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Lehrstellenoffensive: Kaufmann für Büromanagement: Verantwortung für ein Altenheim mit 150 Menschen

Lehrstellenoffensive

Kaufmann für Büromanagement: Verantwortung für ein Altenheim mit 150 Menschen

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    Simon Wille ist Auszubildender für Büromanagement im Haus der Senioren in Gundelfingen.
    Simon Wille ist Auszubildender für Büromanagement im Haus der Senioren in Gundelfingen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Simon Wille hat aber einen besonderen Arbeitsplatz. Er arbeitet im Haus der Senioren in Gundelfingen, eine soziale Einrichtung, die älteren Menschen ein Zuhause bietet. Der 20-Jährige lernt den Beruf des Kaufmanns für Büromanagement. Damit ist er zuständig für das reibungslose Funktionieren im Hintergrund. „Es ist ein extremer Unterschied, ob man wie meine Kollegen in einem Autohaus, in der Industrie oder im Handwerk arbeitet und dort Aufträge herausgibt und Angebote einholt, oder hier im Haus der Senioren“, sagt der Auszubildende. „Hier stehen nämlich die Menschen im Mittelpunkt.“

    Umso wichtiger ist es, dass die Abläufe im Haus gut funktionieren, sei es im Büro oder an der Pforte. Dafür ist er als angehender Kaufmann zuständig.

    Verantwortungsvolle Aufgaben: Medikamente ordern, Besuchstermine koordinieren

    Um 7.45 startet Simon Wille seinen Arbeitstag. Er verteilt als erstes die Zeitungen an die Bewohner des Hauses, je nachdem, welcher der älteren Damen und Herren welches Abo hat. Dann kümmert er sich um die Post und hängt die Speisepläne auf. „Jeder will schließlich wissen, was es mittags zu essen gibt“, sagt er. Zu seiner Arbeit gehören verantwortungsvolle Aufgaben, zum Beispiel muss er die Anforderungen für Medikamente, welche die älteren Damen und Herren bekommen, an die Ärzte weitergeben. Der 20-Jährige verwaltet auch die Taschengeldkassen der Bewohner.

    Das Arbeitszimmer von Simon Wille liegt derzeit gleich an der Pforte. Für Besucher ist er häufig der erste Ansprechpartner. Jetzt, in der Corona-Zeit, vereinbart er Besuchstermine für die Angehörigen. Zu Stoßzeiten klingelt häufig das Telefon, sein Rat ist gefragt. „Es gibt stressige Stunden, zu anderen Zeiten ist es dann ruhiger“, sagt der Auszubildende. Gerade durch die Corona-Epidemie herrscht viel Unsicherheit, da ist es gut, wenn ein Fachmann wie Simon Wille hilft.

    Ein Kaufmann für Büromanagement ist zuständig für alle Büroaufgaben und Geschäftsprozesse in einem Unternehmen, vor allem kümmert er sich um die Organisation des Büros. Der Arbeitsort von Simon Wille ist der Schreibtisch, darauf ein Telefon, eine Ablage, der Raum an der Pforte ist hell gestrichen, eine Orchidee steht am Fenster, ein Kreuz hängt an der Wand. Als Kaufmann bestellt und bezahlt Simon Wille Getränke, Lebensmittel, Pflegematerial – wichtige Dinge, die nicht fehlen dürfen. „Ich habe eine vielfältige Aufgabe“, sagt der Azubi. Kommen neue Bewohner ins Haus, erfasst er ihre Daten und scannt die Arztbriefe ein. Er kümmert sich um die Korrespondenz, wenn sich der Pflegegrad eines Bewohners ändert oder bereitet die Dokumente für das Standesamt vor, wenn ein Bewohner stirbt. Bisher ist die Corona-Epidemie glimpflich am Haus der Senioren vorübergezogen, sagt Heimleiter Markus Moll.

    Kaufmann für Büromanagement: Drei Jahre Ausbildung

    Bereits im September 2019 hat Simon Wille mit seiner Ausbildung begonnen. Normalerweise dauert diese drei Jahre, der 20-Jährige kann sie aber auf zweieinhalb Jahre verkürzen. Simon Wille hat zuvor das Gymnasium bis zur 10. Klasse besucht und die Mittlere Reife erlangt. „Ich wollte raus aus dem Schulalltag und etwas Praktisches machen.“ Deshalb hat er die Lehre gestartet. „Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung.“ Nach seiner Ausbildung will er sich gleich weiterqualifizieren und eine Ausbildung zum Bilanzbuchhalter anschließen; im Haus der Senioren wird er weiterarbeiten.

    Warum aber hat sich der junge Mann in einem Altenheim beworben? „Ich war mein ganzes Leben sozial tätig und hatte früher bereits in einem Kinderheim mitgeholfen. Es macht mir Spaß, das soziale Engagement im Beruf weiterzuführen“, sagt er. „Bei Altenheimen denkt jeder zuerst an die Pflegekräfte, es arbeiten aber viel mehr Menschen hier mit. Die Abläufe im Hintergrund müssen auch funktionieren, Rechnungen bezahlt werden und Lieferungen kommen.“ Organisationstalente wie ihn wird man immer brauchen, das macht den Beruf krisenfest.

    Anfangs zwei Tage, später einen Tag in der Woche geht Simon Wille auf die Berufsschule, die restliche Zeit ist er im Haus der Senioren. Wer sich für den Beruf des Kaufmanns für Büromanagement interessiert, für den hat er Tipps: „Man sollte keine Angst vor Zahlen haben und stressresistent sein.“ Es gibt eben Stichtage, zu denen ein Dokument fertig sein muss. Was man noch mitbringen muss? „Gesunden Menschenverstand, um einzuschätzen, wie man eine Aufgabe am besten erledigt.“

    Haus der Senioren: Eine Tradition, die ins Jahr 1418 zurückreicht

    Die Cafeteria im Haus der Senioren ist aus Glas und lichtdurchflutet. Immer wieder kommt ein älterer Herr oder eine ältere Frau herein, manchmal im Rollstuhl. Manche Bewohner unterhalten sich, manche blicken hinaus in den Garten. Das Haus der Senioren hat eine besondere Geschichte, die bis ins Jahr 1418 zurückreicht. Damals gründete der Gundelfinger Richter Johann Sitzenberger eine Spitalstiftung. Er verfügte, dass eines seiner drei Kinder – seine Tochter Margarethe – ihr Leben lange im Spital wohnen können soll. Es wird vermutet, dass die Tochter eine Krankheit oder Behinderung hatte. Das Haus hat seither mehrmals die Funktion geändert. „Wir sind heute eine moderne Pflegeeinrichtung, die sich auf Demenz spezialisiert hat“, berichtet Leiter Markus Moll. Die Bewohner sind im Regelfall über 70 Jahre alt, es gibt 154 Pflegeplätze und 21 im betreuten Wohnen. Das Haus hat rund 160 Mitarbeiter, davon 7 Bürokräfte. Im Innenhof steht ein Häuschen, in dem Hühner leben – diese geben nicht nur Eier, sondern bieten auch Abwechslung.

    Gefragt sind Kenntnisse am PC

    „Es ist uns wichtig, gutes Personal im kaufmännischen Bereich auszubilden“, sagt Moll. Wichtig ist ihm, dass die angehenden Kaufleute sicher mit EDV-Programmen umgehen können. „Schnelle Prozesse und gesunde Strukturen in der Verwaltung ermöglichen es uns, mehr Ressourcen für unsere Bewohner und die Pflege zur Verfügung zu stellen“, sagt Moll. Sein Ziel: die komplette Digitalisierung der Buchhaltung. Für Azubis bedeutet dies: „Wer den Beruf lernen will, sollte ein Händchen für EDV, Informatik und Applikationen mitbringen und Lust haben, am PC zu arbeiten.“ Ebenfalls wichtig in seiner sozialen Einrichtung: Helfen zu wollen, freundlich zu Menschen zu sein. „Wir sehen uns als Dienstleister, das gilt für die Pflege, aber auch für die Verwaltung“, sagt der Chef des Hauses der Senioren.

    Die Spitalstiftung in Gundelfingen mit dem Haus der Senioren hat über 600 Jahre Geschichte.
    Die Spitalstiftung in Gundelfingen mit dem Haus der Senioren hat über 600 Jahre Geschichte. Foto: Haus der Senioren

    Zur Pforte kommt eine Besucherin herein. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragt Azubi Simon Wille. Wer das Haus der Senioren später verlässt, kann sich ein kleines Geschenk mitnehmen: Eine Gedichtzeile und einen kleinen Schmuckstein. „Frühling ist die Musik der Natur!“, steht auf einem der Kärtchen.

    Simon Wille hat bald, gegen 16.45 Uhr, Feierabend. Halt, eine Aufgabe steht noch an: Die drei Hühner im Hof zu füttern.

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