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Kommentar: Wer Innovationen will, muss in der Grundschule beginnen

Kommentar

Wer Innovationen will, muss in der Grundschule beginnen

Matthias Zimmermann
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    Die Corona-Pandemie hat die Ungerechtigkeiten im Bildungssystem verstärkt.
    Die Corona-Pandemie hat die Ungerechtigkeiten im Bildungssystem verstärkt. Foto: Roland Weihrauch, dpa

    Die Liste staatlich geförderter Spitzenforschungsprojekte ist lang – und wird auch immer länger. Das ist schon richtig so, denn vom Klimaschutz bis zur digitalen Revolution stehen wir vor immensen gesellschaftlichen Aufgaben, die keine Branche allein schultern kann. Um sie zu meistern, dürfte technischer Fortschritt unsere größte Hoffnung sein. Doch mit deutlich weniger Geld könnte man woanders enormen Nutzen erzielen.

    Ein Hochtechnologieland braucht gut ausgestattete Hochschulen, eine enge Vernetzung von Theorie und Praxis sowie Unterstützung für Start-ups. Da hat Bayern im internationalen Vergleich sehr viel zu bieten. Doch auch in unserem reichen und erfolgreichen Bundesland gibt es ein riesiges Potenzial für Innovation, das bisher von keiner Exzellenzinitiative berücksichtigt wurde. Dabei liegt es eigentlich auf der Hand: Nicht Maschinen haben Ideen, sondern Menschen. Damit Menschen aber alles, was in ihnen steckt, zur Geltung bringen können, muss man sie fördern – und zwar von Anfang an.

    Die blinden Stellen im Bildungssystem liegen nun offen dar

    Die Corona-Pandemie hat die blinden Stellen in unserem Bildungssystem schmerzhaft ans Licht gebracht. Besonders deutlich wurde die Misere an unseren Schulen. Natürlich gibt es sehr viele Lehrerinnen und Lehrer, die mit enormem Einsatz, Flexibilität und Einfallsreichtum versucht haben, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen. Doch unterm Strich bleibt trotzdem die Erkenntnis: Schülerinnen und Schüler, die schon Startschwierigkeiten hatten beim Lernen, wurden im Homeschooling oft still und heimlich abgehängt.

    Das ist besonders bitter, da schon so viele Studien belegten, dass die Bildungsungerechtigkeit in Deutschland im internationalen Vergleich hoch ist. In erster Linie bleibt das ein himmelschreiender sozialer Missstand. Aber an zweiter Stelle ist es eben auch ein Standortnachteil, den wir uns auf Dauer nicht leisten können. Man muss nicht die märchenhafte Erfolgsgeschichte der Biontechgründer Özlem Türeci und Ugur Sahin, dem zunächst die Empfehlung fürs Gymnasium verweigert wurde, bemühen, um zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, daran zu glauben, dass jedes Kind einmal etwas Besonderes schaffen kann. Dieser Glaube geht unserem Schulsystem leider zum größten Teil ab.

    Im Jahr 2021 sollte jedes Klassenzimmer Internetanschluss haben

    Niemand konnte mit der Pandemie rechnen. Aber dass es in einer Zeit, in der alle Bereiche unseres Lebens von Vernetzung und digitaler Technik bestimmt werden, ausgerechnet die Schulen so völlig unvorbereitet traf, spricht Bände. Über die Frage, wie dringend und sinnvoll Luftfilter für jedes Klassenzimmer sind, kann man aus guten Gründen unterschiedlicher Meinung sein. Dass jedes Klassenzimmer im Jahr 2021 einen Internetanschluss haben sollte, müsste aber unstrittig sein. Schulschließungen kommen hoffentlich nicht wieder. Aber wenn nach den Ferien die Inzidenzzahlen wieder hochgehen, müssen sicher auch wieder einzelne Schüler oder gar ganze Klassen in Quarantäne. Mit anderen Worten: Digitale Lernmethoden werden bleiben – auch über die Krise hinaus. Sie bieten Chancen für die Zukunft, wenn auch mal Experten in den Unterricht zugeschaltet werden können oder Lerninhalte individuell vertieft werden können.

    Wohlgemerkt: Das ist kein Plädoyer dafür, dass Kinder nur noch am Computer lernen sollten. Die Bildschirmzeit darf nicht endlos verlängert werden. Kinder müssen in der Freizeit aktiv sein, draußen und mit anderen toben und spielen. Aber dafür sind erst mal die Eltern verantwortlich. Die Schule muss garantieren, dass jedes Kind die gleichen Chancen auf Bildung hat. Bis zum Ende der Sommerferien jedes Klassenzimmer mit Internet auszurüsten, wäre da ein guter Anfang.

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