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Bliensbach/Hohenreichen: „Kürzer treten, um länger zu springen“ – ein Ruhestandspfarrer erfüllt sich diesen Wunsch

Bliensbach/Hohenreichen

„Kürzer treten, um länger zu springen“ – ein Ruhestandspfarrer erfüllt sich diesen Wunsch

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    Täglich mehrere Messen wird der Ruhestand-Pfarrer Alois Roßmanith auch dieses Jahr in der Pfarreiengemeinschaft Bliensbach an Weihnachten abhalten.
    Täglich mehrere Messen wird der Ruhestand-Pfarrer Alois Roßmanith auch dieses Jahr in der Pfarreiengemeinschaft Bliensbach an Weihnachten abhalten. Foto: Konrad Friedrich (Archiv)

    Einen Tag vor dem Heiligabend sortiert er um die Mittagszeit Liedblätter. Für vier verschiedene Gemeinden. Jede braucht und bekommt eine individuelle Abfolge. Bei den einen mit Chor, bei den anderen ohne. Pfarrer Alois Roßmanith hat Routine. Im Frühjahr dieses Jahres feierte er sein 50. Priesterjubiläum. Seit einigen Jahren wirkt der 81-Jährige als „Pfarrer im Ruhestand“ in der Pfarreiengemeinschaft Bliensbach. Das will er auch weiterhin, doch deutlich eingeschränkter. Ein Weihnachtswunsch?

    Ruhestandspfarrer Alois Roßmanith will einen gemeinsamen Weg suchen

    „Es ist meine Entscheidung, wenn ich im Ruhestand bin“, erzählt Roßmanith auf Anfrage. „Ich habe zu überlegen, was ich wo noch wie viel tun kann.“ Seit zehn Jahren mache er jetzt praktisch alles, was er sonst auch machte. Offiziell heiße es: „Ich habe keine Aufgaben und Verantwortung.“

    Bereits im Spätsommer informierte Pfarrer Roßmanith den örtlichen Pastoralrat in einem Schreiben, dass er spüre, dass ihn drei Sonntagsgottesdienste zusehends anstrengen – „obwohl ich sie immer gerne feiere“. Damit er – so Gott will – diesen Dienst noch möglichst lange tun könne, suche er nun eine Lösung, „die meinen Möglichkeiten und der engeren Verbundenheit unter den Gemeinden dienlich sein kann“. So schreibt Roßmanith im Weihnachtsbrief der Pfarreiengemeinschaft Bliensbach und bietet gleichzeitig an, gemeinsam nach einem Weg zu suchen. Dabei hat der 81-Jährige bereits eine konkrete Vorstellung, wohin es künftig führen könnte.

    81-jähriger Pfarrer kommt an seine Grenzen mit vier Messen an jedem Wochenende

    Roßmanith ist sich sehr bewusst, dass pensionierte Pfarrer „landauf und landab immer mehr gefragt sind“, weil es weniger junge Nachfolger gibt. „Senior-Priester ähnlich wie Senior-Chef“ ist ein neuer Begriff, der gerade im Kommen sei, erklärt er am Telefon. Doch von Titeln hält er grundsätzlich nicht viel. „Schlosskaplan“ ist der einzige, an den er sich mittlerweile gewöhnt hat. Den haben ihm die Menschen in den vergangenen Jahren in Hohenreichen gegeben. Dorthin zog er nach seiner letzten Pfarrei Höchstädt. Jeden Freitagabend feiert Roßmanith eine Messe in der kleinen, auf einer Anhöhe gelegenen ehemaligen Schlosskapelle des Wertinger Stadtteils. Das will er auch beibehalten. Wenn er dazu am Wochenende noch drei weitere Gottesdienste und womöglich noch eine Taufe abhalte, komme er mittlerweile an seine Grenzen.

    Sechs Kirchengemeinden – Bliensach, Hirschbach, Laugna, Modelshausen, Osterbuch und Prettelshofen – betreut der 81-Jährige gemeinsam mit Pfarrer Wesolowski Tomasz. „Wenn jede Gemeinde voll versorgt werden will, muss ich viele Gottesdienste halten“, sagt Pfarrer Roßmanith. Im Weihnachtsbrief bringt er somit einen Vorschlag ein, der die Pfarreiengemeinschaft nicht noch mehr trennen, indem Gottesdienste einfach ausfallen, sondern möglichst zusammenführen soll – „über die eigenen Grenzen hinaus“.

    Ganz konkret könne das so aussehen: „Jeweils drei Gemeinden versammeln sich mit mir am Sonntag um 10 Uhr zu einem gemeinsamen Gottesdienst dort, wo ich eingeteilt bin.“ Durch Fahrgemeinschaften, spinnt Roßmanith den Gedanken weiter, könnten zudem menschliche Verbundenheit, aber auch Glaubensgemeinschaft gestärkt werden. Dieses Modell würde seines Erachtens „eine Zukunft für unsere Gottesdienst-Gemeinden offenhalten, ohne dass aus Mangel an Besuchern Kirchen geschlossen und umfunktioniert werden“. Zu besonderen Festtagen und Anlässen sei er weiterhin bereit, einen eigenen Gottesdienst stattfinden zu lassen.

    Als Pfarrer im Ruhestand entscheidet Alois Roßmanith grundsätzlich selbst, was er in welchem Umfang noch machen kann. Künftig will er etwas kürzertreten.
    Als Pfarrer im Ruhestand entscheidet Alois Roßmanith grundsätzlich selbst, was er in welchem Umfang noch machen kann. Künftig will er etwas kürzertreten. Foto: Bernd Rottmann (Archiv)

    Konkret will sich Pfarrer Alois Roßmanith ab seinem 82. Lebensjahr etwas zurückziehen. „Kürzer treten, um länger springen zu können“, nennt er es in seiner gewohnt humorvollen und gleichzeitig tiefgründigen Art. Mitte Februar ist es demnach so weit. Bis dahin hofft er, dass ihn Menschen dabei unterstützen, das Modell geduldig zu erklären und verantwortungsvoll mitzutragen. Am ersten Fastensonnntag will Roßmanith gerne damit starten.

    Die Liedauswahl und Predigten für die Pfarreiengemeinschaft Bliensbach sind vorbereitet

    Erst steht jetzt allerdings Weihnachten an. Christmette in Hohenreichen um 19 Uhr, danach in Laugna um 20.30 Uhr. Am ersten Weihnachtsfeiertag Messfeiern in Prettelshofen und Hirschbach samt Kindersegen, am zweiten Feiertag dann Gottesdienst um 10 Uhr in Bliensbach, abends die Waldlermesse in Modelshausen. Die Predigten und Liedauswahl sind vorbereitet. „Zu Bethlehem geboren“ – das Lied wird an Heiligabend im Mittelpunkt stehen. Jede gesungene Strophe im Wechsel mit seinen Gedanken dazu. Am ersten Weihnachstsfeiertag geht es dann weiter mit „Es ist ein Ros‘ entsprungen“. Womöglich als Anlehnung an die neue Idee, die dem erfahrenen Pfarrer entspringt.

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