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Genuss: Harissa aus Tunesien: Ein Paste, die verbindet

Genuss

Harissa aus Tunesien: Ein Paste, die verbindet

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    Hajer Assoued zeigt in ihrer Küche in Nabeul, wie in Tunesien Harissa hergestellt wird.
    Hajer Assoued zeigt in ihrer Küche in Nabeul, wie in Tunesien Harissa hergestellt wird. Foto: Ulf Lippmann

    Tunesien

    Anreise: Tunesien liegt nur gut zwei Flugstunden entfernt. Neben der Hauptstadt Tunis werden von Deutschland aus vor allem die Touristenzentren Hammamet, Sousse und die Insel Djerba angeflogen.

    Einreise: Für die Einreise wird ein gültiger Reisepass benötigt.

    Unterkunft: In den Touristenzentren gibt es vor allem Strandhotels für Pauschalurlauber. Doch auch kleinere, individuelle Hotels und Pensionen sowie Ferienwohnungen sind zu haben. In der Nähe von Korbous ist derzeit noch das Royal Tulip Korbous Bay Hotel die einzige größere Unterkunft. https://royal-tulip-korbous.goldentulip.com/en-us/

    Unterwegs: Von den Touristenhotels aus lassen sich auch individuelle Ausflüge leicht mit dem Taxi organisieren. Die Preise können mit dem Fahrer ausgehandelt werden. 

    Sicherheit: Für Touristen gilt Tunesien derzeit als sichereres Reiseland, in dem man sich frei bewegen kann. Von individuellen Reisen in abgelegene Gebiete, vor allem in die Sahara, wird jedoch abgeraten. https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/tunesiensicherheit/219024

    Kosten: Urlaub in Tunesien ist vergleichsweise günstig. Das Preisniveau für Essen und Getränke liegt unter dem in Europa. Wer Souvenirs im Basar kaufen will, sollte unbedingt handeln.

    Klima: Das Wetter in Tunesien ist mediterran. Baden im Meer ist schon im Frühjahr möglich. Auf dem Cap Bon weht fast immer ein leichter Wind, der es im Sommer deutlich angenehmer, im Herbst und Frühling manchmal sogar recht frisch macht.

    Internet: https://www.discovertunisia.com/de/

    Es soll ja vorkommen, dass Menschen angesichts eines Weltkulturerbes durchdrehen, weil sie so beeindruckt sind. Dass jemand allerdings das Weltkulturerbe durchdreht, ist wohl eher selten. Es sei denn, wir sind in , wo regelmäßig das Kulturerbe des Landes durch den Fleischwolf gedreht wird. Zweimal hintereinander sogar, damit danach die Konsistenz stimmt. Denn bei der tunesischen Harissa-Paste geht es nicht nur um Geschmack, Schärfe und Würze. Die Mischung aus Chili, Knoblauch, Salz und Gewürzen muss streichfähig und nicht zu stückig sein, kleine Schalenstückchen und einzelne Kerne der Chilischoten dürfen aber noch erkennbar sein.

    All das weiß Hajer Assoued, die im tunesischen Nabeul im Haus ihrer Familie nicht nur landestypische Produkte wie Olivenöl, Orangenblütenwasser oder eben Harissa verkauft, sondern dort auch Kurse für Genießer gibt. Die Teilnehmer können Olivenöl verkosten oder lernen, ihre eigene scharfe Würzpaste zuzubereiten.

    Im tunesischen Nabeul ziert eine riesige Chilischote sogar das Stadttor.
    Im tunesischen Nabeul ziert eine riesige Chilischote sogar das Stadttor. Foto: Ulf Lippmann

    Und eben die ist so beliebt, universell einsetzbar und typisch für Tunesien, dass sie seit 2022 immaterielles Weltkulturerbe der Unesco ist. In der Begründung wird Harissa „als Identitätselement des nationalen kulinarischen Erbes und als Faktor des sozialen Zusammenhalts“ bezeichnet. Diese Paste „verbinde das ganze Land“, schreibt die auf der Halbinsel Cap Bon hängt schon am Eingangstor zur Altstadt eine überdimensionale Chilischote und es wird auch regelmäßig im Herbst ein Harissa-Festival gefeiert, bei dem sich alles um den friedlichen Scharfmacher dreht.

    In manchen Ländern wird das Harissa-Feuer mit Gemüse "abgelöscht"

    Harissa wird in allen Ländern Nordafrikas und auch am östlichen Mittelmeer oft und gern verwendet. Jedes Land und jede Region wandelt die Paste etwas ab, auch Tomaten und anderes Gemüse kommen dabei mancherorts zum Einsatz, die das Harissa-Feuer etwas löschen.

    Die ursprünglichste und wohl auch schärfste Version jedoch kommt aus Tunesien und hat auch nur hier den besonderen Titel. Die Spanier waren es wohl, die im 16. Jahrhundert Teile Tunesiens besetzt und die Chilipflanze mitgebracht hatten. Die wiederum hatte es Jahrzehnte zuvor aus den Kolonien in Südamerika über den Atlantik geschafft. Klingt logisch, ist aber nicht wissenschaftlich zu beweisen und vielen Tunesiern mittlerweile auch egal. Harissa gehört in Tunesien einfach dazu und wird am liebsten frisch zubereitet.

    Getrocknete Chilischoten werden für das Harissa über Nacht eingeweicht.
    Getrocknete Chilischoten werden für das Harissa über Nacht eingeweicht. Foto: Ulf Lippmann

    Im Sommer nimmt Hajer die Chilischoten frisch von den Feldern ihrer Schwester, im Winter braucht sie die getrockneten Schoten, die in der Sommerhitze für den Vorrat gedörrt wurden. Die müssen dann über Nacht eingeweicht und danach gut gespült werden. Dann kommt auf drei Teile Chilischoten ein Teil frische Knoblauchzehen, etwas Salz und einige Gewürze. Hajer nimmt Kümmel und Korianderkörner, die sie fein gemahlen verwendet. Das alles wird dann durch den Wolf gedreht. In der alten Küche hat sie zwar den alten Fleischwolf ihrer Mutter noch an der Tischkante angebracht, aber die Arbeit macht mittlerweile eine moderne Küchenmaschine. Zweimal muss die Masse durch die Maschine, bevor man sie in Gläser füllt, die zuvor mit ein wenig Olivenöl ausgeschwenkt wurden. Obendrauf kommt dann noch einmal eine Schicht Öl und die Harissa-Paste ist fertig.

    Zweimal wird Harissa durch den Fleischwolf gedreht, damit die scharfe Paste die richtige Konsistenz bekommt.
    Zweimal wird Harissa durch den Fleischwolf gedreht, damit die scharfe Paste die richtige Konsistenz bekommt. Foto: Ulf Lippmann

    Im Kühlschrank ist sie einige Monate haltbar, nach jeder Benutzung sollte jedoch die Ölschicht im Glas wieder ergänzt werden. Aber alt wird Harissa in Tunesien meist ohnehin nicht, denn es macht schon aus einfachem Reis eine raffinierte Beilage, würzt Fleischgerichte und Gemüseeintöpfe jeder Art oder kann mit Öl zu einer Marinade für Gegrilltes werden. Auch die berühmten Merguez, kleine Lammbratwürste, brauchen dringend ein bisschen Harissa. So mancher Tunesier nimmt die Paste auch einfach als Brotaufstrich zum Frühstück. Aber Vorsicht beim Selbstversuch: Wer bei der Verwendung an harmloses rotes Pesto denkt, hat die Rechnung ohne die Chilis gemacht. Das Zeug kann schon richtig scharf sein, also lieber erst einmal vorsichtig probieren.

    Fast jede Hausfrau in Tunesien hat ihr eigenes Harissa-Rezept

    Hajer Assoued macht das Harissa einfach aus der freien Hand. Das Rezept ihrer Familie ist nirgendwo detailliert aufgeschrieben. Sie hat die Zutaten schon ewig im Kopf und die werden nach Gefühl kombiniert. Gerade bei den Gewürzen habe fast jede tunesische Hausfrau ihre eigenen Vorlieben. Manche würzen mit Kreuzkümmel oder auch mit Minze und Zitrone, falsch machen könne man da eigentlich nichts, findet sie, das sei ja auch Geschmacksache. Puristen nehmen wohl auch nur die Grundzutaten und verzichten auf zusätzliche Würze.

    Beim Harissa-Festival in Nabeul und auch auf verschiedenen Messen und Schauen in der Region präsentieren die Manufakturen und kleine Produzenten ihre Würzpasten in Wettbewerben. So gibt es in manchem Laden und in vielen Auslagen auch Medaillen und Preise zu sehen, die für eine besondere Harissa-Qualität bürgen sollen. Denn natürlich machen die Tunesier ihr Harissa am liebsten selbst, aber wenn die Manufaktur in der Nachbarschaft schon eine Goldmedaille gewonnen hat, kann man da ja auch mal eine Ausnahme machen und das scharfe, leicht erdig schmeckende „Grundnahrungsmittel“ fertig kaufen.

    Auch als Pulver ist Harissa im Handel. Dazu wird die fertige Paste nicht in Gläser gefüllt, sondern wieder getrocknet und dann zerbröselt. Verwendet wird das Harissa-Pulver dann entweder direkt wie Chiliflocken oder es wird vorher mit Wasser und Olivenöl wieder zur Paste angerührt.

    Harissa macht jede langweilige Speise zum Feuermelder

    Das besondere Verhältnis der Tunesier zu „ihrem“ Harissa hat auch der Autor Daniel Speck in seinem Koch-, Lese- und Bilderbuch „Terra Mediterranea“ sehr treffend zusammengefasst: „Wenn Tunesier eine echte Macke haben, dann diese: Sie würzen alles, aber wirklich alles mit Harissa. Das ist eine scharfe Paste, die den schläfrigsten Salat in einen Feuermelder verwandelt. Inzwischen bekommen Sie das Teufelszeug auch im deutschen Bioladen, aber natürlich schmeckt es besser, wenn Sie es selbst zubereiten – mit guten Chilis vom Markt. Sonnen- nicht ofengetrocknet.“

    Ob sein Kartoffelsalat mit Kreuzkümmel und Harissa (Rezept siehe unten) ohne die typische Schärfe wirklich „schläfrig“ ist, könnte jeder selbst ausprobieren. Aber wer will das schon?

    Rezepte: 

    Kartoffelsalat mit Kreuzkümmel und Harissa

    (aus dem Buch "Terra Mediterranea" von Daniel Speck)

    Zutaten:

    • 500 g festkochende Kartoffeln
    • Salz
    • 3 EL natives Olivenöl extra
    • 1 TL Harissa
    • 1 TL gemahlener Kreuzkümmel
    • 1 TL frisch gepresster Zitronensaft

    Zum Anrichten

    • 1 rote Chilischote

    Zubereitung:

    1. Die Kartoffeln waschen und in der Schale in reichlich Salzwasser so lange kochen, bis ein Messer leicht in die Kartoffeln eindringen kann. Die Kartoffeln dann abgießen, schälen und abkühlen lassen.
    2. Das Olivenöl, das Harissa, den Kreuzkümmel und den Zitronensaft zu einer Marinade verrühren.
    3. Die abgekühlten Kartoffeln in Würfel schneiden und mit der Marinade vermischen.
    4. Den Kartoffelsalat in einer Schale anrichten und mit der Chilischote garnieren.

    Shakshuka

    (vom tunesischen TV-Chefkoch Rafik Hatli)

    Zutaten:

    • 200 g frische Tomaten
    • 300 g Paprika
    • 5 Knoblauchzehen
    • 3 Eier
    • 1 EL Tomatenmark
    • 1 EL Kümmel
    • 1 TL Harissa
    • 4 EL Olivenöl
    • Salz

    Zubereitung:

    1. Tomaten würfeln und in heißem Öl anbraten.
    2. Tomatenmark und Harissa zu den Tomaten hinzugeben und einige Minuten unter Zugabe von etwas Wasser köcheln lassen.
    3. Zerkleinerte Paprika hinzufügen und drei Minuten weiterkochen lassen.
    4. Knoblauch sowie Salz und Kümmel vermischt hinzufügen.
    5. Mulden in die Shakshuka drücken, Eier hineingeben und stocken lassen.
    6. Heiß servieren und Brot dazu reichen.
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