Die Richter haben entscheiden: Die AfD darf als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet werden. Der Anfang vom Ende der Partei ist dadurch aber nicht eingeläutet.
Wen noch Zweifel plagten, hat es nun schwarz auf weiß: Die AfD ist keine Partei wie jede andere. Im Gegenteil: Ihr Gebaren erscheint den Richtern des Oberverwaltungsgerichtes Münster als so gefährlich, dass sie es dem Bundesamt für Verfassungsschutz erlauben, die AfD und deren Jugendorganisation, die Junge Alternative, als rechtsextremistischen Verdachtsfall einzustufen. Bei der Partei lägen „Anhaltspunkte für demokratiefeindliche Bestrebungen“ vor, hieß es in der Begründung.
Aus ihrer Erleichterung über dieses zweifellos wichtige Urteil machten die anderen Parteien keinen Hehl. Das Bewusstsein für die Gefahr, die von der AfD ausgeht, ist einer der wenigen verbindenden Punkte, die Regierung wie Opposition derzeit haben. Doch Wunder sollte man sich von der Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht erwarten. Schon gar keine schnellen. Die AfD hat einen Spitzenkandidaten für die Europawahl, den sie den Wählern nur noch in homöopathischen Dosen zumuten kann. Sie hat ihre Nähe zu Russland und China anschaulich unter Beweis gestellt – und damit demonstriert, dass sie die Sache mit dem Patriotismus doch irgendwie flexibel handhabt. Sie hat Führungspersonal, das aus seiner Gesinnung kein Geheimnis macht. Sie hat mit den Boden für die aggressive Stimmung bereitet, die gerade nicht nur Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer erleben müssen. Und trotzdem ist es der AfD gelungen, im Westen Deutschlands stabil Fuß zu fassen und im Osten sogar zu so etwas wie einer Volkspartei aufzusteigen. Es ist ein Irrglaube, dass die Wähler nicht wissen, wem sie mit der AfD ihre Stimme geben. Die Mär von den Protestwählern stimmt schon lange nicht mehr.
Der Staat muss seine Prinzipien mit aller Macht verteidigen
Trotzdem ist das, was die Richter in Münster beschlossen haben, bedeutsam. Der Staat muss seine Leitplanken klar setzen und darf sich nicht von Extremisten am Nasenring durch die politische Arena führen lassen. Dass die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und damit beobachtet werden darf, gibt den Verantwortlichen ein Mittel an die Hand, mit dem sie den Rechtsstaat schützen können. Es ist die Pflicht aller demokratischen Akteure, Entwicklungen nicht einfach laufen zu lassen und zu hoffen, dass schon nichts passieren werde. Die Geschichte lehrt uns, dass dem nicht so ist. So selbstverständlich uns die Demokratie heute vorkommt, so fragil ist sie. Überall in der Welt demonstrieren uns Autokraten, wie ein Leben unter ihrer Herrschaft aussehen kann: Es gilt nicht mehr die Stärke des Rechts, sondern das Recht des Stärkeren. Manche Debatte über die Rechte von Minderheiten, übers Gendern oder über den richtigen Weg zum Klimaschutz mag überzogen und nervig sein, doch wer einen Schritt zurücktritt, kann erkennen, dass es durchaus hoch einzuordnen ist, dass sich unsere Gesellschaft eben diesen Raum nimmt.
Es ist schwer und die Rezepte sind alles andere als klar– doch letztlich wird es die Aufgabe nicht von Gerichten oder Behörden, sondern der anderen Parteien sein, die AfD einzuhegen. Sie müssen Wege finden, wie sie die Menschen wieder von ihrer Politik überzeugen, ohne dabei eigene Ideale zu verraten. Wie man über seinen Schatten springt, haben ausgerechnet die viel gescholtenen Grünen zuletzt wiederholt gezeigt. Kaum eine Partei hat sich in der Frage der Begrenzung der Migration so weit bewegt wie sie. Aufgefressen werden die Kompromisse vom ewigen Streit der Ampelkoalition. Man muss es leider so deutlich sagen: Für das Land ist es eine Belastung, dass drei Parteien, denen es nicht gelingt, das Verbindende zu finden, förmlich aneinander gekettet sind. Auch die Opposition schafft es nicht, die Stimmung im Land zu drehen. Es ist auch der Frust über die aktuelle Lage, der es vielen Menschen leicht macht, die politische Hemmschwelle zu überschreiten und die AfD zu unterstützen.
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Die AfD, Deutschlands Krebsgeschwür, muss dringend verboten werden, da man sieht, dass Argumente nicht helfen, die uneinsichti-
gen Wähler der AfD zur Vernunft zu bringen. Danke an Klara R., Martin D. und Maria Reichenauer für Ihre argumentativen Beiträge.
Und Dank auch an Margit Hufnagel für ihren wieder mal treffenden Leitartikel. Und Dank an die Leser der AA dafür, dass sie kaum
der AfD-Rhetorik anheim fallen wie die von der WELT.
Willi D., warum verbieten? Die AfD ist gerade auf dem besten Wege, sich selbst zu demontieren.
Mit einem Verbotsverfahren schafft man im Erfolgsfall politische Märtyrer und im Fall des Misserfolgs eine Blamage der demokratischen Institutionen.
Gähn! Immer wieder die alte Leier mit dem Verbot. Was dagegen spricht, wurde hier schon x-mal dargelegt. Die AfD reduziert sich gerade noch relativ gering auf ihren Bodensatz. Und der BLEIBT - mit oder ohne AfD. In manche Köpfe scheint das nicht reinzugehen.
Ein Wunder erwartet auch niemand. Aber ein Verbot wuerde verhindern, dass Rechtsextremisten in den Parlamenten sitzen (Mitarbeiter !).
Dass die Waehler der AfD das hinnehmen, ist das eigentliche Problem. Um das zu aendern braeuchte es wohl doch ein Wunder.
Mich weiter ueber AfD-Waehler auszulassen, verbietet die Netiquette.
Die Alternative für Despoten, Schmiergeldempfänger und Rechtsextreme samt Nazi-Höcke...
Letztendlich entscheidet der Wähler. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Wähler nicht von den undemokratischen Demokraten einschüchtern lassen.
Wenn Sie so argumentieren, müssen Sie sich fragen lassen, ob Sie sowohl das Oberverwaltungsgericht Münster als auch das Bundesamt für Verfassungsschutz für undemokratisch halten? Was dann weiter zu der Frage führt, ob es nicht doch umgekehrt ist und eine rassistisch-nationalvölkische Partei genau so behandelt wird, wie es sich gehört? Oder möchten Sie die AfD wieder mal zum Opfer stilisieren?
(edit/mod/NUB 7.2)
Schon seltsam, bei Herrn Nüsslein und Herrn Sauter war unsere Justiz auffällig hilflos, ausgerechnet jetzt zeigt sie Zähne?
Herr G., nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, was Frau Hufnagel schreibt. („Der Staat muss seine Prinzipien mit aller Macht verteidigen“)
Und in Deutschland gelten nun mal ganz andere Prinzipien als in den meisten anderen Demokratien. Bereits 2012 stand in der taz hinsichtlich der Nebentätigkeiten von Abgeordneten: „Fast überall, von Estland bis zu den USA, herrschen strengere Regeln.“
Sind wir doch stolz darauf, dass wir uns einen großzügigen Schlüssel bei der Personalbemessung bei den Abgeordneten leisten können (es gibt kein weiteres Land unserer Größe, das so viele Abgeordnete hat wie wir) und somit Freiräume für Nebentätigkeiten bestehen.
Helmut Eimiller
Sie liegen mal wieder groß daneben. Die von Ihnen genannten Politiker haben sich nicht strafbar gemacht. "Nulla poene sine lege" ist das sog. Gesetzlichkeitsprinzip und geht m.w. bis auf (von) Feuerbach zurück - und das war vor ungefähr 200 Jahren.
Herr G.
In einem Rehctsstaat bedarf es einen gesetzesverstoss um eine Verurteilung durch ein Gericht zu ermöglichen. Im Gegensatz zu einem Unrehctsstaat. Leider gab es kein Gesetz bei Sauter und Nüßlein gegen das verstossen wurde.
Ganz abgesehen davon. Was hat der Fall Sauter / Nusslein mit der Rechtsextremismus der AfD zu tun? Außer der Versuch die AfD wieder als armes Opfer hinzustelln und vom Rechtsextrmeismus der AfD, insbesondere des mittlerweile bestimmenden Flügels, abzulenken?
Der Verfassungsschutz ist eine untergeordnete Behörde der Innenministerin Nancy Faeser. Dass die SPD alles versucht, diese Konkurrenzpartei zu schwächen, ist mehr als verständlich.
>>Dass die SPD alles versucht, diese Konkurrenzpartei zu schwächen<<
Die AfD braucht niemand zu schwächen, das macht die AfD in bester Tradition gleich selber. Woher sollte da auch eine Stärke kommen? Die AfD weiß nichts, kann nichts und hat außer dummen Parolen auch sonst nichts zu bieten.
Werner H., unabhängige Richter haben entschieden, nicht der Verfassungsschutz. Die AfD bekämpft nicht nur unsere freiheitliche Demokratie, sondern sie verkauft unser Land an Russen und Chinesen.
Sie unterliegen der AfD-Propaganda. Selbstverständlich unterliegt der Verfassungsschutz, wie alle behördlichen Organe, entsprechenden Ministerien. Das ist eine organisationsrechtliche Notwendigkeit. Trotzdem agieren diese gemäß ihren Aufgaben unabhängig von der politischen Spitze. Auch Innenminister sind an Recht und Gesetz gebunden und können keine Weisungen willkürlich erteilen. Die Aufgaben des Verfassungsschutzes sind gesetzlich geregelt.Daher hat Innenministerin Faeser nicht die Möglichkeit, den Verfassungsschutz zu eigenen Zwecken zu instrumentalisieren. Es gibt diverse Schutz- und Kontrollmechanismen die dies auch sicherstellen.
Jetzt machen Sie sich aber schon ein wenig lächerlich. Glauben Sie wirklich, dass die AfD nicht auch Gründe geliefert hat, die das Gericht zu seiner Einschätzung bringt? Die AfD – das Unschuldslamm der Nation. Da gehört schon viel Optimismus dazu, sich so an eine Partei zu hängen, die von Rassismus und Hetze lebt. Etwas Vernünftiges kommt aus deren Reihen eher nicht.
Im Gegensatz zum Volksgerichtshof im Dritten Reich oder in Ungarn sind die Gerichte in der BRD vollständig unabhängig.
Und diese habe geurteilt, dass der Verfassungsschutz die AfD entsprechend einstufen darf. Ganz ohne "wohltemparierte Grausamkeit".
"Vollständig unabhängig", das heißt zu 100%? Schauen Sie mal wie man Richter/Bundesrichter wird. Und bei manchen Urteilen kann schon der Verdacht aufkommen, daß sie politisch induziert sind.
Natürlich sind deutsche Richter unabhängig, auch wenn jeder natürlich eine eigene politische Meinung hat. Aber ein guter Richter muss davon abstrahieren können und das darf auf dieser Ebene vorausgesetzt werden.
Dass das Urteil angesichts der umfassenden Beweislage richtig ist, wird wohl kaum jemand bestreiten, nicht einmal die AfD-Anhänger selbst. Denn die wissen ja , dass für sie die Demokratie nur das Mittel zum Zweck ist und wie bei allen Faschisten die einmal gewonnene Macht nie mehr zurückgegeben werden soll.
"Man muss es leider so deutlich sagen: Für das Land ist es eine Belastung, dass drei Parteien, denen es nicht gelingt, das Verbindende zu finden, förmlich aneinander gekettet sind."
Dem deutschen Volke dient die Ampel also nicht mehr, wenn die Kommentatorin von einer Belastung für das Land schreibt.
Ein unwürdiges Trauerspiel von allen beteiligten Parteien.
Die AfD ist selbstverständlich ein Verdachtsfall. Und sie wird nicht so schnell verschwinden. Es gibt ja auch noch immer eine Partei, in get Leute offen die Mauer Schüsse verteidigen und sogar ein öffentliches Amt bekleiden.