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Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa
Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

Künstliche Intelligenz findet ihren Platz in immer mehr Unternehmen. Langsam wird die Technik für den Mittelstand interessant.

KI
06.03.2020

Künstliche Intelligenz erreicht den Mittelstand

Von Michael Kerler

Die Technik wandelt sich rasant, Anwendungsfälle gibt es auch für kleinere Firmen. Vom Einkauf bis hin zum Schreiben von Rechnungen.

Im Alltag nutzen wir Künstliche Intelligenz bereits, ohne darüber nachzudenken. Assistenzsysteme im Auto erleichtern das Einparken. Übersetzungsprogramme helfen Studenten im Auslandssemester. Und wer gerne Musik über Dienste wie Spotify hört, kann sich eine Liste mit neuen Songs zusammenstellen lassen. Dahinter stecken lernende Algorithmen – Programme, die den individuellen Geschmack erkennen. In großen Konzernen ist die Nutzung Künstlicher Intelligenz, kurz KI, schon Standard. Langsam erreicht sie aber auch kleine und mittelständische Unternehmen. Dies zeigte eine Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer Schwaben diese Woche – die „AI Convention“.

Künstliche Intelligenz, englisch Artificial Intelligence (AI), stellt eine neue Stufe der Informatik dar, die es Computern erlaubt, Probleme eigenständig zu bearbeiten und sich auf ändernde Bedingungen einzustellen. So definiert es das Forschungsministerium. Die Systeme lernen und können mit Unsicherheiten umgehen. Die Technik lebt dabei von der Verarbeitung großer Datenmengen.

Fernwartung: Ausfälle von Maschinen prognostizieren

In der Industrie gibt es schon KI-Anwendungen, die helfen, Kosten oder Zeit zu sparen. Künstliche Intelligenz ermöglicht es zum Beispiel, Maschinenausfälle zu prognostizieren, sagt Torsten Hartmann vom Branchenverband Bitkom. Aus den Daten von Sensoren, etwa über Temperatur oder Druck, gepaart mit Erfahrungswerten, lässt sich bestimmten, wann es für eine Maschine kritisch wird. So können Ersatzteile bestellt werden, noch bevor der Schaden eintritt. Ähnlich lasse sich mithilfe von Künstlicher Intelligenz berechnen, welche Produkte dem Nutzer in einem Onlineshop als Nächstes angezeigt werden. Als Basis können Informationen über das Kaufverhalten dienen, aber auch dessen Klickverhalten in den letzten 120 Sekunden.

Der Autozulieferer Faurecia mit einem großen Standort in Augsburg optimiert mit Künstlicher Intelligenz bereits den Einkauf des Rohstoffs Stahl. Das französische Unternehmen hat weltweit rund 130.000 Mitarbeiter und beschäftigt ein eigenes KI-Team in Paris. „In Großunternehmen ist das Thema Künstliche Intelligenz zweifelsfrei angekommen“, berichtet Klaus Spindler, der bei Faurecia für das Thema zuständig ist und unter dem Dach der Industrie- und Handelskammer Schwaben einen Arbeitskreis zur KI leitet – das „AI Network“. Spindler ist sich aber sicher, dass es dabei nicht bleibt. „Künstliche Intelligenz erreicht auch den Mittelstand“, sagt er. „Dieser wird hier einsteigen müssen.“

Klaus Spindler: Künstliche Intelligenz kann ganze Geschäftsmodelle verändern

Die Hauptfrage für kleinere und mittlere Unternehmen wird anfangs sein: Wo wende ich KI an? „Dazu müssen wir Anwendungsbeispiele liefern“, sagt Spindler. Im „AI Network“ tauschen sich rund 80 bis 100 Teilnehmer aus. KI habe das Potenzial, ganze Geschäftsmodelle zu verändern. „In nächsten zehn Jahren werden wir vermehrt Anwendungen sehen, es wird kein Weg daran vorbeiführen“, ist sich Spindler sicher.

In Firmen unter 100 Mitarbeitern werde Künstliche Intelligenz bisher noch selten genutzt, sagt Software-Spezialist Thomas Fraunholz vom IT-Unternehmen Wogra aus Gersthofen, das derzeit 26 Mitarbeiter hat. „Das Thema nimmt aber Schwung auf“, ist er überzeugt. Fraunholz erwartet, dass Künstliche Intelligenz den Durchbruch in kleineren Betrieben schaffen kann, wenn es vermehrt standardisierte Anwendungen gibt, die weniger Entwicklungsarbeit erfordern. Anwendungsfälle gäbe es viele: „Handwerker suchen sicher händeringend nach Techniken, die zum Beispiel den Umgang mit Rechnungen automatisieren könnten.“

In Kempten bietet Firmengründerin Julia König in ihrem sechs Mitarbeiter zählenden Unternehmen Ehrenmüller KI-Lösungen an. Da man heute auf bestehende Modelle zurückgreifen könne, sieht sie Künstliche Intelligenz auch als Lösung für Firmen zwischen 15 und 50 Mitarbeitern. Vor einer Investition sollten diese aber durchrechnen, wie viel Kosten sie mit KI sparen, wie viel zusätzlicher Umsatz generiert werden könne und wann sich die Investition amortisiert. Für einen Großhändler optimiert Ehrenmüller zum Beispiel den Einkauf.

Thomas Fraunholz, Wogra: Es werden auch neue Jobs entstehen

Wird aber die fortschreitende Automatisierung nicht Jobs kosten? „Es ist ein Schreckgespenst, dass Arbeitsplätze verloren gehen, es entstehen aber auch viele neue“, meint IT-Experte Fraunholz. Der Plattform Industry of Things zufolge setzen sich in Deutschland 247 junge Unternehmen mit KI auseinander. Schwerpunkte seien Berlin mit 95 Start-ups und München mit 61.

Wie sagte Google-Vertreter Milan Wiezorek in Augsburg? „Die Methoden sind alle da, man muss nur etwas riskieren.“

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