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Nachruf: Kämpfer für den Mittelstand: Mario Ohoven bei Unfall gestorben

Nachruf

Kämpfer für den Mittelstand: Mario Ohoven bei Unfall gestorben

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    Mario Ohoven war einer der bekanntesten Vertreter der deutschen Wirtschaft. Er starb im Alter von 74 Jahren.
    Mario Ohoven war einer der bekanntesten Vertreter der deutschen Wirtschaft. Er starb im Alter von 74 Jahren. Foto: Rainer Jensen, dpa

    Mario Ohoven war im besten Sinne eine schillernde Persönlichkeit. Wenn es darum ging, die Belange mittelständischer Unternehmer als Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu verteidigen, war er verlässlich zur Stelle. So stemmte sich der Unternehmer mit zugespitzten Formulierungen gegen Vertreter eines zu begehrlichen Staates, der Firmeninhaber mit üppigen Steuern und bürokratischen Daumenschrauben traktiert. Ohoven fand den Weg in die Medien und nahm hinter den Kulissen auf die Politik Einfluss für seine Unternehmer-Kolleginnen und -Kollegen.

    Nur einmal patzte Ohoven und wusste in einem Fernseh-Interview nicht weiter, blätterte verlegen in Papieren und sagt dann einen folgenschweren Satz, für den ihn der unerbittliche TV-Entertainer Stefan Raab aufziehen sollte: "Ich muss weg!" Doch Ohoven hatte Humor und steckte die Witzeleien weg.

    Dank Ohoven gewann der Bundesverband mittelständische Wirtschaft an Einfluss

    Auf alle Fälle sollte der Bundesverband mittelständische Wirtschaft – kurz BVMW –, dem er seit 1998 als Präsident vorstand, dank seines Einsatzes immer mehr an Bedeutung gewinnen und auch eine wichtige Rolle neben führenden und bekannteren Unternehmensverbänden wie dem BDI und dem BDA finden.

    Wie jetzt bekannt wurde, starb Ohoven am Wochenende mit 74 Jahren bei einem Verkehrsunfall. Die Trauer innerhalb des Bundesverbandes mittelständischer Wirtschaft ist groß. So teilte die Organisation am Sonntag mit: "Wir verneigen uns in respektvoller Dankbarkeit vor seinem unvergleichlichen Lebenswerk. Mario Ohoven hat in zwei Jahrzehnten den BVMW zu dem führenden Mittelstandsverband in Deutschland mit 340 Geschäftsstellen und 60 eigenen Auslandsbüros geformt." Er sei das Gesicht und die Stimme des BVMW gewesen, sein Wort habe großes Gewicht in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gehabt.

    Mittelstandskämpfer Ohoven hatte durchaus auch Vergnügen am Glamour

    Ohoven sah sich in seiner selbstbewussten Art als "Stimme des Mittelstands", ja als "streitbaren, ehrlichen, unermüdlichen Menschen". Bei der Lobbytätigkeit half ihm seine offene, rheinische Mentalität. Wer ihn als Journalist interviewte, merkte schnell: Dieser Mann redet nicht um den heißen Brei herum, bringt die Themen auf den Punkt und hat Lust darin, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Seine Äußerungen fanden folglich regelmäßig den Weg in die Medien, auch wenn mancher Repräsentant etablierter Arbeitgeber- und Industrieverbände die Nase über ihn gerümpft haben mag. Ohoven forderte das nur umso mehr heraus. Er legte stets auch gesteigerten Wert darauf, sich korrekt zu kleiden. Zur lachsfarbenen Krawatte trug er ein lachsfarbenes Einstecktuch. Auffällig waren seine weißen Krägen etwa zu blauen oder wiederum lachsfarbenen Hemden. Mit seiner ebenfalls stark engagierten Frau Ute-Henriette Ohoven, 74, nahm er an gesellschaftlichen Ereignissen teil. Der Mittelstandskämpfer hatte durchaus auch Vergnügen am Glamour. Seine Gattin ist Sonderbotschafterin der Unesco. Das Ehepaar hat das Bild von Wirtschaftsvertretern, die sich in die Gemeinschaft einbringen, mitgeprägt.

    Die Hanfspinnerei und Papierfabrik Ohoven geht bis auf das Jahr 1810 zurück

    Der in Neuss geborene Ohoven entstammt einer traditionsreichen Unternehmer-Familie, nämlich der Hanfspinnerei und Papierfabrik Ohoven, die bis auf das Jahr 1810 zurückgeht. Doch der gelernte Banker beschäftigte sich mehr als 40 Jahre mit Vermögensanlagen, genauer gesagt mit der Entwicklung steueroptimierter Investitionen. Seine Unternehmensgruppe gehörte nach eigener Darstellung über 25 Jahre zu den Marktführern auf dem Gebiet solcher Geldanlagen. Das Spektrum reichte hier über Einkaufszentren, Büroimmobilien, Denkmalschutzobjekte bis hin zu Flugzeugfinanzierungen (Airbus und Boeing). Eine der Stimmen des deutschen Mittelstands war also ein Anlageberater. Ohoven hat auch bei Kritik an seinen Geschäften immer wieder darauf verwiesen, dass Menschen mit ihm finanziell bestens gefahren seien. In seiner nicht von Zweifeln behafteten Art handelte er nach der Devise: Tue Gutes und rede darüber.

    Auf Ohovens Homepage wird das Beispiel erwähnt, wie 500 Einfamilienhäuser in Düsseldorf zu Preisen von einst rund 490.000 D-Mark "minus Steuervorteilen und Mehrwertsteuererstattung von ca. 250.000 D-Mark" vermittelt werden konnten. Inzwischen, so stellte es der Unternehmer einst heraus, lägen die Preise für Immobilien dieser Art in der Düsseldorfer Lage bei über 900.000 Euro. Ohoven sah sich stets als Trendsetter, eben als Mann mit dem Riecher für interessante Anlagen, etwa auch in Seniorenstifte. Dabei reihte sich der Unternehmer auch wagemutig unter die Prognostiker ein und warnte etwa nach eigener Sichtweise schon im Mai 2007 vor der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009. Er rühmte sich mehrerer solcher erfolgreicher Voraussagen. Ohoven konnte sich gut verkaufen und war ein begehrter Vortragsredner. Er sah sich selbst "als Visionär".

    Peter Altmaier zum Tod von Mittelstandspräsident Mario Ohoven: "Ich habe ihn sehr geschätzt"

    So reagierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) via Twitter bestürzt auf den Tod Ohovens: "Er hat Großes für die mittelständische Wirtschaft geleistet, Ich habe ihn sehr geschätzt." Fest steht jedenfalls, dass der deutsche Mittelstand mit ihm eine seiner wirkungsvollsten Stimmen, die Politik einen wichtigen Sparringspartner und Journalisten einen verlässlichen Zitate-Geber verlieren.

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