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baramundi software AG: "Ich wäre ein ziemlich schlechter Gründer"

baramundi software AG

"Ich wäre ein ziemlich schlechter Gründer"

"Ich wäre ein ziemlich schlechter Gründer"
"Ich wäre ein ziemlich schlechter Gründer" Foto: Bernd Jaufmann

Die Gründer-Story von baramundi

Zwei Augsburger Jungs mussten für einen Telekommunikations-Provider in München auf mehreren Tausend Rechnern ein neues Betriebssystem installieren. Cloning war damals State of the Art: einen Rechner perfekt installieren und das dann auf die anderen Tausend übertragen. Das Problem: Rechner sind nie identisch und damit leidet die Qualität der Installation. Die Aufgabe der späteren baramundi-Gründer war: Installiert die Rechner so, als wären sie nativ, also von Hand, installiert worden. Um das zu lösen, haben die beiden im Auftrag eines Dienstleisters eine Software entwickelt. Als der Dienstleister pleiteging, gingen auch sie leer aus. Sie entschieden sich für einen Deal, sicherten sich den Source-Code der Software und legten so den Grundstein für die heutige baramundi software AG.

Uwe, dass du ein guter Manager bist, zeigen die Zahlen – Verdopplung von Umsatz und Mitarbeiterzahl alle fünf Jahre ist schon eine Hausnummer. Wärst du auch ein guter Gründer gewesen?

Uwe Beikirch: Ich wäre ein ziemlich schlechter Gründer. Ich habe eigentlich nie Ideen und selbst wenn ich mal eine habe, hätte ich zu viel Muffe, um diese umzusetzen. Was ich gut kann, das stimmt, ist Unternehmen, die ein bestimmtes Level erreicht haben, besser machen. Ich glaube, mein Talent ist, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Ideen anderer wachsen können: Als ich vor elf Jahren bei baramundi eingestiegen bin, waren wir 40 Mitarbeiter und hatten 500 Kunden. Heute sind es 240 Mitarbeiter und 4.000 Kunden.

Wie hat sich der Führungsstil bei baramundi mit Uwe Beikirch verändert?

Uwe Beikirch: In der Anfangsphase wurde bei uns klassisch geführt: Chef sagt, was und wie es gemacht werden soll, und die anderen machten halt mal. Aber irgendwann lässt sich das nicht mehr skalieren. Du wirst älter und in den sich schnell entwickelnden Feldern wie IT haben die Jüngeren nun einmal das aktuellere, relevantere Wissen. Außerdem kann man die Menge an Entscheidungen irgendwann nicht mehr selbst treffen. Es sind zu viele Dinge in zu wenig Zeit, die zu weit weg vom eigenen Fachgebiet liegen. Dann musst du dazu übergehen, kompetente Leute zu finden, die für dich entscheiden.

"Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu finden, zu fördern, zu unterstützen und Dinge vorzuleben"

Uwe Beikirch, Vorstand baramundi software AG

Was ist dann die Aufgabe des Vorstands?

Uwe Beikirch: Zu wissen, wo das Unternehmen in drei, fünf oder zehn Jahren stehen soll, und die richtigen Leute zu finden, die an diesem Ziel mitarbeiten. Dafür brauchst du einen guten Mix aus internen Führungskräften, die im Unternehmen herangewachsen sind, und externen, die neue Impulse bringen. Unsere Aufgabe ist es, diese Menschen zu finden, zu fördern und bei ihrer Entwicklung zu unterstützen und Dinge vorzuleben. Dann kannst du die Leine loslassen.

Klingt ganz einfach – ist es aber wahrscheinlich nicht …

Uwe Beikirch: Wenn du eine überschaubare Zahl an Mitarbeitern hast, dann kannst du deinen Spirit noch gut an alle weitergeben. Mit dem starken Wachstum mussten wir Zwischenebenen einziehen – und es wurde schwierig, das Verständnis von Führung und Zusammenarbeit über alle Ebenen hinweg zu leben. Die Personalabteilung schlug vor, ein Weiterentwicklungsprogramm einzuführen. Das Ziel: den baramundi-Spirit zu allen aktuellen und künftigen baramundianern tragen. Das kostet uns jedes Jahr einen sechsstelligen Betrag – ist aber jeden Cent wert.

Ihr werdet regelmäßig als Great Place to Work ausgezeichnet und erreicht Bestnoten. Wie schafft ihr das?

Uwe Beikirch: Wir bieten eine lange Benefits-Liste: Obst, Kaffee, gemeinsame Pizza-Abende, Masseure ... Aber diese Benefits machen es nicht aus. Wenn du Menschen in der Firma hast, die nicht wissen, warum sie hier sind, macht die auch eine Obstschale nicht glücklich. Entscheidend sind drei Dinge: 1. Wie geht der Mensch, der für mich verantwortlich ist, mit mir um? 2. Welchen Sinn sehe ich in dem, was ich tue? Und 3. Kann ich auf mein Unternehmen stolz sein? Wenn diese drei Punkte erfüllt sind, dann bist du ein guter Arbeitgeber.

Bald zieht ihr mit allen Mitarbeitern in einen baramundi-Neubau in den Innovationspark. Warum musste es ein neues Gebäude sein? Büroflächen entstehen in Augsburg derzeit genug …

Uwe Beikirch: Aktuell sitzen wir im Glaspalast. Hier haben wir das Problem, dass wir durch unser Wachstum über die Jahre mittlerweile Flächen auf mehreren Etagen besetzen. Das ist für unsere Kommunikation untereinander alles andere als ideal. Denn der Austausch beim Zufällig-aneinander-Vorbeilaufen funktioniert hier nicht mehr.

Dann steht im neuen Gebäude wohl die Kommunikation im Fokus?

Uwe Beikirch: Das ist einer von ganz vielen wichtigen Punkten. Manfred Wittenstein aus der Eigentümerfamilie der Wittenstein SE, zu der wir seit 2017 gehören, hat das Architekturbüro Henn engagiert. Die beschäftigen sich intensiv damit, wie Architektur gestaltet sein muss, damit Innovationen entstehen können. So sind etwa Treppen zentrale Flächen für den sozialen Austausch. Du triffst dich auf der Treppe, bleibst stehen und sprichst über etwas. So entstehen häufig Innovationen.

Deswegen auch der Innovationspark?

Uwe Beikirch: Innovationen treiben uns gerade sehr um. In der Produktion wird derzeit viel digitalisiert, Stichwort ­Industrie 4.0. Wenn Hacker ein System von vernetzten Maschinen außer Kraft setzen, wird die komplette Produktion lahmgelegt. Das passiert mittlerweile fast wöchentlich – und kostet dann Millionen. Wir arbeiten hier an einer Lösung. Auch deshalb siedeln wir uns im Innovationspark an: Augsburg ist in Sachen Produktion, aber auch in der Forschung sehr stark und wir hoffen, dass wir hier Synergien nutzen können. Ein zweiter wichtiger Grund: Wir werden ziemlich sicher in fünf Jahren wieder bauen, weil dann auch das neue Gebäude zu klein sein wird. Wir haben alles so vorbereitet, dass wir direkt neben unserem neuen Gebäude ein zweites errichten können.

Was war euch beim Neubau außerdem wichtig?

Uwe Beikirch: In Sachen New Work kannst du sehr viel falsch machen. Deswegen hatten wir Workplace-Berater im Haus und haben uns in den USA Offices angeschaut, etwa bei Google und Etsy. Unser Neubau hat vier Stockwerke. Dort wird es keinen Vorstandsbereich geben – wir sitzen mitten in den Teams. Außerdem wollten wir so wenige Wände wie möglich und Raum für aktivitätsbasiertes Arbeiten. Denn Arbeiten findet nicht zwingend am Schreibtisch statt, das kann auch draußen oder in einer Lounge passieren. Wir planen ein Multispace Office – kein Großraumbüro. Unsere Mitarbeiter werden auch ihre Schreibtische behalten, Desk Sharing planen wir aktuell nicht. Außerdem werden wir ein Café, ein Restaurant, einen Sportraum und Duschräume sowie Arbeitsplätze im Freien und E-Ladestationen für Autos und Fahrräder haben.

Könnt ihr den Einzugstermin halten?

Uwe Beikirch: Wir hatten trotz Corona keine Probleme. Wir sind im Zeitplan und gehen davon aus, dass wir im Frühjahr 2022 in unser neues Gebäude einziehen.

Stand mal zur Debatte, dass ihr aus Augsburg wegzieht? Trotz vieler Player ist die Stadt ja nicht gerade eine IT-Hochburg …

Uwe Beikirch: … und genau das ist das Geile hier. Ich habe zehn Jahre in München in der IT-Branche gearbeitet. Und dort ist der War for Talents extrem. Den haben wir in Augsburg zwar auch, aber hier bringen die Universität und die Hochschule immer wieder tolle Leute hervor. Außerdem ist hier das Netzwerken und Zusammenarbeiten viel einfacher. In München passiert viel anonym. Augsburg hat die richtige Größe, um sich schnell ein zuverlässiges Netzwerk aufzubauen.

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