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Foto: Marcus Merk
Foto: Marcus Merk

Bisher ist Amazon in unserer Region in Graben südlich von Augsburg vertreten. Jetzt könnte ein neuer Standort am Allgäu Airport hinzukommen.

Memmingen
03.12.2020

Amazon will sich am Allgäu Airport ansiedeln

Von Helmut Kustermann

Plus Amazon möchte ein Verteilzentrum bauen. Allgäuer Landkreise und Städte sind Mitbesitzer des Grundstücks. Nun wird diskutiert, wie man sich verhalten soll.

Hinter verschlossenen Türen diskutieren Allgäuer Kommunalpolitiker über ein brisantes Thema: Der Versandriese Amazon will sich auf einer Gewerbefläche beim Memminger Flughafen ansiedeln und ein Verteilzentrum bauen. Der Konzern hat entsprechende Informationen unserer Redaktion bestätigt. Das fragliche Grundstück ist im Besitz einer Gesellschaft, der alle Allgäuer Landkreise und kreisfreien Städte angehören. Noch ist nicht klar, ob das Geschäft zustande kommt. Doch eine kontroverse Diskussion bahnt sich an.

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Allgäuer Kommunen hatten vor einigen Jahren Gewerbeflächen am Flughafen gekauft, um den finanziell schwer angeschlagenen Memminger Flughafen zu retten. Eine Gesellschaft wurde gegründet, der auch Banken aus der Region angehören. Amazon interessiert sich nach Informationen unserer Redaktion für eine mindestens 30.000 Quadratmeter große Fläche. Das Verteilzentrum selbst soll offenbar mehrere tausend Quadratmeter groß werden. Von dort aus würden weite Teile des Allgäus bedient.

"Wenn Amazon hierher kommt, ist das ein verheerendes Signal"

Die Gesellschaft habe die Aufgabe, „Grundstücke zu verwerten“, sagt Werner Birkle, einer der beiden Geschäftsführer. Insofern stehe er dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber. Aber natürlich sei er sich darüber im Klaren, „dass der Name Amazon in der Bevölkerung nicht immer positive Reaktionen hervorruft“, fügt der frühere Bürgermeister von Buxheim (Unterallgäu) hinzu. So haben Gewerkschaftsvertreter in der Vergangenheit immer wieder die Arbeitsbedingungen bei Amazon kritisiert. Und es gibt sogar Stimmen, dass der Konzern aus Wettbewerbsgründen eigentlich zerschlagen werden müsste, da die Macht des Riesen inzwischen deutlich zu groß geworden sei.

In der Region führt die mögliche Amazon-Ansiedlung ebenfalls zu Kritik: Er sei wütend, sagt ein Kommunalpolitiker aus dem Unterallgäu. „Wenn Amazon hierher kommt, ist das ein verheerendes Signal. Schließlich ist der Online-Handel die größte Bedrohung für unsere Innenstädte.“ Einem Kollegen gehen ähnliche Gedanken durch den Kopf. Mit dem Slogan „Lass den Klick in Deiner Stadt“ werbe man dafür, den einheimischen Einzelhandel zu unterstützen. „Und dann lässt man es zu, dass sich Amazon hier ansiedelt?“

Amazon über mögliches Verteilzentrum bei Memmingen: "einen noch besseren Service" bieten

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sprachen Allgäuer Kommunalpolitiker bereits über das Ansinnen von Amazon. Nach Informationen unserer Redaktion haben der Memminger Oberbürgermeister Manfred Schilder und der Unterallgäuer Landrat Alex Eder die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden informiert. Nach seiner Einschätzung sei „dem Interessenten“ daran gelegen, dass über den Grundstückskauf möglichst bald entschieden wird, sagt Eder auf Anfrage unserer Redaktion. Der Unterallgäuer Kreistag werde sich in einer nicht öffentlichen Sitzung am Montag damit beschäftigen, berichtet der Landrat.

Wird dann bereits abgestimmt oder kommt das Thema später nochmals auf die Tagesordnung? „Ich könnte mit beidem leben“, antwortet Eder. In Memmingen wird sich der Finanzausschuss des Stadtrates am kommenden Dienstag mit Amazon beschäftigen. Damit das Grundstücksgeschäft zustande kommt, muss die Besitzer-Gesellschaft laut Geschäftsführer Birkle mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Zu den Befürwortern gehört der Kaufbeurer Oberbürgermeister Stefan Bosse: „Ich sehe das insgesamt positiv, zumal der Flughafen eine ausgezeichnete Verkehrsanbindung hat.“

„Wir prüfen derzeit die Möglichkeit, ein Verteilzentrum in der Region um Memmingen zu eröffnen“, heißt es bei Amazon. Ziel sei es, den Kunden in der Region „einen noch besseren Service“ zu bieten. Zudem werde man Arbeitsplätze schaffen. Das Interesse von Amazon hat die Frage aufgeworfen, ob der Konzern am Allgäu Airport auch zu Frachtflügen starten will. Nach Firmenangaben ist dies aber nicht geplant.

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