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Bauernproteste: Das sind die fünf großen Probleme der Landwirte

Bauernproteste

Das sind die fünf großen Probleme der Landwirte

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    Die Landwirte kämpfen mit immer mehr Auflagen. Seit Herbst zwingt die EU die Landwirte zu mehr Schutzmaßnahmen am Acker: In bestimmten Gebieten darf ab bestimmten Zeiten nicht mehr gepflügt werden.
    Die Landwirte kämpfen mit immer mehr Auflagen. Seit Herbst zwingt die EU die Landwirte zu mehr Schutzmaßnahmen am Acker: In bestimmten Gebieten darf ab bestimmten Zeiten nicht mehr gepflügt werden. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Die geplante Kürzung der Agrardiesel-Rückerstattung hat Tausende Landwirte auf die Straße getrieben. Bauernpräsident Joachim Rukwied hat bereits neue, weitreichende Proteste ab Montag angekündigt. Die Pläne, die Steuervergünstigung zu kürzen, hätten „das Fass zum Überlaufen gebracht". Doch mit welchen Problemen haben die Landwirte vor allem zu kämpfen? 

    1. Die Schwankungen nehmen zu

    Die Wetterextreme machen das Wirtschaften für die Landwirte zunehmend schwieriger, betont Agrarökonom Peter Breunig von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Die extrem trockenen Sommer nehmen zu. Im vergangenen Herbst war es so feucht, dass die Bauern wochenlang nicht auf die Felder konnten. Hinzu kommt: Die Preise schwanken immer stärker. Wirtschaftlich gute Jahre wie zuletzt führt Breunig vor allem auf die Knappheit an Getreide durch den Ukraine-Krieg zurück. Wurde eine Tonne Weizen 2020 noch für 200 Euro verkauft, stiegen die Preise zwischenzeitlich auf 400 Euro, jetzt sind es wieder 200 Euro. Auch andere Preise sind deutlich zurückgegangen. Breunig spricht von Schätzungen, wonach die Bauern in diesem Jahr 30 bis 50 Prozent weniger Gewinn erwirtschaften dürften. 

    2. Der Kostendruck steigt

    Andererseits kämpfen die Landwirte mit steigenden Kosten. Der Preis für Stickstoffdünger hat sich im Vergleich zu 2020 zwischenzeitlich verfünffacht, aktuell ist er doppelt so hoch. Landmaschinen sind deutlich teurer geworden. Wie alle Branchen kämpfen die Bauern mit höheren Energiekosten. Auch die Pachtpreise sind auf Rekordstand. „Gerade in Süddeutschland stehen sich die Betriebe auf den Füßen, der Wettbewerb zwischen den Betrieben um die knappe Fläche ist groß“, sagt Breunig. 60 Prozent der Fläche, die Haupterwerbsbetriebe hierzulande bewirtschaften, ist gepachtet. 2022 zahlten die Landwirte im Freistaat durchschnittlich 369 Euro für einen Hektar, für Neuverpachtungen waren in den letzten Jahren über 100 Euro mehr fällig. „Die Steigerung der Pachtpreise ist in einigen Regionen höher gewesen als die Agrardieselrückerstattung“, sagt Breunig. Die Rückerstattung betrage zwischen zwei und fünf Prozent vom Gewinn eines Betriebs.

    3. Die Planungssicherheit fehlt

    Milchbauern in Bayern macht das geplante Ende der Anbindehaltung Sorgen, das der Freistaat verhindern will. Von einem drohenden Strukturbruch ist die Rede, davon, dass die Hälfte der Milchviehbetriebe im Freistaat, rund 11.000, von diesen Regelungen existenziell betroffen wäre. „Gerade in der Tierhaltung ist die fehlende Planungssicherheit ein großes Problem“, sagt Breunig. Immer weniger Betriebe riskieren deswegen eine Investition in einen neuen Stall, der sich erst in zwei Jahrzehnten rechnet. Die Folge: Allein die Zahl der viehhaltenden Betriebe ist im vergangenen Jahr um fast ein Viertel gesunken. Die, die übrig bleiben, werden immer größer.

    Wie schlecht es um die politische Verlässlichkeit steht, sieht man an der Debatte um den „Tierwohlcent“. Die Borchert-Kommission hatte 2020 ein Konzept erarbeitet, wie sich mehr fordert der Grünen-Politiker, der „Tierwohlcent“ müsse kommen. Breunig erklärt, der Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl koste drei bis fünf Milliarden Euro im Jahr, die dauerhaft bereitstehen müssten. „Das Geld aus dem bestehenden Bundeshaushalt zu nehmen, ist politisch schwer durchsetzbar. Der Beitrag muss also über höhere Preise für tierische Produkte kommen.“ Doch hier gebe es eine große Lücke zwischen dem Wunsch nach mehr Tierwohl, den viele Verbraucherinnen und Verbraucher äußern, und dem Einkaufsverhalten. Das zeige sich schon am niedrigen Marktanteil von Erzeugnissen aus hohen Tierwohlstufen. 

    4. Die überbordende Bürokratie

    Die Landwirtschaft hängt am Tropf des Staates. Die Fördergelder machen für einen Haupterwerbsbetrieb zwischen 41 und 62 Prozent des Einkommens aus. In Bayern erhalten die Höfe höhere Subventionen – auch, weil sie mehr Agrarumweltmaßnahmen umsetzen. Den Großteil der Subventionen machen die Direktzahlen aus Brüssel aus, die nach dem Ende der Preisstützung Anfang der 90er-Jahre eingeführt wurden. „Nach und nach hat man einen immer höheren Teil dieser Betriebsprämie an Auflagen gebunden in Richtung Umweltschutz", erklärt Breunig. „Grundsätzlich machen gezielte Zahlungen für konkrete öffentliche Leistungen deutlich mehr Sinn als pauschale, die am Ende nur Pachtpreise nach oben treiben.“ Doch für die Landwirte bedeutet das immer mehr Vorschriften und Bürokratie. Hinzu kommt: Auch der Bund hat angekündigt, die Agrarsubventionen 2025 um rund 300 Millionen Euro zu kürzen.

    Ein weiteres Beispiel: Die 2020 verschärfte Düngeverordnung. Nötig wurde diese, weil Deutschland die EU-Nitratrichtlinie nicht erfüllt hatte. In roten Gebieten ist seither nur noch eine Düngung erlaubt, die 20 Prozent unter dem Bedarf der Pflanzen liegt. Breunig sagt: „Man hat versucht, das System gerecht zu machen, aber dadurch ist der Verwaltungsaufwand und die Bürokratie deutlich angestiegen.“ Der Agrarökonom spricht von Bewirtschaftungseinschränkungen für die Landwirte und einem komplexen System, mit dem sogar die Verwaltung überfordert sei.

    5. Die steigenden Umweltschutzauflagen

    Viele Landwirte fühlen sich gegängelt von Menschen, die, wie sie sagen, von der Praxis keine Ahnung hätten. Etwa, wenn es um feste Zeitpunkte geht, nach denen keine Gülle mehr ausgebracht werden darf. Seit diesem Jahr gibt es die Vorgabe, dass die Landwirte vier Prozent ihrer Fläche stilllegen müssen. Die Maßnahme soll Biodiversität fördern. Breunig aber ist skeptisch, was diese pauschale Regelung bringt. „Grundsätzlich braucht es mehr naturnahe Flächen in der Agrarlandschaft. Die Wirkung, die diese Stilllegungsverpflichtung haben wird, ist jedoch wahrscheinlich überschaubar. Oft werden Flächen nicht dort stillgelegt, wo sie am notwendigsten gebraucht werden."

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