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Interview: Was das Bauen so teuer macht

Interview

Was das Bauen so teuer macht

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    Schnäppchenpreise für Grund und Boden sind Raritäten auf dem Markt. Aber nicht nur deswegen wird Bauen immer teurer.
    Schnäppchenpreise für Grund und Boden sind Raritäten auf dem Markt. Aber nicht nur deswegen wird Bauen immer teurer. Foto: Anne Wall (Symbolbild)

    Herr Klaus, Herr Ruhdorfer, wer in einer Stadt wie Augsburg eine Neubauwohnung kaufen will, landet schnell bei Preisen von 500.000 Euro. Warum sind die Neubaupreise so stark gestiegen?

    Manfred Ruhdorfer: Wie so oft ist die hohe Nachfrage der Auslöser. Steigende Preise sehen wir derzeit in allen bundesdeutschen Metropolen. In Augsburg ziehen die Preise im Schlepptau von München zusätzlich an. Ein Grund für die hohen Neubaupreise sind steigende Grundstückskosten. In Augsburg haben sich diese in den letzten fünf Jahren praktisch verdoppelt. Wo man damals in einer Innenstadtlage 500 Euro pro Quadratmeter gezahlt hat, sind es heute tausend und mehr.

    Wie bekommt man die Preise wieder in den Griff?

    Ruhdorfer: Wenn die Nachfrage hoch ist, hilft nur bauen, bauen, bauen. Das gilt für Augsburg wie für München. Dafür braucht man aber Grundstücke und das Baurecht.

    Fehlt es also einfach an Baugrund?

    Jörg Klaus: Die großen Flächen zum Beispiel in Augsburg sind inzwischen bebaut – darunter frühere Kasernen. Jetzt geht es darum, Baurecht zu schaffen für Grundstücke, die bisher nicht für den Wohnungsbau gedacht waren. Das dauert aber seine Zeit. Bei uns gibt es komplexe Verfahren, die Institutionen und Behörden einbinden. Aber nicht nur die Grundstücke, auch das Bauen selbst ist teurer geworden.

    Was macht das Bauen teuer?

    Ruhdorfer: Die Baukosten haben sich in den letzten zehn Jahren auch durch die immer schärferen Auflagen nahezu verdoppelt. Zudem sind die Bau- und Handwerksunternehmen derzeit gut ausgelastet und dementsprechend teurer. Wenn wir an zehn Unternehmen eine Anfrage schicken, bekommen wir aktuell von gerade einmal zweien ein Angebot. Der Rest hat keine Zeit.

    Klaus: Oft kommt auch noch das Thema „Archäologie“ oder die Entsorgung von Altlasten dazu.

    Welche Vorschriften sind es, die das Bauen teurer machen? Vor allem das Dämmen und energetische Standards sind ja in die Kritik geraten.

    Ruhdorfer: Die energetischen Standards sind ein Grund. Sie ziehen Folgekosten nach sich. Wenn ein Gebäude einen bestimmten Energiestandard einhalten muss, geht dies nicht mehr ohne den Einbau einer Wohnraumlüftung. Aber die energetischen Standards sind es nicht allein. Auch andere Vorschriften sind strenger geworden, zum Beispiel beim Brandschutz oder Schallschutz. Schärfere Auflagen treiben die Baukosten.

    Wenn eine Wohnung in der Stadt heute 500.000 Euro kostet, wer sind denn die Menschen, die sich dies leisten?

    Ruhdorfer: Die Zinsen sind niedrig. Deshalb fließt viel Geld in Immobilien. Der Markt ist geflutet mit Eigenkapital. Häufig sind es neben privaten Anlegern auch institutionelle Investoren, die aktiv sind, zum Beispiel Versorgungskassen.

    Für junge Familien wird es also schon schwierig, noch dabei zu sein?

    Ruhdorfer: Wir bauen eher im gehobenen Segment. Das liegt an den Innenstadtlagen. Wer dort eine Immobilie kauft, macht dies tatsächlich seltener als früher, um selbst darin zu wohnen. Und wenn dort jemand zum Eigenbedarf kauft, ist es weniger die klassische Familie mit Kindern und einem Alleinverdiener, sondern eher ein Paar an Doppelverdienern.

    Klaus: Es gibt auch Privatleute, die zur Kapitalanlage kaufen – um ihre Rente abzusichern oder für die Kinder Geld anzulegen.

    Ist es nicht fatal, wenn sich viele eine Wohnung kaum mehr leisten können?

    Unser Bild zeigt ein Gebäude der Firma auf dem ehemaligen Hasenbräu-Gelände in der Augsburger Innenstadt.
    Unser Bild zeigt ein Gebäude der Firma auf dem ehemaligen Hasenbräu-Gelände in der Augsburger Innenstadt. Foto: Burkhard Franke

    Klaus: Ich halte deshalb staatliche Auflagen für sinnvoll, dass zum Beispiel in einem größeren Neubaugebiet 20 bis 30 Prozent Sozialwohnungen entstehen müssen. Wir dürfen aber auch nicht die Baukosten durch weitere Vorschriften noch mehr anheben.

    Umgekehrt profitiert die Branche von den niedrigen Zinsen.

    Klaus: Die Niedrigzinspolitik hat auch zu Fehlentwicklungen geführt. Ich hätte lieber eine kontinuierliche Entwicklung als ein Heißlaufen der Preise. Viele drängen in den Immobilienmarkt. Das kann auch einmal drehen. In München ist der Grundstücksmarkt definitiv heißgelaufen.

    Haben wir denn schon eine Blase am Immobilienmarkt?

    Ruhdorfer: Viele warnen davor, wir sehen das anders. In London oder Spanien, wo es Probleme gab, wurden Immobilien mit hohem Kreditanteil finanziert. In Deutschland sind Immobilien dagegen mit einem hohen Eigenkapitalanteil finanziert. Alles, was in eine Wohnung fließt, ist diese auch später noch wert.

    Haben wir in unserer Region bei den Immobilienpreisen das Ende der Fahnenstange erreicht?

    Ruhdorfer: Ich denke, im Großraum Augsburg sind wir bei der Preisentwicklung nicht am Ende. Gegenüber den Kaufpreisen haben die Mieten bisher weniger stark nachgezogen. Bald kommt die Uniklinik, zudem ist Augsburg von München nur 30 Minuten mit dem ICE entfernt. Bisher kommen unserer eigenen Erfahrung nach erst maximal zehn Prozent der Kaufinteressenten in Augsburg aus München. Das könnten noch deutlich mehr werden.

    Warum bauen wir nicht mehr Hochhäuser? In Frankfurt entstehen schicke Türme zum Wohnen. Und auch Sie haben solche bereits in München errichtet.

    Klaus: Hochhäuser bringen Wohnfläche, aber heute eher im hochpreisigen Segment – also nicht da, wo man es braucht. Der Hochhausbau ist 20 bis 30 Prozent teurer als ein klassisches Gebäude. Keiner will eine Altstadt mit Hochhäusern zubauen. Wenn man statt fünf aber acht Geschosse bauen dürfte, wäre das schon ein Fortschritt.

    Wer sich für Architektur interessiert, bemängelt häufig, dass neue Häuser alle gleich aussehen: kubisch, mit Flachdach. Fehlt es an Fantasie?

    Klaus: Wir versuchen immer Individualität hineinzubringen, allerdings begrenzen die Vorschriften das Bauen. Erker und Vorsprünge sind mit den heutigen energetischen Auflagen schwer machbar.

    Ruhdorfer: Jedes Jahrzehnt hat seine zeitgenössische Architektur. Heute ist der flachdachgedeckte Bau zeitgenössisch. Für unsere Bauwerke auf dem früheren Hasenbräu-Areal in der Innenstadt von Augsburg sind wir öffentlich stark kritisiert worden. Fachleute haben uns aber gelobt. Und das Wichtigste: Die Bewohner fühlen sich sehr wohl.

    Wohin steuert denn die Klaus-Gruppe mit den rund 600 Mitarbeitern?

    Klaus: Wir wollen uns kontinuierlich weiterentwickeln. Lieber wachsen wir etwas langsamer, können dann aber unsere 600 Mitarbeiter auch in etwas schwierigeren Zeiten beschäftigen. Wir bauen derzeit viel in Augsburg. In München werden wir vorsichtiger, dort sind die Grundstückspreise wie gesagt heißgelaufen. Zudem stärken wir unsere Standbeine. Wir haben letztes Jahr zwölf Millionen Euro in unser Fertigteilwerk in Kissing investiert. Unser Bauservice-Bereich ist im Ausbau begriffen. Denn Immobilien werden immer saniert und repariert werden müssen. Und unsere Tochter „Recycling Plus“ beschäftigt sich zudem mit dem Thema Altlasten und Bodensanierung. Hier sind wir auch bei dem Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 mit dabei.

    Zur den Personen: Jörg Klaus, 56, ist Inhaber und Geschäftsführer der Klaus Holding. Manfred Ruhdorfer, 52, ist Geschäftsführer der Tochter Klaus Wohnbau. Das Unternehmen mit Sitz in Augsburg-Hochzoll baut und verkauft vor allem Immobilien in Augsburg und München. Es existiert seit 1933. Zum Unternehmen mit rund 600 Mitarbeitern gehören die Standorte in Augsburg und Wehringen bei Bobingen, zudem die Straßen- und Kanalbau-Firma Holl in Burgheim (Kreis Neuburg-Schrobenhausen), die Straßen- und Tiefbaufirma Eckle in Langenau (Alb-Donau-Kreis) sowie ein Fertigteilwerk in Kissing (Kreis Aichach-Friedberg), ein Recycling-Unternehmen und eine Niederlassung in Ungarn.

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