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Kommentar: Eine zweite Abwrackprämie wäre das falsche Mittel

Kommentar

Eine zweite Abwrackprämie wäre das falsche Mittel

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    Bayern und Niedersachsen wünschen sich in der Corona-Krise auch eine Kaufprämie für Benziner und Diesel.
    Bayern und Niedersachsen wünschen sich in der Corona-Krise auch eine Kaufprämie für Benziner und Diesel. Foto: Bernd Hohlen

    Zweiter Anlauf für die Abwrackprämie: Bayern und Niedersachsen versuchen noch einmal, womit sie vor drei Monaten gescheitert waren: Das Duo will bei dem Autogipfel an diesem Dienstag ein Milliardenprogramm für die wichtigste deutsche Industrie durchdrücken. Ein Kaufbonus soll her, damit die Kunden bei Benzinern und Dieseln zugreifen. Das Prinzip lautet: Die Alten in die Schrottpresse, um in den Garagen Platz für Neue zu schaffen. Denn auf riesigen Parkplätzen warten hierzulande tausende fabrikfrische Wagen auf Käufer.

    Sie sind das Symbol dafür, dass es Deutschlands Leitbranche nach einem goldenen Jahrzehnt voller Rekorde schlecht geht. Bei den Zulieferern droht der Abbau zehntausender Stellen und sogar das Verschwinden ganzer Unternehmen, weil sie in die Pleite rutschen. Doch der neuerliche Versuch, Geld der Steuerzahler in großem Umfang zu mobilisieren, kommt kraftlos daher.

    Der Begriff "Abwrackprämie" ist verbrannt

    Die Ministerpräsidenten Bayerns und Niedersachsens, Markus Söder und Stephan Weil, mussten im Vorfeld der Runde um den heißen Brei herum reden. Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg hielt sich bedeckt. Die Abwrackprämie darf nicht mehr so heißen, weil der Begriff verbrannt ist. Und anders als noch im Sommer fehlt ihnen die Unterstützung der Arbeitnehmerseite.

    Die IG Metall hat erkannt, dass sie nicht noch einmal alten Wein auftischen kann. Die Gewerkschaft geht jetzt stattdessen mit der Forderung nach einem staatlichen Beteiligungsfonds in das Treffen. Die Regierung soll sich direkt an Zulieferern beteiligen und damit verhindern, dass sie in Konkurs gehen. Dieser Ansatz ist zwar neu, hat aber aufseiten von CDU und CSU Gegner, weil er gegen die klassischen Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft verstößt.

    Für die Beschäftigten, die sich um ihre Arbeitsplätze sorgen, sind das keine gute Nachrichten. Eine zerbröselte Front hat in Berlin noch selten etwas durchsetzen können. Die Kanzlerin erklärte kühl, dass sie die bisher von ihrer Regierung beschlossenen Konjunkturhilfen für ausreichend hält.

    Angela Merkel ist aber gleichzeitig pragmatisch und vernünftig. Sie wird nicht zulassen, dass Deutschlands wichtigster Wirtschaftszweig in die Knie geht. Gegen eine zweite Abwrackprämie spricht jedoch Zweierlei. Einerseits kämen Konzerne in ihren Genuss, die bei Dieselmotoren getrickst und getäuscht haben. Andererseits brauchen eben jene Großen diese Unterstützung gar nicht unbedingt. Eine aktuelle Analyse des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft kommt zu dem Schluss, dass vor allem kleine Zulieferer gefährdet sind. Daimler, VW und BMW können den schwersten Wirtschaftseinbruch seit Jahrzehnten überstehen, weil in China die Konjunktur wieder anspringt. Die großen Zulieferer wie Bosch und ZF sind ebenfalls gut gewappnet, um die Corona-Krise und den Wandel zur Elektromobilität zu meistern.

    Bundesregierung sollte die Überbrückungshilfe lockern

    Wirklich bedroht sind kleine Zulieferer, die hoch spezialisiert sind. Ihnen setzt der Doppelschlag aus tiefem Abschwung und Abschied vom Verbrenner zu. Für sie steht ein Instrument parat, dass bisher nur wenig genutzt wurde. Von den Überbrückungshilfen im Umfang von 25 Milliarden Euro ist nicht einmal eine Milliarde abgeflossen. Wirtschaftsverbände hatten kritisiert, dass die Bedingungen bisher zu eng gefasst waren. Die Bundesregierung könnte die Kriterien mit wenigen Federstrichen lockern und somit das Programm für viel mehr Unternehmen öffnen. Arbeitsplätze ohne Chance auf Zukunft zu retten, wird aber selbst dem Staat nicht auf Dauer gelingen.

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