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Nachruf: Trauer um einen unbeugsamen Revoluzzer: Hans-Christian Ströbele stirbt mit 83 Jahren

Nachruf

Trauer um einen unbeugsamen Revoluzzer: Hans-Christian Ströbele stirbt mit 83 Jahren

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    Eine politische Legende: Hans-Christian Ströbele gewann als erster Grüner ein Direktmandat für den Bundestag.
    Eine politische Legende: Hans-Christian Ströbele gewann als erster Grüner ein Direktmandat für den Bundestag. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Wenn es in diesen Tagen um die Grundfeste der Grünen geht, die durch den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise nachhaltig erschüttert werden, dann wurden die von einem Mann wesentlich mit aufgebaut: Hans-Christian Ströbele, Mit-Gründer der Ökopartei. Er war so etwa wie das linke Gewissen seiner Partei, fest verankert in den Prinzipien und Überzeugungen, die ihn sein Leben lang begleitet haben. Mit 83 Jahren ist Ströbele nun in Berlin gestorben. Sein Rechtsanwalt Johannes Eisenberg schrieb in einer Mitteilung: "Er hat selbst entschieden, dass er den langen Leidensweg, den ihm seine Erkrankung zugemutet hat, nicht mehr fortsetzen wollte und lebenserhaltende Maßnahmen reduziert. Er war bis zuletzt bei vollem Bewusstsein. Nicht der Geist, der Körper wurde ihm zur Qual und hat ihn am 29. August 2022 verlassen.“

    Sein Platz in den Geschichtsbüchern ist ihm schon jetzt sicher: Ströbele war im Jahr 2002 der erste Grüne, der per Direktmandat im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg in den Bundestag eingezogen war. Vier Legislaturperioden gelang es ihm, dieses Direktmandat zu verteidigen – der Boulevard verpasste ihm den Titel "König von Kreuzberg“. Dass seine Partei später sogar eine eigene Kanzlerkandidatin stellen würde, lag damals noch in weiter Ferne. Dem "Fundi“ Ströbele dürfte einiges am neuen grünen Pragmatismus gegen den Strich gegangen sein – die Auseinandersetzung scheute er nie. In seiner 21 Jahre währenden Zeit im

    Ströbeles Onkel war Fußball-Legende Herbert Zimmermann

    Der Mann mit den weißen Haaren und dem roten Schal war aber schon vor seinem Eintritt in die Berufspolitik ein Kämpfer für seine Werte. Gemeinsam mit dem Anwalt Horst Mahler verteidigte der studierte Jurist die führenden Köpfe der RAF: Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Andreas Baader. Seine Erfahrung als Jurist nutzte ihm in vielen Untersuchungsausschüssen, an denen er später beteiligt war. Der bekannteste war wohl der Parteispenden-Untersuchungsausschuss gegen die CDU. Ströbele galt als harter Nachfrager, als mutiger Revoluzzer.

    Geboren wurde Ströbele in Halle an der Saale. Sein Vater war Chemiker und Mitglied in der NSDAP, seine Mutter war eher anthroposophisch geprägt, sein Onkel war Herbert Zimmermann, jener legendäre Sportreporter, der 1954 das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft kommentieren durfte. Zimmermann vermachte seinem Neffen die Rechte an der Radioreportage über das "Tooor, Tooor, Tooor, Tor für Deutschland!“.

    Die Parteiführung der Grünen betrauert den Tod Ströbeles. Mit Ströbele verliere die Partei "eine Ikone des Kampfs für Demokratie und Frieden“, schrieb Co-Parteichef Omid Nouripour auf Twitter. "Ich verliere einen wunderbaren Ex-Büronachbarn, von dem ich so viel über kritischen, substanziellen und respektvollen Diskurs gelernt habe. Hans-Christian, ruhe in Frieden.“

    Co-Parteichefin Ricarda Lang schrieb: "Er hat mich mit seiner Integrität und seinem unbeirrbaren Kampf gegen Ungerechtigkeit zutiefst beeindruckt. Mit ihm geht ein großer Politiker, Rechtsanwalt und Mensch, der unsere Partei aber auch unser ganzes Land geprägt hat.“

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