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Hintergrund: Prognosen-Star glaubt an die Vernunft Trumps

Hintergrund

Prognosen-Star glaubt an die Vernunft Trumps

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    Was bedeutet die Wankelmütigkeit von Donald Trump für die Weltwirtschaft?
    Was bedeutet die Wankelmütigkeit von Donald Trump für die Weltwirtschaft? Foto: Brendan Smialowski, afp photo (Archiv)

    Der Mensch ist ein faszinierendes Wesen. Er hat die Gabe, schlimme Dinge zu vergessen. Und er kann nicht davon lassen zu hoffen, immer wieder aufs Neue, selbst wenn Hoffnungszerstörer wie Donald Trump um sich schlagen.

    So ein Hoffender, der seine Zuversicht auch mit den wissenschaftlichen Prognose-Instrumenten eines Ökonomen zu unterfüttern weiß, ist Michael Heise. Der Allianz-Chef-volkswirt wirkt beim Gespräch in Frankfurt gelassen wie meist. Selbst der US-Präsident konnte daran nichts ändern. Unserer Zeitung sagt der gebürtige Memminger: „Ich bleibe optimistisch. Am Ende wird sich halbwegs die Vernunft bei Trump durchsetzen.“ Der Wirtschaftswissenschaftler schaut dabei sein Gegenüber lächelnd an. Man will Heise einfach glauben. Man will mit ihm hoffen, der US-Präsident möge doch noch vom Geist rationalen Denkens überfallen werden.

    Michael Heise genießt einen guten Ruf

    Der Zuversichts-Macher Heise genießt in der deutschen Ökonomen-Zunft einen sehr guten Ruf, nicht zuletzt deswegen, weil er schon drei Mal von Journalisten zum „Prognostiker des Jahres“ gekürt wurde. Der 1956 geborene Wissenschaftler kann sich beim Geschäft ökonomischer Vorhersagen einer vergleichbar hohen Trefferquote rühmen. Das ist vielen Spitzen-Ökonomen nicht vergönnt. Mancher will nicht an seine mutigen Blicke in die Wirtschafts-Glaskugel erinnert werden. Heise kann das Thema entspannter angehen.

    Michael Heise ist Chef-Volkswirt des Versicherungskonzerns Allianz.
    Michael Heise ist Chef-Volkswirt des Versicherungskonzerns Allianz. Foto: dpa

    Doch das mit Trump und der bei ihm halbwegs einkehrenden Vernunft ist alles andere als eine sichere Bank. So sind die Sanktionen der USA gegen den Iran wahr geworden und der US-Präsident droht: „Jeder, der mit dem Iran Geschäfte macht, wird keine Geschäfte mit den Vereinigten Staaten machen.“ Heise hat auf alle Fälle schon einmal drei Szenarien für die Auswirkungen der Politik Trumps auf die Konjunktur durchrechnen lassen, was angesichts der Wankelmütigkeit des Politikers mehr als gerechtfertigt erscheint.

    Dabei hält es der Allianz-Experte mit 55 Prozent für am wahrscheinlichsten, dass sich der US-Matador in dem von ihm angezettelten Handelskonflikt nur als Spieler erweist, der es nicht zum Äußersten kommen lässt. In dem Fall würde die Auseinandersetzung mit China nicht weiter eskalieren. Sollte Trump im heftigen Konflikt mit dem asiatischen Riesenreich doch noch der Blitz der Vernunft ereilen, wird die Weltkonjunktur nach der Allianz-Prognose in diesem Jahr um rund 4,5 Prozent weiter wachsen, wenn auch etwas niedriger als 2017. Damals waren es noch 4,8 Prozent.

    Das Bruttoinlandsprodukt könnte um 2,2 Prozent steigen

    Geht also alles spielerisch-glimpflich über die Bühne, glaubt der Allianz-Chefvolkswirt, die Chancen stünden gut, dass „unsere Wirtschaft auch im kommenden Jahr solide wachsen wird“. So hält der Ökonom daran fest, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2018 kalenderbereinigt um 2,2 Prozent gegenüber 2,5 Prozent im Vorjahr nach oben schnellt.

    Ein kluger Ökonom hält sich aber ein Hintertürchen offen, was bei Trump, der gerne einen anderen Ausgang nimmt, ratsam ist. Nach Heises zweitem Szenario mit einer Wahrscheinlichkeit von noch 40 Prozent bleibt es nicht beim Spiel, es käme zur „Handelsfehde“. Hier würden Zölle spürbar angehoben, insbesondere gegenüber China. Das könnte zu einem um 2,0 Prozentpunkte geringeren Wachstum des Welthandels führen. In Europa würde das auch noch einen schmerzlichen Einbruch von 0,6 Prozentpunkten bedeuten. Trump täte also vielen richtig weh.

    Wie gut, dass die Horrorvariante des Allianz-Chefvolkswirts nur zu fünf Prozent eintritt. Denn nun wäre der Handelskrieg Realität, was die Exportnation Deutschland erheblich beuteln würde. Nicht auszudenken, wenn auch die populistische Regierung Italiens mit einer Politik kräftigen Schuldenmachens eine Euro-Krise entfacht und der Brexit knüppelhart ausfällt. Doch an derlei Schrecknisse mag Heise nicht glauben. Auch was Italien und Großbritannien betrifft, meint er, werde sich letztlich halbwegs die Vernunft durchsetzen.

    Einstweilen hat Trump aber mit seinen Sanktionen gegen China und den Iran schon viel Vertrauen zerstört und deutsche Unternehmer verunsichert. Wohl auch deswegen gingen hierzulande, was die Industrieproduktion betrifft, die Auftragseingänge im Juni gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,8 Prozent zurück. Die Lage könnte sich aber wieder verbessern, schließlich haben der US-Präsident und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bei ihrem Treffen abgerüstet.

    Die Bestellungen im Maschinenbau schnellten nach oben

    Von allen Turbulenzen unbeeindruckt wirken im Gegensatz zur Autoindustrie die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer. In der wichtigen Branche, die gerade in Süddeutschland bärenstark ist, schnellten die Bestellungen im Juni um real 13 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, in Bayern sogar um 24 Prozent nach oben.

    Es läuft also in Deutschland zumindest insgesamt noch mehr als halbwegs gut. Wenn Trump, wie Heise hofft, halbwegs zur Vernunft kommt, könnte auch 2019 ein passables Wachstumsjahr werden. Die Allianz rechnet hier mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von ordentlichen 1,9 Prozent.

    Dafür spricht auch, dass die heimischen Exporteure nach wie vor gut unterwegs sind: Im Juni konnten sie 7,8 Prozent mehr Waren als im Vorjahresmonat ins Ausland liefern. Doch der deutsche Außenhandelspräsident Holger Bingmann warnte angesichts der guten Zahlen gegenüber unserer Zeitung vor zu großer Euphorie: „Allerdings wird uns das eruptive und eskalative Handeln von Trump wohl noch öfter die Sprache verschlagen.“ Hoffentlich geht das halbwegs gut aus.

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