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Siemens: Die Erben des Joe Kaeser: Wie es bei Siemens weitergeht

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Die Erben des Joe Kaeser: Wie es bei Siemens weitergeht

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    Roland Busch, Chef der Siemens AG, ist Nachfolger von Joe Kaeser und sagt nun, wo es bei dem Konzern lang geht.
    Roland Busch, Chef der Siemens AG, ist Nachfolger von Joe Kaeser und sagt nun, wo es bei dem Konzern lang geht. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Viele wollten es nicht glauben – und doch ist es eingetreten: Joe Kaeser kann auch in der zweiten Reihe glücklich sein. Innerhalb des Siemens-Machtgefüges begnügt sich der 64-Jährige mit dem Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden des an der Börse notierten Unternehmens Siemens Energy. Wie in Kreisen des Kontrollgremiums glaubhaft versichert wird, regiert der einst machtbewusste Siemens-Chef Christian Bruch, der das Energie-Unternehmen mit rund 91.000 Beschäftigten mit Selbstvertrauen leitet, nicht ins Tagesgeschäft hinein.

    Damit hielt Kaeser Wort. Weil er nie versprochen hat, auch was seine Twitter-Leidenschaft betrifft, Zurückhaltung zu üben, nutzt der Manager nach wie vor lebhaft den sozialen Medien-Kanal. Dort stellt er sich – durchaus selbstironisch – als „Großvater, Aufsichtsrat, Berater und Weltbürger“ vor.

    Der Niederbayer hat sich seit seinem Ausscheiden als Siemens-Boss vor gut neun Monaten – rein twittermäßig – nicht verändert: Da bekommt die Bild-Zeitung wieder eins von ihm vor den Latz geknallt, während er einen Beitrag von Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock über die Klimakrise „retweetet“, also wohlwollend weiterleitet.

    Der Ex-Chef Kaeser hat Siemens aufgespalten

    Anderen Spitzen-Leuten, die wie er loslassen, zollt Kaeser auffällig Respekt: Dass die CDU-Größen Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier ihre Mandate jüngeren Politikern überlassen, fällt für den Siemens-Mann in die Kategorie menschlicher Größe. Bei allem Fremdlob hat Kaeser seine eigene Reputation fest im Twitter-Blick. Der Deutsche konnte es sich etwa nicht verkneifen, die Zerschlagung des US-Konkurrenten General Electric in drei Unternehmen gönnerhaft zu bewerten: Er habe geahnt, dass auch das Management des Rivalen dereinst mit einem solchen Schritt den wahren Wert des Konzerns heben werde. Siemens hat sich unter seiner Ägide ja ebenfalls aufgespalten: Die Medizintechnik- und Energiesparte wurden an die Börse entlassen. Heute ist Siemens drei Mal im Deutschen Aktienindex vertreten. Die Summe der drei Teile ist am Aktienmarkt viel mehr wert, als ehedem allein die Siemens AG war.

    Kaeser sieht sich durch den Schritt von General Electric und die ausgezeichneten Siemens-Zahlen für das Geschäftsjahr 2021 in seiner Strategie bestätigt. Die Kritik an ihm, das Konglomerat Siemens zu brutal zerschlagen zu haben, ist verstummt, was eine Genugtuung für ihn sein muss. Dabei wirkt der Manager stolz auf seine drei Haupt-Erben, allen voran Roland Busch, der die Siemens AG mit rund 303.000 Beschäftigten führt.

    Joe Kaeser bei der Vorstellung seiner letzten Siemens-Bilanz Ende 2020.
    Joe Kaeser bei der Vorstellung seiner letzten Siemens-Bilanz Ende 2020. Foto: Matthias Balk, dpa

    Der Physiker strahlt am Donnerstag in München bei der Vorlage der Bilanz. Mit vielen Superlativen („herausragend“, „sehr erfolgreich“) umschreibt der 56-Jährige das trotz der Corona-Krise mit all ihren Lieferengpässen wirtschaftlich Erreichte. Seine Liebeserklärung an Siemens und das Team mündet in dem für Busch ungewohnt emotionalen Satz: „Gemeinsam haben wir gezeigt, was möglich ist, wenn sich Siemens von seiner besten Seite zeigt.“ Busch sagt Siemens und verweist nicht auf die unbestrittenen Vorleistungen von Kaeser. Der Manager schwimmt sich von seinem Vorgänger frei, was mit zweistelligen Zuwächsen eine leichte Übung ist: Der Umsatz ist von 55,3 auf 62,3 Milliarden Euro angeschwollen, während der Gewinn nach Steuern von 4,2 auf 6,7 Milliarden in die Höhe schoss.

    Geteilte Siemens-Welt: Satte Gewinne hier, Verluste dort

    All das gipfelt darin, dass Siemens der Anlegergemeinde seine satte Dividende von 4 Euro je Aktie gewähren will, während es im Vorjahr schon gute 3,50 Euro waren. Was Busch richtig locker macht, ist der Free Cash Flow, also die frei verfügbaren Mittel: Der Wert stieg von 6,4 auf das Rekordniveau von 8,2 Milliarden Euro. Kaeser-Teilerbe Busch kann aber nur eine solche Diamant-Bilanz präsentieren, weil sein Vorgänger das sanierungsbedürftige Energie-Geschäft ausgegliedert hat. Dessen Vorstandsvorsitzender Christian Bruch, 51, nimmt die Herausforderung mit großem Elan an und hat mit dem teilweisen Ausstieg von Siemens aus der Kohleenergie gezeigt, wie sehr das Unternehmen die Energiewende vorantreiben will. Der frühere Linde-Chef und promovierte Ingenieur treibt wie Busch Innovationen voran. „Technologie“ ist deshalb das Lieblingswort der beiden Kaeser-Erben.

    Dabei tritt der Siemens-Energy-Chef politischer als Busch auf, etwa wenn er die Mächtigen in Berlin vehement auffordert, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, damit mehr Windstrom vom Norden in den Süden kommt. Was tragisch ist: Gerade der für die Energiewende zentrale Bereich verhagelt Bruch die Bilanz für 2021. Dass er nach Steuern einen happigen Verlust von 560 Millionen Euro verkraften muss, hat der Düsseldorfer auch den großen Problemen der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa zu verdanken. Selbst wenn Teile des Managements ausgetauscht wurden, bleibt das Geschäft für Windkraftanlagen an Land ein Sanierungsfall. Bruch muss den Problem-Teil des Kaeser-Erbes in Ordnung bringen, wirkt jedoch zuversichtlich, den schwierigen Job erfolgreich erledigen zu können.

    Lob für Siemens-Manager Busch und Bruch

    Der Siemens- wie Siemens-Energy-Aufsichtsrat Jürgen Kerner, der dem IG-Metall-Vorstand angehört, lobt die Arbeit von Busch und Bruch: „Beide investieren in innovative Technologien und sind mit hoher Geschwindigkeit unterwegs.“ Das gilt ebenso für den dritten und besonders erfolgreichen Kaeser-Erben Bernd Montag. Der 52-jährige Physiker und Ex-Basketballspieler dirigiert die Siemens-Medizinsparte mit 66.000 Beschäftigten und trumpft mit einem Rekordjahr auf: Der Gewinn nach Steuern stieg um 23 Prozent auf rund 1,75 Milliarden Euro. Damit holt der 2,05-Meter-Mann reichlich Punkte für Siemens-Chef Busch, sind die Münchner doch nach wie vor Großaktionär der starken Erlanger Medizintechniksparte.

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