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Prozess: Was macht eigentlich Franz Beckenbauer?

Prozess

Was macht eigentlich Franz Beckenbauer?

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    Franz Beckenbauer muss sich aus gesundheitlichen gründen nicht in der Schweiz vor gericht verantworten.
    Franz Beckenbauer muss sich aus gesundheitlichen gründen nicht in der Schweiz vor gericht verantworten. Foto: Felix Hörhager (dpa)

    Franz Beckenbauer ist ein geübter Mann in Finanzfragen. Als er gerade auf dem Weg war, Kaiser zu werden, aber noch weit davon entfernt, Arenen als Lichtgestalt zu erhellen, sprach er die weisen Worte "Kraft in den Teller, Knorr auf den Tisch." Beckenbauer war einer der ersten Sportler, die sich mit einem Werbepartner eine zusätzliche Einnahmequelle erschlossen.

    Dem Bonus-Suppengeschäft folgten unter anderem Baumarkt-Kette, Brauerei, Automobilhersteller (zwei) und Mobilfunkanbieter (ebenfalls zwei). Für Beckenbauer war mehrfach Weihnachten im Jahr. Dazu noch die Schlawinereien zu Bayern-Zeiten, als viele Spieler unter dem wissenden Blick der Staatsregierung Gelder am Fiskus vorbeischleusten, wie es in einer Biografie über  Gerd Müller aus dem vergangenen Jahr nachzulesen ist. Manch einer bezeichnet das im Nachhinein als handfeste Steuerhinterziehung. Ja mei, der Franz halt.

    In den vergangenen Jahren aber hat es sich ausgefranzelt. All das Glück, das ihn scheinbar auf immer verfolgen sollte, wandte sich gegen ihn. Diese Schweizer Ricola-Zähler, die einen wahnsinnigen Aufriss machen, nur weil nicht vollständig (und auch nicht ansatzweise) geklärt ist, wofür 2005 jene 6,7 Millionen Euro kreuz und quer über den Kontinent überwiesen wurden, um die sich seit Montag ein Gerichtsverfahren dreht. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona soll ermitteln , ob sich die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger,74, und Wolfgang Niersbach, 69, sowie der ehemalige Generalsekretär Horst R. Schmidt, 78, des Betrugs schuldig gemacht haben. Sie blieben am Montag dem ersten Prozesstag fern. Gesundheitliche Gründe.

    Der Prozess gegen Franz Beckenbauer wurde abgetrennt

    Zwanzigers Anwalt Beat Luginbühl erklärte, sein Mandant habe sich einer Augenoperation unterziehen müssen und könne weder reisen noch genügend lesen. Zudem verkompliziert die rasante Ausbreitung des Coronavirus die Lage. Bellinzona liegt im schwer betroffenen Kanton Tessin, der an Italien grenzt. Die Vorsitzende Richterin Sylvia Frei hat alle Anträge, das Verfahren wegen des Coronavirus aufzuschieben, abgeschmettert. Sie wollte statt der geplanten Zeugenaussagen am Donnerstag zunächst weiter die Reise- und Verhandlungsfähigkeit der nicht erschienenen Zwanziger und Schmidt prüfen. Letztlich musste sie aber doch den Prozess unterbrechen.

    Ursprünglich sollte sich auch Franz Beckenbauer verteidigen müssen. Das Verfahren gegen den 74-Jährigen wurde allerdings abgetrennt. Seine Ärzte attestierten ihm, dass er weder einvernahme- noch verhandlungsfähig ist. Die Anschuldigungen gegen ihn werden verjähren. Ob es sich dabei um einen juristischen Winkelzug Beckenbauers handelt oder er aber wirklich erheblich angeschlagen ist, wissen die wenigsten. Beckenbauer selbst zeigt sich seit dem Tod seines Sohnes 2015 kaum noch in der Öffentlichkeit. Sechs Bypässe, eine künstliche Hüfte und ein Augeninfarkt – so lautet das bekannte medizinische Bulletin Beckenbauers.

    Vergangenen Herbst verfolgte er das Heimspiel der TSG 1899 Hoffenheim gegen Paderborn an der Seite von Dietmar Hopp. Lothar Matthäus steht regelmäßig mit dem ehemaligen Teamchef der Nationalmannschaft in Kontakt. "Es geht ihm gut, es geht ihm sehr gut", berichtete er vor wenigen Wochen bei Sky nach einem Telefongespräch mit Beckenbauer.

    Beckenbauer trat zuletzt im Januar 2020 öffentlich auf

    Seine kaiserliche Hoheit gewährte zuletzt im Januar dieses Jahres öffentlich Audienz. Er lud in einem Kitzbüheler Hotel zum Fischessen, offenbar ein rituelles Treffen. Immerhin berichtete die Bild, dass Beckenbauer bereits zum 33. Mal dazu geladen habe. Der dargebotene Karpfen war nicht nur zur leiblichen Stärkung, sondern auch als Investitionsunterstützung gedacht. "Puhlt euch eine Schuppe raus, wascht sie, wickelt sie ein und gebt sie in den Geldbeutel. Dann soll das Geld übers Jahr nicht ausgehen", sagte der Kaiser. Mancherorten gilt die Karpfenschuppe als Glücksbringer in Geldangelegenheiten.

    Mittlerweile aber ist fraglich, ob in Finanzfragen tatsächlich auf die Tipps Beckenbauers vertraut werden sollte. Lange Zeit undenkbar: Auch sein Glück scheint endlich.

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