahrersonnenblende natürlich ohne Spiegel, (Schminkspiegel? - Sonderausstattung) rechter Aussenspiegel, Radio (Antenne? - Sonderausstattung), Kopfstützen und noch so einige "Kleinigkeiten"
alles schön als kostenpflichtigen Aufpreis rechneten, gingen die ersten Japanischen KFZ (z.b. Mazda / Toyota) mit einer KFZ-Ausstattung in den Deutschen Markt, der all diese Dinge beinhalteten und das Fahrzeug bereits mit "Sonderausstattung wesentlich günstiger war als eines der obigen KFZ als nacktes Modell.
Und jetzt sitzen die Autochefs wieder auf ihrem hohen Ross, wollen nicht verstehen dass es so nicht funktionieren kann, reden sich raus mit "in Deutschland zu hohe Produktionskosten (Der Staat MUSS uns helfen)" und "Die in China haben ..."
Was die "Auto-Bosse" nicht erzählen ist, wie egal ihnen eine Exorbitanter Preis für normale Autos sind, da ihr Vertrag in 3 bis 5 Jahren sowieso ausläuft und "Nach mir die ..." Denkweise in der Autoindustrie an der Tagesordnung ist.
PS: Gestern auf der A8, hinter mir ein SUV bei dem ich im Rückspiegel nicht mal den Fahrer sehen konnte. Nicht weil er so nah an mir dran war, sondern weil er so hoch war. Nachdem er vor mir war, sah ich das Logo: VW
Danke für diesen überfälligen Kommentar!
Die deutsche Automobilindustrie versagt seit Jahren. Wo bleiben Mittelklasse E-Kombis? Warum tut man immer noch so, als wenn fehlende Ladesäulen das Problem wären? Fehlende gute deutsche E-Autos sind das Problem!
Raimund Kamm