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Eishockey: Das Kompliment des Kraftpaketes

Eishockey

Das Kompliment des Kraftpaketes

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    Brady Lamb ist eine der Säulen der Augsburger Panther. Das Team hatte den deutschen Meister EHC München im Halbfinale am Rande einer Niederlage.
    Brady Lamb ist eine der Säulen der Augsburger Panther. Das Team hatte den deutschen Meister EHC München im Halbfinale am Rande einer Niederlage. Foto: Kolbert-Press

    Schwarzer Vollbart, 103 Kilogramm verteilt auf 1,85 Meter - Brady Lamb ist ein ganzer Kerl, der die stillen Momente genießt. Vor den Spielen, wenn es in der Umkleide laut zugeht und Discjockey Scott Valentine für Stimmung sorgt, dann geht der muskulöse Verteidiger in die Eishalle und setzt sich alleine auf die Spielerbank. Der 30-Jährige konzentriert sich, saugt die Atmosphäre in der Halle auf. Nach dem Aus der Panther im siebten Halbfinal-Duell gegen den EHC München folgt wieder einer dieser stillen Momente – ausnahmsweise in der Kabine. „Es war ziemlich ruhig, allen war die Enttäuschung anzusehen“, schildert Brady Lamb die Stimmung unmittelbar nach dem 0:2 gegen den EHC Red Bull München, der das Aus für die Panther im Halbfinale um die Deutsche Eishockey-Meisterschaft bedeutet. Trainer Mike Stewart richtet einige Worte an sein Team. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich unheimlich stolz bin auf die Mannschaft.“

    Nicht nur in der Serie gegen die favorisierten Münchner war zu spüren, dass hier ein Außenseiter mit Herz und Leidenschaft den Favoriten an den Rand einer Niederlage bringt. Am Ende hat schlicht eine Portion Glück gefehlt, sagt der Verteidiger. Und dann kommt noch Pech dazu. Der Vielspieler Lamb mit der längsten Eiszeit aller AEV-Profis fälscht mit dem Schlittschuh unglücklich einen Schuss des EHC-Stürmers Patrick Hager zum 0:2 ins eigene Netz ab. Im dritten und mit 105 Spielminuten längsten Duell zwischen AEV und EHC hatte das Kraftpaket aus Calgary mit einem Schuss von der blauen Linie noch den Siegtreffer zum 2:1 erzielt. Zwischen Held und Pechvogel liegen nur wenige Drittel. Mit vier Treffern und drei Vorlagen in 14 Play-off-Einsätzen zählt er zu den wertvollsten Verteidigern der Deutschen Eishockey-Liga.

    Lamb erzählt, warum sich die Mannschaft für den Klub und für den Trainer opfert. „Stewart weiß, wann es Zeit ist, hart zu arbeiten. Aber er weiß auch, dass Zeit mit der Familie wichtig ist“, sagt Lamb und fügt an: „Er ist der beste Coach, für den ich je gespielt habe, und ich spiele wahnsinnig gerne für ihn.“ Und nicht nur der Mann mit der Nummer zwei. Das ist in jeder Szene zu sehen. Für die Augsburger, die von ihren Fans minutenlang auf dem Eis gefeiert werden, geht ein langer Weg zu Ende. Während die Mannschaft von EHC-Coach Don Jackson am Donnerstag das Finale gegen die Adler Mannheim bestreitet, ist die Saison für Augsburg beendet. Die Spieler fliegen oder fahren für einige Tage gemeinsam in den Urlaub und kommen dann zur Saisonabschlussfeier am 28. April (ab 11 Uhr) noch einmal im Curt-Frenzel-Stadion zusammen. Danach geht jeder nach Hause, wo immer das auch ist.

    Brady Lamb fliegt mit seiner Verlobten Lizz Downey zurück nach Calgary. Zuerst besucht das Paar Freunde und Familie. Im Sommer steht die Hochzeit an. Nebenbei trainiert Lamb im Fitnessstudio. Insgesamt gönnt er sich nur gut zwei Wochen Auszeit. Nach der Saison ist vor der Saison. Auch im kommenden Jahr wird der Kanadier das AEV-Trikot überstreifen, dann bereits in seinem sechsten Jahr. 16 weitere Spieler aus der Erfolgsmannschaft besitzen ebenfalls einen Vertrag mindestens für die kommende Spielzeit, die für den ältesten Eislaufverein eine Premiere bietet. Die Panther starten erstmals in der Champions Hockey League und messen sich ab Ende August mit Topklubs aus ganz Europa. „Ich weiß noch nicht, was uns erwartet. Aber wir freuen uns darauf“, sagt Lamb. Gut möglich, dass dann ein neuer Trainer in der Umkleide steht. Denn offenbar wechselt Mike Stewart zum Liga-Konkurrenten Kölner Haie. Die Panther geben sich gewohnt zurückhaltend: „Personalien kommentieren wir wie immer nicht“, sagt Hauptgesellschafter Lothar Sigl. Der umworbene Coach mauert ebenfalls: „Wir werden in den nächsten paar Wochen intern alles besprechen. Mehr bin ich nicht bereit zu sagen.“ Zu den Gerüchten will sich auch Brady Lamb nicht näher äußern: „Wir Spieler haben nichts gehört. Und so lange ich es nicht aus dem Mund des Trainers gehört habe, glaube ich gar nichts.“ Es bleibt auch nach der längsten Play-off-Serie der DEL-Geschichte spannend. 504:46 Minuten lang hatte das Überraschungsteam Augsburg den Münchnern in sieben Duellen alles abverlangt. Die Enttäuschung direkt nach der Schlusssirene wird bald weichen. „Die Mannschaft weiß, dass sie etwas Besonderes erreicht hat. Wir waren nah dran, den letzten Schritt ins Finale zu machen“, erzählt der Kanadier, der die Mannschaft führt, ein prägendes Gesicht der Panther und der verlängerte Arm des Trainers auf dem Eis ist. Noch ein Interview folgt in der lauen Münchner Nacht. Danach verschwindet Brady Lamb hinter dicken, blauen Metalltüren in der Umkleide, die die Panther an diesem denkwürdigen Abend lange nicht verlassen.

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