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bkp in Corona-Zeiten: Video statt Konzert: Die Kammerphilharmonie geht neue Wege

bkp in Corona-Zeiten

Video statt Konzert: Die Kammerphilharmonie geht neue Wege

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    Das Stammorchester der "bayerischen kammerphilharmonie".
    Das Stammorchester der "bayerischen kammerphilharmonie". Foto: Christina Bleier

    Nein, so hatten sich die Musikerinnen und Musiker der „bayerischen kammerphilharmonie“ (bkp) ihr Jubiläumsjahr nicht vorgestellt: Den 30. Geburtstag hätte das beliebte Orchester aus Augsburg im vergangenen Jahr eigentlich feiern können. Es war ein reichhaltiges Programm vorgesehen mit Veranstaltungen für verschiedene Altersstufen, nicht zuletzt ein Jubiläumskonzert. Dann kam die Corona-Pandemie und hat alle Pläne zunichtegemacht. Am 12. März 2020 gab die bkp noch ein Livekonzert mit Publikum, danach waren solche Auftritte erst mal nicht mehr erlaubt. Im September und Oktober dann gab es zwei Konzerte vor je 200 Zuschauern. Seither ging vor Publikum wieder nichts mehr.

    Konzerte der bayerischen Kammerphilharmonie auf Youtube

    Doch der erste Schock wich schon bald der Suche nach neuen Wegen. „Auch wenn die Zeiten für uns Künstler hart sind, wir lassen uns nicht unterkriegen“, stellt Valentin Holub, geschäftsführender Vorstand der bkp fest. Man entwickelte vor allem ein Konzertprogramm, das technisch aufwendig auf Videos festgehalten wird und auf dem YouTube-Kanal des Orchesters ohne Bezahlschranke zu sehen ist. Professionell gefilmt wurde bislang im Kleinen Goldenen Saal und im Rokokosaal der Regierung von Schwaben in Augsburg. So sind etwa ein Violinkonzert von Wolfgang Amadé Mozart mit der Geigerin Sarah Christian oder ein Cellokonzert von Joseph Haydn mit Cellist Maximilian Hornung zusammen mit der bkp zu erleben. Für die international renommierten Solo-Instrumentalisten war es ein Heimspiel, stammen sie doch beide aus der Fuggerstadt.

    Mit aufwendiger Technik werden die Videos im Kleinen Goldenen Saal im Augsburger Rathaus aufgenommen.
    Mit aufwendiger Technik werden die Videos im Kleinen Goldenen Saal im Augsburger Rathaus aufgenommen. Foto: Uli Neumann-Cosel

    Jubiläumskonzert im Bayerischen Rundfunk

    Auch das Jubiläumskonzert wurde schließlich vom Bayerischen Rundfunk fürs Radio aufgezeichnet und war nach der Erstausstrahlung im Dezember 2020 für einen Monat auf BR-Klassik abrufbar. „Wir sind glücklich, dass das geklappt hat“, ist Holub dankbar. „Das ermöglichte vielen auf der ganzen Welt, uns zu hören. Wir haben etwa Glückwünsche aus Australien erhalten.“

    Entstanden ist die bkp 1990 in Augsburg. Junge Musiker aus dem Landesjugendorchester Bayern gründeten ihr eigenes Ensemble als projektbezogener Zusammenschluss, um ein neues Konzertformat zu etablieren. Mit Susanne Weis (Viola) und Arvo Lang (Violoncello) sind noch immer zwei Mitglieder der ersten Stunde dabei. „Inzwischen hat sich der Altersdurchschnitt zwar etwas angehoben, aber es wirken nach wie vor auch sehr junge Aktive mit. Es ist eine sehr gute Mischung aus Erfahrung, hohem Können, Hingabe und Begeisterungsfähigkeit“, beschreibt der Geschäftsführer, der selbst als Bratschist im Orchester aktiv ist.

    Für die Aufnahme ins Orchester ist kein Vorspiel nötig

    Ein gutes Dutzend Profimusikerinnen und -musiker umfasst das Ensemble. Die einen sind als Freie tätig, die anderen fest engagiert, beispielsweise bei den Augsburger Philharmonikern. „Wir haben aber einen festen Kreis von circa 50 Künstlern, die wir bei Bedarf engagieren“, erklärt Holub.

    Bratschist Valentin Holub ist geschäftsführender Vorstand der bkp.
    Bratschist Valentin Holub ist geschäftsführender Vorstand der bkp. Foto: Christina Bleier

    Um in dem erfolgreichen Orchester aufgenommen zu werden, ist kein Vorspiel nötig, wie oft üblich, sondern meist kommen die Instrumentalisten auf Empfehlung durch ein bkp-Mitglied dazu. So war es auch bei Holub selbst. Er hatte den damaligen geschäftsführenden Vorstand und Cellisten der bkp, Bernd Schinzel, bei einem gemeinsamen Projekt kennengelernt. Über diesen stieß er 1996 zu dem Orchester.

    „Meist passen die Empfehlungen“, ist Holubs Erfahrung. „Wir vertrauen auf das Urteilsvermögen der Kolleginnen und Kollegen.“ Es müsse menschlich harmonieren. Wichtig sei, auf hohem Niveau ohne lange Probenzeit zusammenzuwirken. Rund 16 Projekte nimmt die bkp in „normalen“ Zeiten jährlich in Angriff. Vor der Aufführung gibt es im Schnitt etwa fünf Proben, auf die alle schon fest vorbereitet sind. Jede und jeder Einzelne ist bei der bkp stark eingebunden. Gespielt wird fast immer ohne Dirigent, das Ensemble wird also von der Konzertmeisterposition aus geleitet, oft von Gabriel Adorjan.

    Freudeskreis der Bayerischen Kammerphilharmonie: unschätzbar

    Seit 2007 hat Holub das Amt des Geschäftsführers übernommen. Zu seinen vielfältigen Aufgaben zählen die finanzielle Planung, künstlerische Konzeption sowie die Sponsorenakquise, denn die bkp ist ein frei finanziertes Ensemble, das durch Spenden, aus Eintrittsgeldern sowie Überschüssen aus Gastspielen existiert. Viel Unterstützung kommt aus dem Freundes- und Förderkreis der bkp „unschaetzbar e.V.“. „Das hat uns jetzt in Corona-Zeiten bisher gerettet“, ist Holub froh.

    Gefördert wird das Orchester zudem durch das Land Bayern, den Bezirk Schwaben und die Stadt Augsburg. Doch feste Fördermittel gebe es von Land und Bezirk kaum, sie müssten meist jährlich beantragt werden. Spenden, Fördermittel und Einnahmen machten normalerweise jeweils ein Drittel aus. Jetzt habe man zudem versucht, Corona-Hilfsmittel etwa aus dem Neustart-Kulturprogramm zu kriegen. „Aber leider ist daraus bislang bei uns noch nichts angekommen“, bedauert Holub.

    „Zudem liegen Vertragsverhandlungen, die Gastspielakquise, die Verpflichtung von Solisten, Recherchearbeiten und anderes in meiner Verantwortung“, zählt er auf. Glücklicherweise habe er tatkräftige Unterstützung von Katharina Moritz im Büro und von seinen Vorstands- und Musikerkolleginnen und -kollegen in künstlerischen Fragen sowie in der Zusammenstellung der Besetzungen für die Projekte.

    Konzertpädagogin Dr. Stefana Teteica ist im Bereich Kinder- und Jugendförderung der bkp aktiv.
    Konzertpädagogin Dr. Stefana Teteica ist im Bereich Kinder- und Jugendförderung der bkp aktiv. Foto: Dr. Stefana Teteica privat

    Konzertreihe "un-er-hört" der bkp

    Seit der Gründung hat sich die Arbeit der bkp im Laufe der 31 Jahre immer wieder gewandelt. Eine große und wichtige Veränderung sieht Holub in der 2004 begründeten Konzertreihe „un-er-hört“. Sie sei eine absolute Erfolgsgeschichte. Was 2004 klein anfing, ist inzwischen mit nahezu immer ausverkauften Konzerten ein absolutes Highlight des schwäbischen Kulturlebens.

    „Dadurch konnten wir ein eigenes künstlerisches Profil bilden“, erklärt er. Sehr geprägt habe das Ensemble die Zusammenarbeit mit dem Alte-Musik-Spezialisten und langjährigen Gastdirigenten Reinhard Goebel. Genauso ist das Orchester jedoch offen für zeitgenössische Musik, was sich auch in zahlreichen Auftragswerken und Uraufführungen widerspiegelt. „Wir sind nicht festgelegt auf eine Epoche und spielen, je nach Repertoire, für die Zielgruppe von 0 bis 99, wie es bei einem Spieleverlag heißt“, stellt der Geschäftsführer mit Augenzwinkern fest.

    Niemand kann derzeit sagen, wann das bkp wieder sein Publikum live begeistern kann. „Wir brauchen noch sehr viel Geduld und Energie, um heil aus der Pandemie rauszukommen“, ist sich Holub sicher, „aber wir werden es schaffen!“

    Kinder- und Jugendförderung der Bayerischen Kammerphilharmonie

    Die „bayerische kammerphilharmonie“ (bkp) engagiert sich seit 2018 verstärkt im Bereich der Kinder- und Jugendförderung. Unter dem Label „young bkp“ werden gemeinsam mit der Konzertpädagogin Dr. Stefana Titeica eine eigene Kinder- beziehungsweise Familienkonzertreihe angeboten sowie verschiedene interdisziplinäre Workshops für Lehrer und Schulklassen.

    Dr. Titeica entwickelt die Programme nach einem kreativen Brainstorming mit dem bkp-Team. „Diese sind so konzipiert, dass sie nicht nur attraktiv und musikpädagogisch wertvoll, sondern auch dem laufenden Repertoire der bkp bestens angepasst sind“, erklärt die erfahrene Spezialistin. Nun hat sie für die Pandemiezeit Fortbildungen entwickelt, wie man „jetzt erst recht“ Musikunterricht unter Corona-Bedingungen abhalten kann. Damit will sie Lehrkräften der Grundschule Mut machen, den Musikunterricht der aktuellen Situation anzupassen. Der interaktive Workshop bietet Anregungen, die sofort umsetzbar sind.

    Weitere Artikel aus der Verlagsbeilage "Unsere Region, unsere Heimat" gibt es hier.

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